Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman
Autoren: Claire Winter
Vom Netzwerk:
Sandfort für einen kurzen Augenblick von den steilen Klippen nach unten in das aufgewühlte Blau. Der Wind, dem hier oben kein Widerstand geboten wurde, ließ die Rockschöße seines Mantels um seinen Körper flattern und blähte seine Hosenbeine auf. Der Journalist mochte die raue Ursprünglichkeit der Küste.
    Er sah von Weitem die Gestalt eines Mannes auf sich zukommen. Mr Beans lief in kleinen, hurtigen Schritten. Er hatte darauf bestanden, sich außerhalb des Heims mit ihm zu treffen. Sandfort musste daran denken, was Emily Hampton gestern über ihn erzählt hatte. Es deckte sich mit seinen eigenen Vermutungen. Seitdem er auf die Spur des Heims gestoßen war, hatte er den Verdacht gehabt, dass dieser Beans hinter dem anonymen Brief steckte, den er bekommen hatte. In dem kurzen Gespräch, das er mit dem Lehrer führte, hatte dieser unangemessen heftig und ablehnend reagiert, als am Rande der Name Hampton gefallen war. Sandfort unterdrückte ein Seufzen. Seine Gedanken wandten sich unwillkürlich noch einmal dem zurückliegenden Abend zu und dem, was Emily Hampton berichtet hatte. Wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt hatte die junge Frau plötzlich auf der Schwelle seines schäbigen Pensionszimmers gestanden. Sie war jung, schön und verkörperte die englische Oberklasse in all ihrer Vollendung. Alles, was Sandfort so sehr hasste an diesen Menschen, die glaubten, ihre Geburt habe sie zu etwas Höherem und Besserem gemacht als die anderen. Im ersten Impuls wollte er Emily Hampton mit einer sarkastischen Bemerkung die Tür weisen. Noch nie hatte er sich in seiner journalistischen Arbeit beeinflussen lassen, und er war sicher, dass genau das ihr Ziel war. Doch dann hatte ihr Besuch seine Neugier geweckt. Er ahnte, wie viel Überwindung es sie gekostet haben musste, ihn aufzusuchen.
    Emily Hampton hatte lange gesprochen, immer wieder von seinen Fragen unterbrochen. Es war eine Geschichte von tragischer Liebe, von hässlichem Ehrgeiz und Schuld, die sie erzählte. Nichts als ein schales Gefühl würde bleiben, erkannte Sandfort, wenn er dem noch eine weitere Wunde hinzufügte, indem er sie auch noch in die Öffentlichkeit zerrte. Er war Journalist, doch keiner, der nachtrat, wenn der andere schon am Boden lag.
    »Ich werde mir erlauben, die Fakten noch einmal zu überprüfen, doch wenn sie stimmen, werde ich von einem Artikel absehen«, erklärte er Emily Hampton schließlich, und sie hatte ihm mit blasser Miene gedankt.
    Sandforts Aufmerksamkeit wandte sich wieder der Gegenwart zu, denn Mr Beans war inzwischen vor ihm stehen geblieben und lüftete höflich seinen abgetragenen Hut. Es würde schwierig werden, ihm etwas nachzuweisen. Alles, was Sandfort bis jetzt an Schrecklichem über ihn erfahren hatte, war von den tauben Insassen im Vertrauen ausgesprochen worden. Es hatte den Journalisten große Mühe gekostet, dass er überhaupt mit einigen der Heimbewohner hatte sprechen können.
    »Warum wollten Sie sich unbedingt hier treffen?«, fragte er den Lehrer.
    Mr Beans lächelte spitz. »Nun, es muss ja nicht jeder wissen, dass wir uns unterhalten. Wie kam es eigentlich, dass Ihre Recherchen Sie nach St. Mary’s Home geführt haben?«, erkundigte er sich dann.
    »Das hängt im Großen und Ganzen mit meinen Nachforschungen über Lord Hampton zusammen«, wich Sandfort aus. Er lächelte professionell. »Ich wollte mich mit Ihnen noch einmal über den Brand unterhalten …«
    Sie spazierten auf dem schmalen Pfad an den Klippen entlang.
    »Ein schreckliches Unglück«, sagte Beans. »Unsere Zöglinge waren ganz außer sich. Ich habe gehört, dass Sie sich mit einigen von ihnen unterhalten haben? Geben Sie nicht zu viel darauf, Mr Sandfort. Die meisten haben gerade einmal die Intelligenz eines Kindes.«
    Sandfort fiel auf, dass der Lehrer die ganze Zeit über fahrig mit den Fingern an seinem Mantel entlangstrich. Er war nervös! »Bei dem Brand sind zwei junge Frauen umgekommen, nicht wahr?«, fragte der Journalist, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
    »Ja. Schrecklich war das. Von der einen wurden nur noch ihr Ring und die Kette gefunden, alles andere war verbrannt. Sogar die Knochen.«
    »Sie sprechen von Amalia Stone? Eine Schülerin von Ihnen, oder?«
    »Genau.«
    Sandfort war am Rande der Klippen stehen geblieben und wandte sich dem Lehrer zu. »Seltsamerweise haben meine Recherchen ergeben, dass die junge Frau später in London gesehen wurde.«
    Für einen Moment schien es ihm, als würde Mr Beans ein wenig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher