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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman
Autoren: Claire Winter
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war bekannt dafür, dass er die Upperclass nicht besonders schätzte.«
    Melinda hörte ihr aufmerksam zu. Der Name Beans hatte auch in Sandforts Unterlagen gestanden, entsann sie sich.
    »Einige Wochen nachdem Beans versucht hatte, Edward zu erpressen, tauchte dann Mr Sandfort bei uns auf«, fuhr Emily Barrington fort. »Er hatte bereits zwei Artikel über den Tod der Sherwood-Schwestern veröffentlicht, und nun wollte er einen weiteren schreiben. Aufgrund des anonymen Briefs glaubte der Journalist, dass mein Bruder wirklich etwas mit Cathleens Tod zu tun haben könnte, und stellte Fragen …«
    »Weil er Beans Behauptung überprüft und in Erfahrung gebracht hatte, dass Amalia tatsächlich noch lebte und Edward wiedergetroffen hatte«, beendete Melinda nachdenklich ihren Satz.
    Emily Barrington nickte. »Ja.«
    »Barry Sandfort wollte das damals tatsächlich veröffentlichen, nicht wahr? Ist er deshalb ums Leben gekommen?«, fragte Melinda vorsichtig.
    Die alte Dame schaute sie mit einem merkwürdigen Blick an. »Das wollte Sandfort zuerst in der Tat, aber dann hat er sich bereit erklärt, darauf zu verzichten.«
    »Warum?«, fragte Melinda verblüfft.
    Emily Barrington hob das Kinn.
    »Weil ich mit ihm gesprochen habe. Ich bin zu ihm nach Dover gefahren, wo er damals in dem Heim recherchiert hat«, erklärte sie schlicht.

EMILY

142
     
    Dover, Mai 1897
    E mily Barrington strich ihren Rock glatt. Sie war nervös. Niemand wusste von ihrer Reise hierher. Sie hatte Rebecca und ihrer Mutter erzählt, sie würde nach London fahren und Freunde besuchen. Ihr Bruder hatte wahrscheinlich nicht einmal mitbekommen, dass sie überhaupt fort war. Das Leben war Edward gleichgültig geworden. Emily fand es unerträglich, ihn so leiden zu sehen.
    Schon lange hatte sie von seiner Geschichte mit Amalia gewusst. Kurz nachdem sie im Herbst vor anderthalb Jahren angeblich im Moor zu Tode gekommen war, hatte Emily es erfahren. Ihr Bruder war vor Schmerz nicht mehr er selbst gewesen. Oft hatte er über Stunden allein in seinem Zimmer gesessen – mit versteinertem Gesicht und leerem Blick. Es hatte ihr Angst gemacht, und sie war voller Sorge um ihn gewesen. »Lass ihn«, hatte ihre Mutter gesagt.
    Doch sie war zu ihm gegangen. »Was ist mit dir, Edward?«
    »Nichts«, sagte er tonlos.
    Sie hatte seine Hand nicht losgelassen und war eine Zeit lang an seiner Seite sitzen geblieben. »Du bist traurig«, sagte sie leise.
    »Ja, unendlich, Emily.«
    Alles hatte sich in ihr zusammengeschnürt. Später bekam er Besuch von der Gouvernante der Sherwood-Schwestern. Emily war danach noch einmal in sein Zimmer gegangen. Er hörte sie nicht. Sein Kopf lag auf dem Schreibtisch, und sein Rücken bebte. Er weinte. Ein Stapel geöffneter Briefe lag vor ihm. Leise war sie wieder hinausgegangen.
    Wer hatte sie ihm geschrieben? Die ganze Nacht hatte sie nicht geschlafen. Am nächsten Tag, als er in Sherwood war, suchte sie die Briefe. Er hatte sie gut versteckt. Schon als Emily den ersten las, begriff sie, an wen er geschrieben hatte. Von da an wusste sie Bescheid.
    Das andere hatte sie erst später erfahren, als dieser Beans zu ihnen kam. Edward wollte ihn nicht empfangen, doch er ließ sich nicht des Hauses verweisen.
    »In Ihrem eigenen Interesse rate ich Ihnen, dass wenigstens Sie mich anhören, denn diese Angelegenheit betrifft in ihrer Konsequenz Ihre gesamte Familie«, sagte er zu ihr, und sein fleischiges, rot geädertes Gesicht verzog sich dabei zu einem kalten Lächeln. So hörten Emily und auch ihre Schwester Rebecca an jenem Nachmittag voller Entsetzen, dass Amalia noch lebte und Edward mit ihr ein Verhältnis gehabt hatte. »Welches Licht diese Hintergründe wohl auf den Tod der jüngst verstorbenen Lady Hampton werfen würden?«, fragte Beans sie höhnisch.
    Ihre Mutter weilte, wie so oft in jener Zeit, in Cornwall bei ihrer Schwester. Rebecca war entsetzt, voller Angst vor dem Skandal und dem, was man über sie reden würde. Emily dagegen empfand nur Mitleid. Alles ergab auf einmal einen Sinn.
    Sie sprachen mit Edward. »Du musst etwas tun. Du musst ihm das Geld geben!« Doch er schüttelte mit kalter Miene den Kopf. »Niemals, er kann froh sein, dass ich ihn nicht getötet habe! Er hat versucht, Amalia zu vergewaltigen.«
    Einige Wochen danach war dann der Journalist Barry Sandfort bei ihnen aufgetaucht, der bereits die zwei anderen Artikel über die Familie geschrieben hatte. Diesmal wollte er mit Edward persönlich sprechen. Doch auch
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