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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne
Autoren: Susan Hastings
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Einkommens dreier Jahre.«
    »Was gibt es von höherem Wert als Geld?«, wunderte sich Hieronymus. Er erntete einen verächtlichen Blick des Magisters.
    »Er ist Ritter und stolz. Der Fürst hat seine Ehre gekränkt. Das ist seine Rache.«
    »Aus gekränkter Ehre?« Hieronymus schüttelte den Kopf. »Dafür würde ich nicht den Hintern im Bett drehen, verehrter Siebenpfeiffer. Nein, das nehme ich Euch nicht ab. Obwohl ich Kaufungen aus einem anderen Grund nicht mag. Während dieses unseligen Krieges hatte er Leipziger Kaufleute überfallen und verschleppt, von denen einer dabei sogar ums Leben gekommen ist. So ein Mann behindert den Aufschwung des Handels, den Aufschwung unserer Stadt. Er ist ein übler Raubritter, der keine Ehre hat.«
    »Ihr irrt, Preller. Der Rechtsstreit zwischen dem Ritter und dem Fürsten geht schon seit Monaten. Kunz hat Fehler gemacht, es ist seine Schuld. Dass die Gerichte gegen ihn entschieden haben, sieht er natürlich nicht ein. Er denkt mit dem Schwert, nicht mit dem Kopf.«
    »Das sind doch alles nur Spekulationen. Ihr grübelt zu viel, Herr Magister. Das tut auch nicht gut und verwirrt den Geist. Trinkt noch einen Becher.«
    »Nein, danke«, wehrte der Gelehrte ab und erhob sich. »Es wird Zeit für mich zu gehen. Morgen früh um sechs erscheinen meine Studenten.«
    Verdrießlich schaute Hieronymus auf den halb vollen Krug. Allein trank es sich nicht so gut wie in Gesellschaft. Auch wenn dieser Magister ein sehr widersprüchlicher und undurchsichtiger Geist war, so war er doch interessant und ungewöhnlich.
    »Was unterrichtet Ihr eigentlich?«, wollte Hieronymus wissen.
    Der Gelehrte ordnete wieder sorgsam seine Mantelfalten, nachdem er sich erhoben hatte.
    »Jurisprudenz und Philosophie«, sagte er wie nebenbei. »Gehabt Euch wohl, Kaufmann, und seid bedankt für Eure Einladung.« Dann ging er.
    »Verdammt nochmal, ich wollte feiern, weil ich in sieben Tagen heiraten werde«, rief Hieronymus schon mit schwerer Zunge und knallte den irdenen Weinkrug so auf den Tisch, dass dieser zu Bruch ging und der Wein über sein Wams und die Hose schwappte.
    Augenblicklich wurde es still in der Schänke, und alle Blicke wandten sich ihm zu.
    »Was glotzt ihr so?«, fuhr er auf. »Ich werde Elisabeth heiraten, die Tochter des Bürgermeisters. Er findet keinen besseren Schwiegersohn als mich. Ich bin der reichste Kaufmann in der Stadt und weiß, wer die beiden Prinzen entführt hat.«
    »Macht Euch nicht unglücklich, Preller. Im Weinrausch sagt mancher etwas, das er später sehr bereut«, mahnte der Wirt.
    »Ach, halt’s Maul«, raunzte Hieronymus ihn an. »Du wirst es schon noch sehen, ihr alle werdet es sehen, dass ich Recht behalte. Der Kaufunger war’s, dieser elende Raubritter. Dann erhält er wenigstens seine gerechte Strafe.«
    »Ihr solltet besser gehen, Preller«, forderte der Wirt ihn leise auf. »Ich will keinen Ärger haben.«
    Unsicher erhob sich Hieronymus.
    »Undankbares Volk«, lallte er. »Ihr werdet noch an mich denken.«
    Er schwankte zur Tür hinaus.
    »Ob’s wirklich der Ritter von Kaufungen war?«, fragte einer der Gäste, als Hieronymus gegangen war.
    »Ach was, der Preller ist bloß wütend auf ihn, weil der Ritter Kunz einmal ein paar Pfeffersäcke überfallen hat. Hätten sie ihm damals ihre Geldbeutel gegeben, hätte er sie bestimmt laufen lassen. Aber diese Geizkragen lassen sich lieber umbringen, als sich von ihrem Geld zu trennen.«
    »Aber Preller ist ein guter Christ«, rief ein anderer. »Er hat schon viel für die Stadt und die Klöster gespendet. Habt ihr gehört, dass er die Tochter des Bürgermeisters heiraten will? Da gibt es eine große Hochzeitsfeier.«
    Die Aussicht auf so ein herausragendes Ereignis versöhnte die Gäste der Schänke sofort wieder. Darauf mussten sie unbedingt noch einen Krug Bier oder Wein leeren, die der Wirt eifrig herbeischaffte.
    Am nächsten Tag gab es nur zwei Gesprächsthemen in der Stadt: der dreiste Raub der beiden Prinzen und die unerwartete Hochzeit des Kaufmanns Preller mit der Tochter des Bürgermeisters. Natürlich war beides auch Thema am Ratstisch. Die Ratsherren gratulierten dem Bürgermeister zur bevorstehenden Vermählung seiner Tochter mit dem angesehenen Kaufmannshaus Preller.
    »Was für eine Vermählung?«, fragte der Bürgermeister entgeis­tert.
    »Na, die Eurer Tochter«, erwiderte ein Ratsmitglied lachend. »Es ist ja schon Stadtgespräch.«
    Wutschnaubend fuhr der Bürgermeister hoch.
    »Das ist doch Unsinn.
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