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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne
Autoren: Susan Hastings
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verließ der Kurfürst mit seinem Gefolge das Rathaus und die Stadt in Richtung Altenburg. Die Soldaten trieben die Menschen auseinander, durch die Gasse preschten die Pferde des Kurfürsten und seines Gefolges. Die Ratsherren standen vor dem Tor und blickten ihrem Landesherrn nach.
    Propst Benedictus versammelte seine Brüder zu einem ersten Stoßgebet um sich. Mit einem Auge schätzte er die Reste der Tafel ab; er würde diese als Spende für das Kloster einfordern. Schließlich musste er für den Abbruch des Festessens entschädigt werden. Der Klosterküche kam dieser Segen gerade recht.
    Hieronymus Preller starrte auf das Durcheinander. Dann eilte er mit großen Schritten auf das Rathaustor zu. Seine Größe und seine imposante Erscheinung verschafften ihm Platz. Den Rest erledigte er mit seinen kräftigen Armen.
    »Platz da«, herrschte er die Leute an, die ihm im Weg waren. Dabei schien ihm unerheblich, ob Marktfrau, Gaukler, Schaulustiger oder Wachsoldat. Das Tor stand offen, einige Ratsherren standen immer noch heftig diskutierend davor. Die Bediensteten standen ebenfalls in kleinen Grüppchen.
    Niemand nahm von ihm Notiz.
    Mitten im Ratssaal standen die Brüder des Thomasklosters und beteten lautstark. Einige Vorwitzige hatten sich vom Markplatz in den Ratssaal geschlichen und bedienten sich ungeniert an der Tafel. Benedictus wusste nicht, ob er sein Gebet unterbrechen und diese dreisten Diebe verjagen sollte.
    »Betet weiter, Brüder«, murmelte er, nahm einen der zu Bruch gegangenen Stühle und warf ihn nach den Mundräubern.
    »Höllenbrut«, grollte er und freute sich, dass er einen der Kerle am Kopf traf. Dieser sank mit einem leisen Klagelaut unter den Tisch.
    Hieronymus nutzte das Durcheinander und eilte zu Elisabeth. Die stand schreckensbleich neben der Tür und starrte auf die kopflos umherlaufenden Ratsherren. Er nahm ihre Hand und zog die Widerstrebende zu ihrem Vater. Der Bürgermeister schaute Hieronymus irritiert an.
    »Was wollt Ihr denn, Preller?«
    »Die Hand Eurer Tochter.«
    »Die habt Ihr doch schon«, erwiderte der Bürgermeister verärgert. »Passt auf sie auf, damit ihr nichts geschieht.«
    »Das ist ein Wort!«
    »Wer seid Ihr?«, fragte Elisabeth mit großen Augen.
    Hieronymus betrachtete sie verzückt.
    »Euer zukünftiger Ehemann. Euer Vater hat meinem Antrag eben zugestimmt.«
    »Werde ich denn gar nicht gefragt?«, wunderte sie sich und betrachtete den stattlichen Mann im blauen Samtwams mit geneigtem Kopf.
    Er lächelte, nahm wieder ihre Hand und zog sie zu einem der Fenster, das den Blick über den Marktplatz gestattete. Er deutete zu dem großen Haus gegenüber, das sein Vater erbauen ließ und den Wohlstand der Familie Preller zeigte.
    »Würdet Ihr allen Ernstes so etwas ablehnen?«
    Noch ehe Elisabeth antworten konnte, entdeckte Hieronymus den Propst. Dieser stand inmitten seiner Klosterbrüder, einen Knüppel in der Hand, um die Reste auf der Festtafel zu verteidigen. Benedictus bemerkte den befremdeten Blick des Kaufmanns. Sofort schaute er zum Himmel, schlug in einem fort Kreuze in die Luft und begann ein lautes Wehklagen. Er klagte auf Latein, was Hieronymus ohnehin nicht verstand, und so zupfte dieser den Propst wenig respektvoll am Ärmel. So plötzlich, wie er mit seinem Gebet begonnen hatte, hörte er wieder auf. Seine kleinen Augen blickten missmutig.
    »Was willst du?«, herrschte er Hieronymus an.
    »Heiraten«, erwiderte Hieronymus. »Sofort.«
    Der Propst schnappte nach Luft, und er sah aus wie ein fetter Karpfen auf dem Trockenen.
    »In dieser Situation?«, brachte der Propst endlich hervor.
    »Gerade deshalb«, erwiderte Hieronymus. »Man muss handeln, wenn sich die Gelegenheit bietet.«
    Der Propst starrte ihn an wie ein Gespenst.
    »Waren Euch meine Spenden nicht gut genug?«, fragte Hieronymus, da setzte das Denkvermögen des Propstes wieder ein.
    »Ach, Ihr seid’s, Preller. Die Aufregung – entschuldigt – ich habe Euch nicht gleich erkannt. Trotzdem, ist das nicht ein biss­chen überstürzt? So schnell geht das nicht.«
    Hieronymus fasste nach seinem ledernen Geldbeutel, den er unter dem Wams trug und ließ ihn gewichtig in der Handfläche tanzen.
    »Wie schnell geht es?«, wollte er wissen.
    Der Propst folgte den Handbewegungen mit den Augen, während seine dicken Karpfenlippen immer noch offen standen. Dann glitt ein kleines Lächeln über sein Gesicht.
    »In einer Woche, Preller. Das muss genügen.«
    Der kleine Lederbeutel wechselte auf kurzem
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