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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne
Autoren: Susan Hastings
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Bürgermeister sich gefälligst an sein Wort zu halten hatte. Außerdem hatte er dem Propst ein beträchtliches Sümmchen zugesteckt, das er nicht umsonst geopfert haben wollte. Es sollte eine prächtige, eine angemessene Hochzeit werden, von der die Stadt noch nach ­Jahren sprechen sollte. Wenn der Bürgermeister sich weiter so bockig zeigen sollte, würde Hieronymus seine Elisabeth eben ohne dessen Einwilligung heiraten. Besser wäre natürlich mit ­seiner Einwilligung und seinem Geld. Die Ausrichtung der Hochzeit war schließlich Sache des Brautvaters, und Hieronymus sah überhaupt nicht ein, warum dieser Dickschädel darum herumkommen sollte.
    Wer war er denn, dass er sich vom Bürgermeister derart vorführen ließ, und das noch vor all den Leuten draußen auf dem Markt? Das konnte Hieronymus nicht auf sich sitzen lassen.
    Entschlossen ging er zur Tür und riss sie auf. Die Hitze des Julitages schlug ihm entgegen und der Gestank aus den Rinnsalen, die durch die Gassen flossen. Beides nahm er nicht wahr. Er straffte seine Haltung, reckte sich zu voller Größe auf, ballte die Hände zu Fäusten und eilte mit ausgreifenden Schritten quer über den Marktplatz hinüber zum Rathaus. Mit den Fäusten trommelte er gegen das Tor, was neuerlich einen Auflauf der Marktbesucher und Händler, Gaukler und Musikanten verursachte.
    »He, Bürgermeister, ich lass’ mich nicht für dumm verkaufen. Die ganze Stadt ist Zeuge, dass du mir die Hand deiner Tochter versprochen hast. Nun steh zu deinem Wort.«
    Die Umstehenden stimmten ihm lautstark zu.
    Er trommelte weiter mit den Fäusten an die Rathaustür, bis ein Ratsdiener verärgert öffnete. Hieronymus stieß ihn unsanft beiseite und stürmte hinein.
    Der Bürgermeister brütete in der hinteren Ratsstube und wuss­te nicht, womit er sich zuerst befassen sollte, mit der Entführung der beiden Prinzen oder mit Prellers ungebührlichem Betragen. Das belastete ihn derart, dass er am liebsten alles hingeworfen und sich in seinem Haus vergraben hätte. Aber er war der gewählte Oberste aller Einwohner dieser Stadt, und sein Amt beinhaltete einige Pflichten, denen er wohl oder übel nachkommen musste.
    Da lag der Antrag, dass das Rathaus einen neuen Anstrich erhalten, eine neue Ratsstube ausgebaut und der Turm repariert werden sollte. Die Ratszimmerleute verlangten mehr Geld, die Schützenbruderschaft wollte ihren Schatz der Stadt in Verwahrung geben, und der Befestigungsbau der Stadtmauer hinter dem Thomaskloster war noch in vollen Gange, weil der Graben dort verlegt werden musste, und die Rechnungen für die Baukasse der Stadt waren auch noch zu prüfen. Er seufzte über die Bürde seines Amtes, als Hieronymus hereingestürmt kam.
    »Bürgermeister, steht zu Eurem Wort. Ich bringe die ganze Stadt als Zeugen und lasse den Propst Benedictus als Richter rufen.«
    »Ihr macht Euch lächerlich, Preller. Ihr wisst genauso gut wie ich, dass gestern eine Ausnahmesituation herrschte. Und sie herrscht immer noch, solange die Prinzen nicht gefunden wurden.«
    »Wenn ich Euch sage, wer der Entführer der Prinzen ist, steht Ihr dann zu Eurem Wort und gebt mir Elisabeth zur Frau?«
    »In Gottes Namen, Preller, so sei es. Ich habe keine Lust, ständig Eure Pöbeleien anzuhören. Woher wollt Ihr wissen, wer die Prinzen entführt hat?«
    »Woher ich das weiß, tut nichts zur Sache«, erwiderte Hieronymus sichtlich gefasster. »Aber der Ritter Kunz von Kaufungen war’s, aus gekränktem Ehrgefühl gegen den Kurfürsten.«
    Der Bürgermeister erhob sich, mit den Händen auf den Tisch gestützt, und starrte Hieronymus an.
    »Das ist eine kühne Behauptung, Preller. Habt Ihr Beweise?«
    »Wenn der Ritter gefangen wird, habt Ihr den Beweis.«
    Langsam ließ sich der Bürgermeister auf seinem Stuhl nieder. »Ihr wollt mich übertölpeln, Preller. Nein, nein, das macht Ihr nicht mit mir. Euch Kaufleuten darf man einfach nicht trauen.«
    Mit einem Sprung war Hieronymus am Tisch und packte den Bürgermeister am Wams.
    »Ich lasse mich nicht von Euch beleidigen«, schnaubte er wütend. »Wir Kaufleute sind …«
    Er kam nicht weiter dazu, seinen Zorn am Bürgermeister auszulassen, weil ein Ratsdiener eintrat.
    »Ein Bote aus Altenburg begehrt Einlass. Außerdem will ein Herold eine Nachricht des Kurfürsten verkünden.«
    Hieronymus und der Bürgermeister liefen zur Tür und verklemmten sich in der Türfüllung, weil beide gleichzeitig nach draußen drängten.
    »Verdammt Preller, was fällt Euch ein?«,
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