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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Dr. Berwaldt nichts ahnte. Cravelli hielt es für übereilt, aber Patrickson hatte keine Geduld. So ruhig er nach außen hin wirkte, so wild hatte ihn ein Rausch im Inneren erfaßt, wenn er die Möglichkeiten überdachte, die ihm Dr. Berwaldts Entdeckung erschließen konnte. Nach dem Essen und einer Zigarre mit Mokka erhob sich denn auch Patrickson als erster und zog seinen Rock gerade.
    »Zur Sache«, sagte er mit der Nüchternheit der Amerikaner. »Gehen wir, meine Herren.«
    Cravelli ging ihnen voraus, über einen Flur, über eine Treppe, durch einen glasüberdachten Innenhof, wieder durch eine Diele … Berwaldt gab sich größte Mühe, den Weg zu behalten, aber es gelang ihm nicht. Der Grundriß des Palazzo Barbarino mußte wie der eines Labyrinthes sein.
    Cravelli blieb vor einer dicken, geschnitzten Tür stehen, zog einen Sicherheitsschlüssel aus dem Rock und schloß auf. Lautlos schwang die Tür nach innen auf. Ein großer, heller Raum lag dahinter, eingetaucht in die Strahlenbündel großer Neonlampen. Er war fensterlos, aber ein leises Rauschen verriet eine gut arbeitende Klimaanlage. Auf langen, breiten Tischen waren alle Geräte aufgebaut, die ein vollkommen eingerichtetes Labor brauchte.
    Dr. Berwaldt blieb erstaunt stehen. »Das ist eine Überraschung! In einem Renaissance-Palast ein Labor von morgen –«
    »Hier werden unter Ausschluß aller anderen Mitarbeiter die ganz großen Konzernpatente demonstriert und in der Retorte zu Ende geführt«, sagte Patrickson. Er ging voraus in den blitzenden Raum und machte eine alles umfassende Handbewegung. »Das alles steht auch Ihnen zur Verfügung, Doc Berwaldt!«
    »Wozu?«
    Berwaldt trat in das Labor. Die schwere Tür schloß sich hinter ihnen. Sergio Cravelli wischte sich über das Raubvogelgesicht.
    »Ja, wozu?« fragte er zurück und sah dabei Patrickson an. Der Amerikaner schob die Unterlippe vor.
    »Zur Forschung!«
    »Die Entwicklung meines Präparates ist aus dem Stadium des Labors heraus! Es geht mir jetzt um die Auswertung –« Dr. Berwaldt ging die Tischreihen entlang. Es fehlte nichts. Die kompliziertesten Meßinstrumente waren vorhanden, sogar ein kleines Elektronenmikroskop stand in einem durch Glaswände abgeteilten Winkel des Raumes.
    Cravelli war der erste, der die Sekunden der unerträglichen Spannung überbrückte. Er lachte plötzlich und nickte mehrmals.
    »Natürlich geht es um die Auswertung. Aber ehe wir etwas auswerten, müssen wir erst sehen, was wir da kaufen. Ich schlage vor, daß die Herren Berwaldt und Dacore uns einige Experimente zeigen.« Er zeigte auf eine Tür im Hintergrund des großen Labors. Sie war, wie ein Eisschrank, durch einen großen Hebel gesichert. »Wenn Sie Tiere brauchen … dort haben wir alles!«
    In der folgenden Stunde verwandelte sich der helle Raum in einen kleinen Hörsaal. Berwaldt hielt einen Vortrag über die Zeit der Suche und der Entwicklung, legte Bildserien vor und Berechnungen. Tonio Dacore ließ unterdessen in einen großen Glaskasten, der luftdicht verschlossen werden konnte, hundert weiße Mäuse laufen.
    Es war ein ähnlicher Kasten wie in Berwaldts Berliner Labor, in dem er die ungeheure Giftigkeit des Präparates bewiesen hatte.
    Geduldig hörten Cravelli und Patrickson dem Vortrag zu. Erst bei dem Punkt der Gasgiftigkeit wurden sie lebendiger.
    »Man riecht es nicht?« fragte Cravelli leichthin.
    »Nein. Es ist völlig geruchlos.«
    »Man sieht es nicht?« fragte Patrickson.
    »Im Labor ja. Aber wenn wir – angenommen – größere Mengen in die freie Luft verdampfen, löst sich der Nebel auf, ohne daß die Giftigkeit nachläßt. Man atmet das Gas ein wie normalen Sauerstoff und ist in kürzester Zeit gelähmt.«
    »Schrecklich!« sagte Patrickson. Aber es klang fast wie ein Jubelruf.
    »Und das machen Sie uns jetzt vor?«
    »Ungern.«
    Berwaldt sah auf die vorbereiteten Mäuse. Dacore stand über den Glaskasten gebeugt und warf durch die noch offene runde Abdeckung kleine Brotstückchen in die weißen Pelzknäuel.
    »Es würde uns sehr interessieren –«, sagte Cravelli plötzlich heiser.
    »Wie Sie wünschen.« Berwaldt trat zögernd neben den Glaskasten. Er schloß eine gläserne Schlange, die fest mit einem Erlenmeyerkolben verbunden war, an die runde Öffnung an. Dacore kontrollierte den festen und luftdicht schließenden Sitz der Gummimanschette und nickte zufrieden. Durch einen ebenfalls mit einem Gummi abzuschließenden Einguß schüttet Berwaldt einige ccm seiner hellblauen
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