Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
Ogleby, M. A., stellvertr. Geschäftsführer
    G. Bland, M. A.
    Miss M. M. Height, M. A.
    D.J. Martin, B. A.
     
    Hm. Die Sekretärinnen hatten Anweisung, Blands Namen durchzustreichen und Quinns Namen ans Ende zu tippen. Das war ja nun nicht mehr nötig, jetzt brauchten sie nur die obersten drei Namen durchzustreichen, das ging viel schneller. Blieben zwei … Würde man Miss Height die Leitung antragen? Per Anzeige neues Personal suchen? Oder würde der Verband seine Tätigkeit einstellen? Donald Martin, diesen Jammerlappen, konnte man sich als stellvertretenden Geschäftsführer schlecht vorstellen. Gott helfe den jungen männlichen Neueinstellungen, wenn Monica mit ihrer aufreizenden Hinterfront wackelte. Morse holte seinen Parker-Kugelschreiber heraus und strich langsam die Namen Dr. Bartlett, Philip Ogleby, George Bland durch. Da waren es nur noch zwei … Und jetzt konnten sie es ein paar Monate nach Herzenslust miteinander treiben. Ein paar Monate … länger war Quinn nicht dagewesen, nicht mal lange genug, um als gedruckter Name auf dem Briefkopf zu erscheinen. Morse dachte an den Lippenlese-Unterricht, hätte Quinn sich hier halten können, wenn sein Gehör ganz ausgefallen wäre? Vielleicht doch nicht. Lippenlesen war eine wunderbare Sache, aber selbst die Lehrerin hatte einen Fehler gemacht, als er sie gefragt hatte …
    Morse erstarrte zur Salzsäule, das Blut schien aus seinen Armen und Schultern zu weichen, sein Oberkörper fühlte sich plötzlich wie taub an und kribbelte. Nein, das durfte nicht wahr sein! Lieber Gott und Heilige Mutter Maria, bitte nicht …! Mit zitternder Hand schrieb er die beiden Namen auf das Blatt. Seine Stimme schwankte.
    »Lewis! Lassen Sie alles stehen und liegen! Stellen Sie sich an die Tür, nehmen Sie das Blatt hier mit!«
    Verblüfft tat Lewis, was ihm gesagt wurde. »Und was jetzt, Sir?«
    »Lesen Sie mir die beiden Namen vor – nur mit den Lippen. Nicht flüstern, nur die Lippen bewegen. Klar?«
    Lewis gab sich die größte Mühe.
    »Noch mal!« sagte Morse. Lewis gehorchte.
    »Noch einmal … und noch einmal … und noch einmal …«
    Morse nickte und nickte und nickte. In seiner Stimme schwang tiefe Erregung. »Schnappen Sie sich Ihren Mantel, Lewis, wir sind hier fertig!«
     
    Zuerst wollte sie nichts sagen, aber Morse kannte kein Erbarmen. »Haben Sie das Blut abgeputzt?« Er hatte die Frage schon ein dutzendmal gestellt. »Herrgott, Sie müssen blind sein, wenn Sie nicht begreifen, was geschehen ist! Wie viele Frauen hat er sonst noch gehabt? Bei wem war er gestern abend? Wissen Sie das nicht? Haben Sie nie Verdacht geschöpft? Haben Sie das Blut abgeputzt? Raus mit der Sprache! Oder hat er es getan? Verstehen Sie nicht, was ich sage? Ich muß es wissen! Haben Sie das Blut abgeputzt? Ich muß es wissen!«
    Plötzlich brach sie völlig zusammen und begann hysterisch zu schluchzen. »Er hat gesagt … es hätte einen … einen … Unfall gegeben. Und er … er hat gesagt … er hat helfen wollen … bis … bis der Krankenwagen da war. Es war … es war in der Broad Street … gegenüber von Blackwells … und …«
    Die Tür ging auf, und ein Mann kam herein. »Was ist denn hier los?« Seine Stimme peitschte, und in seinen Augen glühte ein primitiver, flammender Wahnsinn. »Was hat dieser Scheißkerl Roope Ihnen erzählt, Sie Schnüffler?« Er stürzte sich auf Morse und schlug wild zu, während Mrs. Martin kreischend aus dem Zimmer floh.
     
    »Sie sollten mal was für sich tun, Morse, Sie sind ganz schön abgeschlafft.«
    »Kommt vom Bier«, murmelte Morse. »Au!«
    »Das ist der letzte. Kommen Sie in einer Woche wieder, dann ziehen wir die Fäden. Alles okay?«
    »Ein Glück, daß ich Lewis dabei hatte! Sonst hätten Sie gleich die nächste Leiche am Hals gehabt.«
    »Guter Mann, wie?«
    Morse grinste schief und nickte. »Den hätten Sie erleben sollen, Doktor!«
     
    Am nächsten Morgen in Morses Büro war es Lewis, der sich eins griente. »Das Reden muß ein bißchen schwierig sein mit dem genähten Mund, Sir!«
    »Hm.«
    »Na, dann erzählen Sie mal!«
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Wie Sie auf Martin gekommen sind.«
    »Ich habe Ihnen gesagt, daß der Schlüssel zu dem Fall in der Tatsache lag, daß Quinn schwerhörig war. Aber ich habe immer nur daran gedacht, wie großartig er das Lippenlesen gelernt hatte, und übersah dabei das Naheliegendste: Daß selbst der beste Lippenleser hie und da mal einen Fehler macht. Und genau das ist Quinn passiert. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher