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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
Autoren: Colin Dexter
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auf seinem Schädel angeflogen, schob aber den Gedanken, der ihm offenbar gekommen war, beiseite.
    »Bedenken Sie, daß alles penibel im voraus geplant werden mußte, und von diesem Punkt an mußte Bartlett auch an Roope denken. Roope hatte sich pflichtschuldigst bis zum späten Nachmittag ein hieb- und stichfestes Alibi besorgt, aber jetzt brauchte er einen plausiblen Grund für einen Besuch in der Geschäftsstelle. Weder er noch Bartlett konnten ahnen, daß keiner der akademischen Mitarbeiter im Haus sein würde. Sie verabreden also, daß er einige Unterlagen in Bartletts Büro hinterlegt. Er muß später noch in Quinns Zimmer, um den Anorak zu holen, aber inzwischen hat er die Lage peilen können, da wird ihm schon etwas einfallen. Die Kinokarte und Quinns Schlüssel sollen auf Bartletts Schreibtisch deponiert werden. Roope klopft bei Bartlett, bekommt keine Antwort, geht hinein, legt seine Unterlagen ab, greift sich die Karte und die Schlüssel. Kinderleicht. Ursprünglich war wohl geplant, daß er irgendwo, wahrscheinlich an den Bäumen hinter dem Haus, warten sollte, bis die übrigen Hauptamtlichen nach Hause gegangen sind. Dann hätte er nur noch einmal von hinten ins Haus gehen, sich den Anorak aus Quinns Büro holen und in Quinns Wagen davonfahren müssen.
    Aber die Sache ging dann noch glatter, als er zu hoffen gewagt hatte. Gewiß, Noakes war ein unvorhergesehenes Problem, erwies sich letztlich aber als große Hilfe. Noakes konnte bestätigen, daß keiner der Hauptamtlichen an diesem Nachmittag im Haus gewesen war. Und als er Roope verkündete, er würde jetzt nach oben gehen, um Tee zu trinken, war die Luft rein – und zwar eine halbe Stunde eher als erwartet.«
    »Die Fortsetzung war dann wohl in etwa so, wie Sie es mir schon erklärt hatten.«
    »Mit einer Ausnahme. Als wir Roope zum erstenmal verhafteten, sagte ich, daß er den Zettel von Quinns Schreibtisch genommen habe, aber ich glaube, das kann nicht stimmen. Sonst hätte er ja nicht Bartlett anzurufen brauchen, als er zu seinem Schrecken las, daß Mrs. Evans noch einmal wiederkommen würde. Das muß für ihn der schlimmste Moment des ganzen Unternehmens gewesen sein, und Roope war drauf und dran, die Nerven zu verlieren. Draußen goß es in Strömen, er konnte den Toten nicht einfach ablegen und sich davonmachen. Mrs. Greenaway – er muß sie gesehen haben – saß bei zurückgezogenen Vorhängen für alle sichtbar im Obergeschoß, und es gab nur eine Möglichkeit, den toten Quinn ins Haus zu schaffen – nämlich durch die Garagentür. Es half nichts, er mußte warten.
    Aber nicht dort, wo er war. Er war wohl ziemlich am Ende mit seinem Latein, als er Bartlett anrief, aber Bartlett hatte eine geniale Idee: der Zettel auf Quinns Schreibtisch! Es war wirklich enormer Dusel, und den hatten sie in diesem Moment auch nötig. Bartlett war gerade erst aus Banbury gekommen, aber er fuhr gleich noch mal los, holte sich in der Geschäftsstelle den Zettel und traf sich verabredungsgemäß mit Roope in dem Supermarkt hinter der Pinewood Close, wo Roope bereits die Lebensmittel erstanden hatte. Ich schätze, daß Bartlett mindestens zwanzig Minuten gebraucht hat, aber noch lief alles nach Plan. Roope ging zurück in Quinns Haus, zog die schmutzigen Stiefel aus, deponierte den Zettel und postierte sich wieder auf der Straße. Er muß naß bis auf die Haut geworden sein, aber man stelle sich seine enorme Erleichterung vor, als er beobachtete, wie zunächst Mrs. Evans das Haus betrat und sich wieder davonmachte und dann – es muß ihm wie ein Wunder vorgekommen sein – ein Krankenwagen vorfuhr und Mrs. Greenaway zur Entbindung brachte. Das Haus lag im Dunkeln, weit und breit war kein Mensch zu sehen, die Straßenlaterne war kaputt, der letzte Akt konnte beginnen. Er schleppt Quinns Leiche ins Haus, legt sie auf den Teppich neben dem Sessel im Wohnzimmer, stellt die Sherryflasche und das Glas auf den Beistelltisch, zündet den Gasofen an – und die Sache ist gelaufen. Durch die Hintertür verläßt er das Haus und fährt mit dem Bus zurück nach Oxford.«
    Lewis überlegte. Ja, so mußte es sich abgespielt haben, aber eines konnte er sich noch immer nicht erklären. »Und was für eine Rolle hat Ogleby bei der ganzen Sache gespielt?«
    »Ich muß noch einmal betonen, Lewis – vieles von dem, was Ogleby uns gesagt hat, stimmte, und ich schätze, er war so gut wie sicher, daß Bartlett Quinn umgebracht hatte, längst ehe ich …«
    »Aber warum hat er es für
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