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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
Autoren: Colin Dexter
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näher. Etwas zu lange Haare. Und einer hatte einen Bart. Auch Quinn hatte einen Bart … Ach was! Die Entscheidung mußte jetzt sehr bald fallen, und wenn er Glück hatte, konnte er noch vor sechs wieder im Lonsdale College sein. Heute war das jährliche Galadinner der Collegemitglieder und … Auf zum Endspurt.
    »Wenn ich also davon ausgehen darf, daß der Ausschuß mit der Berufung von Fielding einverstanden ist, brauchen wir nur noch über sein Anfangsgehalt zu sprechen. Er ist – warten Sie –, ja, er ist 34, da dürfte die unterste Gehaltsgruppe für die B-Dozenten –«
    »Darf ich noch etwas sagen, Herr Präsident?« Es war einer der jüngeren Hochschullehrer. Einer der Langhaarigen. Der mit dem Bart. Ein Chemiker von Christ Church.
    »Selbstverständlich, Mr. Roope, ich wollte keinesfalls den Eindruck erwecken …«
    »Für Sie scheint festzustehen, daß wir alle mit der Ansicht des Geschäftsführers einiggehen. Für die anderen mag das ja zutreffen, aber nicht für mich, und ich dachte, der Sinn dieser Sitzung sei es gerade –«
    »Aber natürlich, Mr. Roope. Wie gesagt, es tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt haben sollte, daß – äh – ja … Das lag natürlich nicht in meiner Absicht. Ich persönlich hatte das Gefühl, wir hätten einen Konsens erreicht, aber wenn Sie meinen …«
    »Danke, Herr Präsident. Es tut mir leid, aber ich kann mich mit der Rangfolge, die unser Geschäftsführer aufgestellt hat, nicht einverstanden erklären. Mir ist Fielding, ehrlich gesagt, zu glatt, zu sehr ein Jasagertyp. Ich habe nichts gegen abgerundete Persönlichkeiten, aber ein Mensch ganz ohne Ecken und Kanten ist auch nicht ganz das Wahre.« Ein belustigtes Volksgemurmel erhob sich, und die eben noch wahrnehmbare leichte Spannung ließ merklich nach. Einige der älteren Kollegen hörten sich Roopes Ausführungen jetzt mit entschieden mehr Interesse und Aufmerksamkeit an. »Was die anderen Bewerber betrifft, gehe ich mit dem Geschäftsführer – wenn auch nicht unbedingt mit seinen Begründungen – einig.«
    »Sie würden also Quinn an die erste Stelle setzen?«
    »Auf jeden Fall. Er hat vernünftige Ansichten zum Prüfungswesen, und er hat einen guten Kopf. Was aber noch wichtiger ist – er scheint ein anständiger Kerl zu sein, und heutzutage –«
    »Diesen Eindruck hatten Sie bei Fielding nicht?«
    »Nein.«
    Der Präsident ignorierte das hörbar geflüsterte »Unfug!« des Geschäftsführers, dankte Roope für seine Bemerkungen und blickte sich vage auffordernd um. Doch zunächst kamen keine weiteren Äußerungen. »Möchte noch jemand – äh –«
    »Ich finde es reichlich unfair, wenn wir auf Grund einiger weniger Vorstellungsgespräche tiefschürfende Charakteranalysen erstellen«, sagte der Vorsitzende des Englisch-Ausschusses. »Gewiß, wir müssen uns alle unsere Meinung über die Bewerber bilden, nur deshalb sitzen wir ja hier zusammen. Aber ich bin, was die Rangfolge betrifft, derselben Ansicht wie unser Geschäftsführer.«
    Roope lehnte sich zurück und blickte, einen gelben Bleistift zwischen den Zähnen balancierend, zur Decke.
    »Noch jemand?«
    Der Vizepräsident, der sich entsetzlich langweilte und es eilig hatte, hier herauszukommen, rutschte unruhig in seinem Sessel herum. Seine Aufzeichnungen bestanden aus einem kunstvoll-komplizierten Schnörkelgebilde. Er bereicherte die schwungvolle Zeichnung um einen weiteren gekonnten Kringel, während er zu seinem ersten und letzten Diskussionsbeitrag ansetzte: »Beide sind offenbar gute Leute. Ich habe den Eindruck, daß es ziemlich egal ist, für welchen wir uns entscheiden. Wenn der Geschäftsführer Fielding haben will, bin ich für Fielding. Vielleicht könnten wir mal eben abstimmen?«
    Etliche Ausschußmitglieder gaben gedämpft-zustimmende Blöklaute von sich, und etwas mißvergnügt schritt der Präsident zur Abstimmung. »Ich bitte um Handzeichen. Wer ist für Fielding?«
    Sieben oder acht Hände hoben sich, doch dann ließ sich unvermittelt wieder Roope vernehmen, und die Hände senkten sich.
    »Vor der Abstimmung hätte ich gern noch eine Auskunft von unserem Geschäftsführer. Bestimmt kann er mir auswendig sagen, was ich wissen will.«
    Bartlett beäugte Roope mit frostiger Ablehnung, und einige Ausschußmitglieder hatten Mühe, Ärger und Ungeduld zu verbergen. Warum hatten sie nur Roope in dieses Gremium gewählt? Gewiß, er war ein glänzender Chemiker, und im Hinblick auf die Verpflichtungen des Verbandes, hatte man
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