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Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute
Autoren: bonn
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im Hafen hatte nichts Beruhigendes ergeben. ťHeute Morgen ist ein Schiff nach Miltenberg abgegangen und eins nach Mainz. Und es kann natürlich sein, dass Wolfram die Stadt zu Fuß verlassen hat.Ť
    Alheit nickte. ťHatte er nicht auch ein Pferd?Ť
    ťDas steht noch im Stall der Dominikaner.Ť
    Nach kurzem Nachdenken entschied Alheit: ťMiltenberg ist’s.Ť
    ťWillst du ihm dahin nachjagen?Ť
    ťIch weiß nicht.Ť Von Jagen konnte keine Rede sein. Alheit hatte nichts als ihre Füße, um voranzukommen, und kaum noch Geld. Sie fühlte sich klein und hilflos, ein Gefühl, das sie gar nicht schätzte. ťWas tut Emich der König?Ť
    ťNicht vielŤ, erwiderte Robert. ťWolfram verfluchen und auf König Johann von Böhmen warten. Der soll morgen eintreffen.Ť
    ťIch glaube, es wird Zeit, Marjories Lied zu verbreiten.Ť Das war das Einzige, was sie noch tun konnte.
    ťSing es einmal vor.Ť
    In der schlaflosen Nacht hatte Alheit den Text stundenlang wiederholt wie ein Bußgebet.
     
    War ein Mann, ein alter und grauer,
    sang gar fein und schlug die Laute,
    er zog durchs Land auf einem stolzen Rosse.
     
    In Worms am Rhein, da trafen zusammen
    die Spielleut’ von fern, die spielten und sangen
    von früh bis spät mit Harfen und mit Pfeifen.
     
    Der Alte, der hörte den Burschen da pfeifen,
    singen und spielen und rotten und geigen
    so süß und fein gar wie die Engelchöre.
     
    Nie mehr würde er im Leben so spielen,
    süß und fein, bewundert von vielen,
    keinen Tanz mehr führ’n als nur den Tanz des Todes.
     
    Am Abend füllt dem fröhlichen Zecher
    der Alte voll Grimm den giftigen Becher.
    Dein Lied sei mein, dein Ruhm und auch die Liebe.
     
    Reist der Alte noch weiter durchs Land,
    die Laute, die Orgel, die Pfeif in der Hand.
    Der Junge singt nun mit den Engelchören.
     
    Anfangs traf Alheit sogar die Melodie. Robert summte bald mit. Die anderen unterbrachen ihre Beratung und fielen ebenfalls ein.
    Beim letzten Vers gesellte sich Baldwin zu ihnen. ťDer Bote des Platzmeisters ist wieder auf dem Weg nach WormsŤ, meldete er.
    ťDann müssen wir ihm folgenŤ, antwortete Alheit grimmig.
    ťGlaubst du, ihr kommt noch rechtzeitig?Ť, fragte Marjorie besorgt.
    Alheit nickte. ťZu dem wenigen, was wir tun können
    Ť
    ťGott hört unsere Gebete überallŤ, ergänzte Baldwin.
    Eine Weile schwiegen sie bedrückt. Katherine legte zaghaft den Arm um Alheit.
    Dann sagte Gottfrid: ťSing noch einmal. Alle hier sollen es hören und in die Welt hinaustragen.Ť

MITTWOCH NACH LAETARE
    Platzmeister Friedrich zum Rad las den Brief mehrmals durch, den sein Bote aus Frankfurt gebracht hatte: ťEs ist daher unsere Überzeugung, dass den Toten ob seines Gott ungefälligen und vor den Menschen unwürdigen Lebens die Strafe des Himmels ereilt hat. Das Wirken eines Menschen oder eines von Menschen angerufenen Dämons erachten wir nicht als erwiesen. Daher ist keine Anklage zu erheben.Ť
    Er blickte von dem Pergament auf den Boten und wieder zurück. Der Mann stand müde und gleichgültig vor ihm, wahrscheinlich wusste er gar nicht, was er da abgeliefert hatte.
    ťGeh hinunter zu Bertel, er soll den Spielmann und seine Hure freilassen, und dann zu den Franziskanern, dass sie den anderen begraben können.Ť
    Der Bote blieb stehen und schaute ihn an, als ob er nichts verstanden hätte. Geldgieriger Lump. Meister Friedrich griff in die Lade und nahm die Heller heraus, die für einen Ritt nach Frankfurt üblich waren.
    Der Mann hatte die Stirn, nachzuzählen. ťAlso zu Bertel und zu den Franziskanern?Ť, fragte er noch einmal.
    Der Platzmeister nickte. ťAch ja, sag Bertel, er soll alle gemeinen Weiber aus der Stadt schaffen, die sich auf den Straßen herumtreiben.Ť
     
    Franz hatte aufgegeben zu überlegen, ob es wohl Tag oder Nacht war, oder wie viele Tage vergangen waren. Hin und wieder öffnete sich die Tür zu ihrer Zelle, für einen Augenblick drangen Licht und Luft herein. Er bekam ein Stück Brot und eine Kanne Wasser. Das teilte er mit Else und hütete es vor den Ratten und Mäusen.
    Else war anfangs bei jeder Berührung zusammengezuckt, doch im Dunkeln hatte er sonst keine Möglichkeit, ihr zu essen und zu trinken zu geben. Daher ließ sie es sich bald wieder gefallen.
    Wenn er glaubte, die Luft sei dünn genug, sang er von der Welt draußen, um nicht zu vergessen, dass es sie gab.
    Nun öffnete sich die Tür wieder. Ein Ratsknecht trat ein, die Schlüssel in der Hand. ťIch soll euch freilassenŤ, sagte er und schritt gleich zur Tat.
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