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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen
Autoren: Miklós Bánffy
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Zweifelhafte beginnt in seiner Familie bereits mit Lászlós Mutter, Julia Ladossa, der Malerin und Bildhauerin, die ihren Mann und ihr Kind im Stich lässt und dem herkömmlichen Leben entflieht. Ihr Talent, aber auch das Lose und Unstete ihres Wesens setzen sich im Sohn fort. Bánffy gestaltet hier auf seine Weise ein Thema seiner Zeit – man denke an Thomas Mann –, er stellt die Frage nach der Weltfremdheit später, feinnerviger Nachkommen, die, am Ende einer Reihe von robust lebenstüchtigen Vorfahren, ihre Heimat in der Kunst finden. Dass László Gyerőffy nicht solid bürgerlicher, sondern hochadeliger Abkunft ist, hat mit den ungarisch-siebenbürgischen Besonderheiten zu tun. Die These aber, dass Niedergang und Kunst miteinander verknüpft sein könnten, klingt hier unüberhörbar mit. Gyerőffys Scheitern freilich ist vollständig, denn sein Schöpfer versagt ihm auch Entfaltung und Erfolg als Musiker.
    Bánffy selber machte allerdings das Beste aus seiner Begabung und Position. Sechs Jahre lang, 1912 bis 1918, war er Intendant der Budapester Oper und des Nationaltheaters, und seinen Namen trug er namentlich damit in die Musikgeschichte ein, dass er für Béla Bartók eintrat. Seiner Hartnäckigkeit ist die Uraufführung von zwei Bühnenwerken Bartóks zu verdanken, welche führende Kapellmeister des Hauses zuvor für unspielbar erklärt hatten: 1917 wurde das Ballett »Der holzgeschnitzte Prinz« gezeigt und ein Jahr später »Herzog Blaubarts Burg«. Der Schöpfer der Bühnenbilder und der Kostüme hieß beide Male Miklós Bánffy.
    Dem Theatermann Bánffy wurde 1916 mitten im Krieg die Aufgabe anvertraut, die Dekorationen und den feierlichen Verlauf für die Krönung Karls IV. zu planen, des – wie es sich zeigen sollte – letzten Königs von Ungarn. Die Zeremonie verlief mit dem üblichen Pomp, wurde aber durch eine denkwürdige eingeschaltete Episode bereichert. Der neu gesalbte König sollte Offizieren den Ritterschlag erteilen. In Bánffys Regie erschienen vor dem Herrscher etwa fünfzig müde, kriegsgeprüfte Frontkämpfer in ihrer abgewetzten Uniform, unter ihnen manche kaum mehr gehfähige Invaliden; die Wirklichkeit des Weltkriegs brach in die Festlichkeit ein.
    Verschiedene diplomatische Missionen Bánffys, so diejenige nach dem Ersten Weltkrieg, für Ungarn in Westeuropa um Sympathien zu werben, zeitigten kaum Ergebnisse. Eine Idee, der er eine Zeitlang nachhing, den wegen Siebenbürgen bestehenden ungarisch-rumänischen Gegensatz durch die Schaffung einer Personalunion zu entschärfen, erwies sich als unrealistisch. Siebenbürgen, mitsamt einem Teil der Ungarischen Tiefebene und dem Banat – an Territorium insgesamt mehr als das übrig gebliebene Rumpfungarn –, fiel 1920 an Rumänien. Der von den siegreichen Westmächten beschlossene Frieden schuf in der Region Spannungen auf Jahrzehnte (und bis zum heutigen Tag). Bánffy selber allerdings suchte in seiner kurzen Amtszeit als Außenminister die Verständigung mit den Nachbarn, wie er allgemein – die Figur Bálint Abády bezeugt es – ein Befürworter der ungarisch-rumänischen Annäherung war.
    Einige Erfolge bei der Führung des Außenministeriums, so eine Volksabstimmung über die Zugehörigkeit der Stadt Sopron (Ödenburg) und der Beitritt zum Völkerbund, bereiteten Bánffy zwar Genugtuung, aber die Abberufung vom Ministeramt empfand er als Erlösung. Die erhoffte Ernennung zum Botschafter in Paris blieb ihm in der Folge versagt. 1926 kehrte er nach Siebenbürgen zurück und optierte für die rumänische Staatsbürgerschaft, was die Bedingung war zur Bewahrung seiner – von der Landreform der neuen Staatsmacht freilich stark betroffenen – Besitztümer. Das offizielle Rumänien sah in der Rückkehr eines so bedeutenden Mannes einen politischen Prestigegewinn, was seinen äußeren Ausdruck unter anderem darin fand, dass Bánffy in Bukarest von König Ferdinand I. empfangen wurde. Als Neubürger hatte er sich nach den Landesgesetzen zehn Jahre lang der aktiven Teilnahme an der Politik zu enthalten, aber der Graf fand namentlich als Organisator und Mäzen der ungarischen Kultur in Siebenbürgen seinen Platz im Leben der magyarischen Minderheit.

    In den in Siebenbürgen verbrachten dreißiger Jahren entstand die monumentale Trilogie, deren Menetekel-Titel sich, wie sie in der Originalsprache lauten, etwa so wiedergeben lassen: »Du wurdest geprüft«, »Und wurdest in Mangel befunden«, »In Stücke wirst du gerissen«. Der Wille,
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