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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen
Autoren: Miklós Bánffy
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László Gyerőffys) eingeflossen. Miklós Bánffy ist am 30. Dezember 1873 in Klausenburg (ungarisch Kolozsvár, rumänisch Cluj) als Kind einer der ältesten, vornehmsten und reichsten Siebenbürger Familien geboren. Er zählte erst anderthalb Jahre, als seine Mutter starb; der Vater heiratete nie mehr. (Wir erinnern uns an den vaterlosen Bàlint, den Vollwaisen László.) Miklós Bánffy verbrachte seine frühen Jahre nicht wie im Roman in Dénestornya. Diese Ortschaft mitsamt ihrem Namen ist erfunden. Die Beschreibung aber, die den fünften Teil dieses Romans eröffnet, die Schilderung des Schlosses, der Parklandschaft und der Wildnis im Überschwemmungsgebiet des Flusses Aranyos, passt auf den Sitz der Bánffys in Bonchida, nordöstlich von Klausenburg, sowie auf den Fluss Szamos. Gleiches gilt für die Kindheitserinnerungen, für die einsamen Streifzüge im Wald ebenso wie beispielsweise für die standesgemäß absolvierten Reitstunden und die widerspenstigen Ponys.
    Nicht autobiografisch ist das Bild des Gymnasiasten Abády im Theresianum in Wien. Dieses Element entlehnte Bánffy dem Lebenslauf des ihm lange nahestehenden, ebenso aus Siebenbürgen stammenden späteren Ministerpräsidenten Graf István Bethlen, dessen Gestalt auch sonst, namentlich im Bereich der Politik, das eine oder andere Motiv zur Hauptfigur des Romans beigetragen haben soll. Bánffy selber besuchte das Gymnasium in Budapest und studierte dann daselbst sowie in Klausenburg Rechts- und Staatswissenschaften, wie dies der Tradition seiner im öffentlichen Leben von jeher präsenten Familie entsprach. Der Student Bánffy leistete sich eine Zeitlang, so scheint es, wilde Abenteuer – Duell und Vergnügungen, zweifelhafte Wechselgeschichten und Spielschulden –, die später in seinen Roman bei der Schilderung der Jeunesse dorée Eingang finden sollten.
    Die von Bánffy erzählte »Siebenbürger Geschichte« umfasst zehn Jahre, die Zeitspanne von 1904 bis 1914, das letzte in Frieden verbrachte Jahrzehnt der österreichisch-ungarischen Monarchie. Mit Abádys Rückkehr in seine engere Siebenbürger Heimat setzt der Roman ein. Der junge Miklós Bánffy selber war kurz zuvor, 1901, wohl mit ähnlichen Gefühlen wieder nach Siebenbürgen zurückgekehrt. Zwar kam er, anders als Abády, nicht vom diplomatischen Dienst, aber doch von amtlichen Außenmissionen, die er zuerst in Fiume (Rijeka) und dann in Berlin erfüllt hatte. Im Roman bringt Bálint Abády den Gedanken der genossenschaftlichen Vereinigung aus Deutschland nach Siebenbürgen zurück und sucht ihn hier zu verankern. Im Leben von Abádys Schöpfer verhielt es sich dagegen so, dass bereits der Vater des Schriftstellers ein Anhänger der Genossenschaftsidee war und dass die erste Publikation des Sohns 1897 dem gleichen Thema galt.
    Was sollte er werden, Politiker oder Künstler? Vorerst war er überwiegend Politiker, und der Schriftsteller hatte das in der Folge nicht zu bereuen. Als liberaler, später parteiloser Abgeordneter im Parlament und von 1906 an namentlich als Obergespan (Präfekt) der Stadt und des Komitats Klausenburg gewann er jene Einblicke, ohne die der vorliegende Roman schwer vorstellbar wäre. Hintergründe und Niederungen der Landespolitik, Machenschaften und Winkelzüge der kleinen Provinzpotentaten, der eine oder andere rechtschaffene Beamte und nicht wenige korrupte Amtsinhaber, die schwierigen, verwickelten Verhältnisse des von drei Nationen – Ungarn, Rumänen und Deutschen (»Sachsen«) – bewohnten Siebenbürgen, dieser Erfahrungsschatz gehört als eine Komponente maßgeblich zur Substanz von Bánffys Werk.
    Die andere Komponente bildet das aristokratische Milieu, bilden die Hochadeligen, die seinen Roman bevölkern. Zeitgenössische Kritik kreidete Bánffy gelegentlich die gesellschaftlich einseitige Ausrichtung der Trilogie an, die Tatsache, dass die von ihm dargestellte Welt außer von den oberen Zehntausend allenfalls noch von armen Bergbauern bewohnt sei, dass aber Bürger und Arbeiter darin beinahe ganz fehlten.
    Der Befund, kein Zweifel, ist richtig, doch die Antwort, die manche auch seinerzeit schon gaben, liegt auf der Hand: Zum einen schilderte Bánffy sehr bewusst die Schicht, deren Handeln er vor dem Ersten Weltkrieg in erster Linie für den Zerfall der Monarchie verantwortlich machte. Und zum anderen beschrieb er jene Klasse, die er aus eigener Anschauung kannte und die, wie alle anderen Teile der Gesellschaft, aus Menschen mit ihren Freuden, Nöten
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