Die Schöpfungsmaschine
Vergeltungsschlag sofort ausgelöst wird.“
Carlohm zögerte eine Sekunde, dann nickte er seinen Stabsoffizieren zu. Innerhalb von dreißig Sekunden donnerte das gesamte strategische Raketenarsenal des Westens himmelwärts. Auf der Karte über ihnen erschienen jetzt feine Ketten aus leuchtend grünen Pünktchen. Sie ergänzten die Geschichte, die dort geschrieben wurde. Beide Seiten hatten alles in die Luft geschickt, was sie besaßen. Der Unterschied jedoch war, dass die längeren roten Linien, die jetzt den Grenzen ihrer Zielländer sehr nahe gekommen waren, kaum auf nennenswerten Widerstand stoßen würden.
„Der erste vorausberechnete Einschlag wird in New York erfolgen. Zeit bis zum Einschlag: zweiunddreißig Sekunden. Voraussichtliche Ziele sind weiterhin: Washington, Baltimore, Boston, Philadelphia, Montreal und Ottawa. An der Westküste: Los Angeles und San Franzisco. Flugbahnen der folgenden Raketen sind ebenfalls vorausberechnet. Wir erwarten, dass sie sich in unabhängige Sprengköpfe aufteilen werden.“
„Wie ist die Verteidigungslage?“ fragte Reyes Carlohm.
„Sie feuern alles ab, was sie haben. Die meisten Stellungen sind für die lokale Verteidigung nicht vorprogrammiert, da wir geplant hatten, die Abwehr über das Satellitensystem vorzutragen.“
„Wie ist die Lage jetzt?“ schrie Reyes.
„Das Objekt, das im Anflug auf New York gemeldet wurde, war ein unscharfer Lockvogel. Eine volle Salve von Abfangraketen wurde abgeschossen. Eine Rakete der zweiten Welle schwenkt jetzt auf dieses Zielgebiet ein. Der örtliche Verteidigungskommandeur meldet: Verteidigungskapazität erschöpft. Voraussichtliche Einschlagszeit: dreiundvierzig Sekunden.“
„O Gott!“ schrie jemand.
„Einschlag wird mit den ersten voraussichtlichen Einschlägen in Europa zusammenfallen. Weitere Lockvögel verursachen Unsicherheiten in unseren Berechnungen.“
„Lassen Sie mich damit in Ruhe“, schnappte Reyes. „Was ist mit der Rakete, die New York ansteuert?“
„Einschlagszeitpunkt in zweiundzwanzig Sekunden … zwanzig … fünfzehn … Kontakt unterbrochen!“
„Ja, zum Teufel …! Haben wir sie denn erwischt?“ Reyes war misstrauisch.
„Leider nein, Sir. Dort hatten wir keine Abwehrraketen mehr. Sie ist einfach … verschwunden.“ Als die Stimme sich wieder meldete, zitterte sie vor Aufregung. „Voraussichtliche Einschläge in Südeuropa verspätet … unsere Berechnungen werden nicht bestätigt. Der Kontakt zu den anfliegenden Raketen ist unterbrochen … Berechnungen für Washington, Baltimore, Philadelphia ebenfalls nicht bestätigt …“ Die Stimme wurde zu einem unkontrollierten Krächzen: „Keine Einschlagsmeldung aus San Franzisco …“
Überall auf der Karte hielten die roten Linien an, sobald sie sich ihrem Zielpunkt auf eine bestimmte Entfernung genähert hatten. Es war, als sei ein unsichtbarer Radiergummi vor der Küste von Amerika an der Arbeit. Der gleiche Vorgang wiederholte sich vor Europa, Australien und Japan. Die Angriffswellen wurden einfach weggewischt.
„Ihre Abwehr hat nichts damit zu tun?“ fragte Reyes ungläubig.
„Die hatte doch bereits alles abgefeuert, was ihr zur Verfügung stand“, antwortete Carlohm, der gleichfalls um seine Fassung rang. „Ich bezweifle, dass der Westen mehr als eine Handvoll flugfähiger Raketen übrigbehalten hat.“
„Dann war es die J-Bombe“, rief Foreshaw plötzlich aus. „Versteht ihr denn nicht, was diese verdammten Burschen getan haben? Sie haben die gesamte Raketenmacht des Ostens in die Luft gelockt, und jetzt löschen sie sie aus.“
„Nicht die gesamte Raketenmacht“, erinnerte ihn Carlohm. „Nur ihre Offensivwaffen. Vergessen Sie nicht, dass sie ihre Abfangraketen bisher nicht eingesetzt haben.“
Bald war das gesamte Netzwerk der roten Linien zur Unbeweglichkeit erstarrt. Die Enden der Linien bezeichneten die Stelle des weitesten Eindringens, bevor der letzte Sprengkopf vernichtet wurde. Nicht einer war über die Grenze eines Landes des westlichen Bündnisses vorgedrungen. Jetzt bewegten sich nur noch die grünen Ketten und krochen unaufhaltsam auf ihre Bestimmungsorte zu. Die vordersten, von US-Unterseebooten abgefeuert, waren ihren Zielen schon sehr nahe gekommen.
Inzwischen hatte sich Sherman von seiner Verzweiflung erholt und verfolgte wieder das Geschehen um ihn herum.
„Auf lange Zeit wird es keine Bedrohung für unsere Sicherheit mehr geben.“ Er wandte sich an Carlohm. „Unser Angriff hat jetzt seinen
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