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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord
Autoren: Jaclyn Reding
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bläuliche Haut zu frottieren begann. Sie knetete seine Ärmchen und Beinchen durch, massierte mit den Daumen seinen schwächlichen Brustkorb und flehte innerlich, er möge endlich den ersten, lebenspendenden Atemzug tun. Als sie trotz ihrer unablässigen Bemühungen schon fast die Hoffnung aufgeben wollte, ließ das Kind auf einmal ein Gurgeln vernehmen, hustete kümmerlich und begann zu schreien. Es war ein schwaches Quäken, das aber bald lauter wurde. Ein schönerer Laut war nicht vorstellbar. Mary gestattete sich ein erleichtertes Aufatmen. »Es ist ein Junge, Mylady, ein wunderschönes Knäblein!«
    Langsam hellte ein Lächeln Catherines Gesicht auf, während Mary ihr vorsichtig das Kind auf den Bauch legte.
    Plötzlich flog auf der anderen Zimmerseite die Tür auf, und der Teufel höchstpersönlich stand im Raum; seine schwarzgekleidete Gestalt bildete eine unheilvolle Silhouette im Fackelschein, der vom Korridor hinter ihm hereinfiel.
    »Ein Junge, sagst du, Schottenweib? Lady Catherine hat einem Erben das Leben geschenkt?«
    »Ja, Mylord«, antwortete Mary und senkte den Kopf, um ihn nicht ansehen zu müssen, während sie die Nabelschnur durchtrennte und das Kind abnabelte. Schon als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, an jenem Tag, als er so unerwartet erschienen war, um dem Gutsherrn, seinem Großonkel, einen Besuch abzustatten, hatte Mary die Aura von Bosheit verspürt, die ihn wie ein schwarzer Umhang umgab. Hinter seinen höflichen Worten und dem verbindlichen Lächeln lauerte ruchloseste Herzlosigkeit.
    Mary wickelte das Kind ein und legte Catherine das schreiende Bündel in die Arme.
    »Gratuliere, Catherine«, verkündete er und trat näher, aber das böse Funkeln in seinen dunklen Augen sprach diesen Worten Hohn. »Es will den Anschein haben, als sei dein Ehemann, mein Großonkel, vor seinem Ableben seiner Pflicht nachgekommen, indem er einen Erben seines Blutes gezeugt hat.« Dann schnappte er sich das quäkende Bündel aus Catherines Armen und hielt das Kind hoch, um es zu begutachten; dabei ließ er ungefähr soviel Umsicht walten wie bei einem Welpen. »Allerdings sieht er blaß aus, bestimmt, weil diese Schottin seine Geburt so elend lange hinausgezögert hat. Ich werde das Kerlchen jetzt sofort zu seiner Amme bringen, bei der soll er sich nach Leibeskräften laben; schließlich wollen wir, daß ein starker, gesunder Junge aus ihm wird.«
    Er wandte sich Richtung Tür. Mary lief hinter ihm her. »Nein, Mylord, das Kind braucht jetzt seine Mutter und...«
    Aber er war schon fort. Mit einem Krachen fiel die Tür hinter ihm ins Schloß, so daß sie ihm nicht folgen konnte. Aufge-wühlt und unentschlossen stand Mary da, als sie von Catherine ein plötzliches Stöhnen vernahm. Es klang nicht nach Erschöpfung oder nachlassendem Schmerz, vielmehr war es ein Stöhnen, das Überraschung ausdrückte.
    Eilig trat sie wieder ans Bett. »Mylady?«
    »Der Schmerz«, brachte Catherine mühsam hervor. »Er fängt wieder an, Mary. Er ist wieder sehr stark und nimmt noch zu.«
    »Das sind die Nachwehen, Mylady. Ich muß Ihnen noch die Nachgeburt herausholen, dann werde ich Ihnen etwas Wasser zum Trinken besorgen, damit Sie Kühlung finden, während ich den Heiltee zubereite.«
    Mary wischte sich die Hände an der Schürze ab und trat wieder zwischen Catherines Beine. Ihr stockte der Atem, als sie das helle, frische Blut sah, das aus Catherines Körper sickerte und sich rasch auf den Bettlaken ausbreitete. Mary warf die Decken beiseite und griff nach einem Tuch, das sie gegen sie drückte in dem vergeblichen Versuch, den Blutfluß zu hemmen. Gegen eine solch heftige Blutung würden auch ihre Tinkturkompressen nichts ausrichten können. Dies war keine Blutung, wie sie bei einer Geburt normal war; hierbei handelte es sich um Catherines eigenes, lebensnotwendiges Blut.
    Mit Schrecken dachte Mary an das, was unweigerlich bevorstand, und versuchte, ihre Angst davor zu verdrängen. Catherine schrie plötzlich auf und krümmte sich, bis sie beinahe aufrecht im Bett saß, während sie ihren Bauch umklammerte. »Oh ... Mary ... der Schmerz ... er wird immer stärker ...« Mary drückte sie sanft auf das Bett zurück und zog das Tuch fort. Dort war ein kleiner Kopf zu sehen. »O du lieber Himmel, Mylady, da kommt ja noch ein Kind!«
    Geschwind legte Mary ihre Hand unter das Köpfchen, das sich beinahe von allein herausschob, ungleich rascher als das andere. Innerhalb weniger Momente war das Baby heraus und schrie auch
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