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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord
Autoren: Jaclyn Reding
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schon, ungestüm wie ein Herbststurm. Vor-sichtig hob Mary das Kind hoch und weinte vor Erstaunen. »Es ist ein Mädchen, Mylady. Ein kleines Mädchen mit dunklen Haaren, genau wie Ihre.«
    Mary nabelte das Baby ab und wickelte es in eines der Laken von Catherines Bett, bevor sie es der Mutter brachte. »Sie ist eine echte Schönheit, Mylady, wirklich. Ein süßes kleines Mädchen.«
    »Mary? « Catherines Augen waren geschlossen, ihr Atem ging nur noch flach. Ihre Stimme war so schwach geworden, daß Mary sie kaum verstehen konnte.
    »Ja, Mylady?«
    »Du mußt mir zuhören. Bitte.« Langsam und mühselig holte sie ein wenig Luft. »Er weiß nicht, daß es zwei Babys sind. Er darf es nie erfahren. Er wird das andere an sich nehmen, meinen Sohn, und ihn noch heute nacht umbringen.« Catherine hielt inne und rang um Atem, um Kraft zum Weitersprechen zu schöpfen.
    »Nein, Mylady. So etwas kann er nicht...«
    »Mary, bitte höre mir gut zu. Ich liege im Sterben, das spüre ich. Aber ich habe keine Angst. Ich komme zu meinem Charles in die andere Welt, doch du mußt mir versprechen ...«
    »Ja, Mylady, alles.«
    »Du mußt mir versprechen ... daß du dich ihrer annimmst... meiner Tochter. Zieh sie groß ... beschütze sie ... vor ihm ... denn er würde sie auch ... umbringen ... wenn er wüßte, daß sie am Leben ist.«
    Ein hilfloses Flackern trat in Catherines Augen.
    »Nein, Mylady, bitte sagen Sie so etwas nicht. Öffnen Sie die Augen. Sehen Sie sich Ihr Mädchen an, Mylady. Sie ist Ihre süße Tochter.«
    Ganz kurz öffneten sich Catherines Augen, gerade lang genug, daß sie ihr Baby ansehen konnte, und ein schwaches Lächeln huschte über ihren Mund. Aber ihre Lippen verloren bereits jede Farbe, und ihr Gesicht war erschreckend bleich. Sie hob eine Hand, um sanft das gesunde rosafarbene Gesicht ihrer Tochter zu berühren. »Sie ist wunderschön, Mary ... und sie gehört jetzt dir ... für mich gibt es keine Hoffnung mehr ... er würde mich umbringen, wenn ich diese Nacht überleben sollte ... es ist besser so ... daß er die Wahrheit nicht erfährt... über sie ... bitte ... bitte versprich mir nur ... versprich mir, ihr meinen Namen zu geb-«
    Catherines Kopf sackte zur Seite, und ihrer Brust entrang sich ein letzter Atemzug, bevor Stille eintrat. Eine einzige Träne lief ihr über die bleiche Wange und verschwand hinter ihrem Ohr.
    Sie war tot. Endlich war Lady Catherine mit ihrem geliebten Charles wieder vereint. Unvermittelt senkte sich eine Stille über das Zimmer, eine friedliche Ruhe, die voll seltsamer und wunderbarer Traurigkeit war. Mary blinzelte durch ihre eigenen Tränen hindurch und sah, daß das Bettzeug unter Catherines Körper jetzt mit ihrem Blut vollgesogen war. Das Baby lag noch in den leblosen Armen seiner Mutter und blickte zu Mary auf, mit Augen, die tiefblau wie ein Sommerhimmel waren, genau wie die ihrer Mutter, als sollte so den letzten Worten Catherines Nachdruck verliehen werden.
    »Was soll ich tun?« sagte Mary leise und traurig zu ihr.
    Das Baby gluckste und ließ dann ein ungeduldiges Quäken vernehmen.
    Mary betrachtete es, wie gelähmt vor Unschlüssigkeit. Niemand wußte von dem Mädchen, niemand außer Mary. Wenn sie es dem Teufel überließe, würde das Kind nie von seiner Mutter erfahren, würde nie wissen, was für eine außergewöhnliche Person sie war, und wie sehr sie geliebt worden war. Mary dachte an Catherines Worte, ihre Prophezeiung darüber, was dieser Mann mit ihrem Sohn anstellen würde. Wenn sie recht hatte, wenn er den Jungen in dieser Nacht umbrächte, würde das gleiche Schicksal ihrer Tochter drohen, es sei denn...
    Auf einmal rutschte Catherine die Hand von der Brust herab und baumelte schließlich über der Bettkante. Mary fiel etwas Glänzendes auf, das im flackernden Kerzenlicht schimmerte, und sie griff danach. Catherines leblose Finger umschlossen eine Kette aus gewundenem Gold, von der ein Medaillon herabhing, das im Schein des Feuers aufglänzte. Catherines erstes und zugleich letztes Geschenk für ihre neugeborene Tochter.
    Und in diesem Augenblick wußte Mary, was sie zu tun hatte.

Kapitel 1
    Ein Mensch kann nicht verlieren, was er nie besessen bat.
    Izaak Walton, Die Kunst des Angelns
    19. Februar 1815 White ’s Club, St. James Street, London
    Lord Robert Edenhall runzelte die Stirn, während er sich durch die Eingangstür einen Weg in den Club bahnte. Das Gewirr zahlreicher miteinander konkurrierender Stimmen bildete einen gleichmäßigen
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