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Die schöne Rächerin

Die schöne Rächerin

Titel: Die schöne Rächerin
Autoren: Celeste Bradley
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Politikstunden war ihr vieles klar geworden, und die einzelnen Versatzstücke hatten sie zu großen Anstrengungen angespornt, das, was sie bereits wusste, in den richtigen Zusammenhang zu bringen.
    Wadsworth war in der Tat ein schmutziger Verräter gewesen, der Anführer einer Verschwörerbande, die als die ›Ritter der Lilie‹ beziehungsweise Fleur-de-lis bekannt waren, in Anspielung auf die Lilie, die das Emblem des französischen Königshauses darstellte. Die Gruppierung war schon vor Jahren ausgehoben worden, Jahre bevor Rose im Haus Wadsworth erschienen war, doch Wadsworth selbst war aus politischen Erwägungen unangetastet geblieben. Unangetastet, aber nicht unbeobachtet.
    Doch der böse Mr. Edward Wadsworth war inzwischen tot; von Lord Etheridge höchstpersönlich getötet worden, als er seine geliebte Clara gerettet hatte.
    Rose wollte wie Clara sein, mehr als alles andere auf der Welt. Clara hatte eine Mission, einen Lebenszweck. Ihr künstlerisches Talent hatte der Witwe nicht nur den Lebensunterhalt gesichert, sondern ihr einen Weg eröffnet, der feinen Gesellschaft den schönen Schleier vom Gesicht zu rei ßen und jene zu verteidigen, die sich nicht selbst verteidigen konnten.
    Einen Ehemann zu haben, der verrückt nach einem war, war auch nicht das Schlechteste. Lord Etheridge war der aristokratischste Mensch, der Rose je begegnet war, aber sie machte es ihm nicht zum Vorwurf. Niemand, der derart liebte, konnte wirklich schlecht sein. Seltsam, die Risse in der Rüstung eines Menschen sagten einem manchmal mehr als seine Stärken.
    Rose war auf sein Drängen hin aus dem Hause Wadsworth geflohen und hatte bei der warmherzigen, großzügigen Lady Raines Zuflucht gefunden.
    Als sie vor neun Monaten zaghaft am Dienstboteneingang des schönen Hauses geklopft hatte, hatte sie auf nicht mehr als eine Mahlzeit hoffen können oder vielleicht auf eine Stelle als Küchenmädchen, wo man sie nicht allzu schwer arbeiten lassen und allzu schlecht füttern würde.
    Man hatte sie schon innerhalb der ersten Stunde willkommen geheißen, ihr zu essen gegeben und sie befragt. Agatha Raines hatte sie eingehend begutachtet und ein paar besondere Fragen gestellt, bevor sie erfreut in die Hände geklatscht hatte. »Sie passen wirklich ganz hervorragend«, hatte sie verkündet.
    Innerhalb weniger Tage hatte Rose auf dem Speicher der Schule ihr eigenes gemütliches Zimmer bezogen und sich in die Obhut diverser sonderbarer Lehrer begeben. Kurt natürlich, der sie im Nahkampf und im Umgang mit Waffen ausbildete. Feebles brachte ihr das Einmaleins des Taschendiebstahls bei. Button instruierte sie in Kostümkunde und Verkleidung und zeigte ihr, wie sie durch Beobachten und Nachahmen in praktisch jede Rolle schlüpfen konnte. Der scheue, ernste Fisher drillte sie im Codieren und Kartenzeichnen. Lady Raines brachte ihr bei, wie sie sprechen und sich bewegen musste, um in jedweder gesellschaftlichen Schicht zurechtzukommen.
    Rose hatte sich von der Freundlichkeit um sie herum völlig mitreißen lassen und alles daran gesetzt, sich in jeder Hinsicht zu verbessern, welch sonderbare Ansinnen die Lehrer auch an sie stellten.
    Rose fühlte sich, als sei sie eine ausgetrocknete, sterbende Pflanze gewesen, der plötzlich so viel Wasser und Pflege zuteil wurde, wie sie sich nur wünschen konnte. Sie richtete sich auf - sie wuchs - und hätte sie zur Freude ihrer Wohltäter Blüten treiben können, sie hätte es getan.
    Jetzt holte sie tief Luft, nahm ihre Pistole zur Hand und ließ sie prompt wieder fallen. Sie konnte Kurts missmutiges Grunzen quer durch die ganze Arena hören. Sie zuckte entschuldigend die Achseln.
    Ups.
    Collis hängte sich ein Handtuch über die Schultern, sah Rose dabei zu, wie sie mit ihrer Pistole herumfuchtelte und schnaubte mitfühlend. Er wusste, wie verlegen Ungeschicklichkeit einen machen konnte. Sein linker Arm würde nie mehr gut werden, und er geriet immer noch aus dem Gleichgewicht, weil er ihn nicht benutzen konnte. Daher die Pleite beim Nahkampf. Aber er würde besser werden. Er brauchte nur Zeit.
    Vielleicht.
    Er sah unangenehm berührt weg. Vielleicht.
    Er selbst brauchte nicht am Waffenkundeunterricht teilzunehmen. Er war auf dem Anwesen der Etheridges groß geworden, wo er zum Spaß geschossen hatte. Er kannte seine Pistolen in- und auswendig.
    Er rieb geistesabwesend die Schulter seines toten Arms. Obwohl er von der Schulter abwärts nichts fühlte, schmerzten die Muskeln am Gelenk genauso heftig wie der
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