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Die schöne Rächerin

Die schöne Rächerin

Titel: Die schöne Rächerin
Autoren: Celeste Bradley
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davon gehört. Mein letztes Opfer hat mich als seinen Gast mit hier reingenommen, aber erst, als der Spaß schon vorbei war. Kann nicht sagen, dass es mir leidtäte, das versäumt zu haben. Warum sollte ein Mädchen wohl mit einer Schlange tanzen wollen?«
    »Aus demselben Grund, aus dem es mit dir tanzen würde, würde ich vermuten.«
    Das hatte Collis zu dessen Erleichterung endlich einen Lacher eingetragen. Ethan hatte nicht so ausgesehen, als ginge es ihm sonderlich gut. Collis hatte ihn lange nicht mehr gesehen.
    Ethan und ihn verband eine lange gemeinsame Geschichte. Sie hatten ihre Schulzeit damit verbracht, sich mit Fäusten und witzigen Einfällen in Schwierigkeiten und wieder herauszubringen. Aber im Gegensatz zu Collis war Ethan nicht hochwohlgeboren. Er war der jüngste Sohn eines mürrischen Seehandelskaufmanns, der seinen respektlosen Jüngsten für ungeeignet befunden hatte, auch nur einen Teil des Geschäfts zu erben. Also hatte er ihm eine Ausbildung ermöglicht und ihn dann davongeschickt, auf dass er sich allein durchschlug. Und das hatte Ethan auch getan.
    Ethan war ein Meister des Kartenspiels. Ein Betrüger, sicher, aber der feinste, umgänglichste, reizvollste Betrüger in ganz London. Die reichen Männer von Rang konnten ihm nicht widerstehen. Es war zu einem gesellschaftlichen Statussymbol geworden, gegen den »Diamond« zu spielen. Er schröpfte nur die Mächtigen und nahm nur so viel mit, wie es brauchte, seinen angenehmen Lebensstil zu finanzieren.
    Ethan im Spiel zu haben hieß, die hohe Kunst des Kartenspiels zu erleben. Ethan hätte einem angehenden Lord, der noch zu jung war, um seine Klasse zu erkennen, nie den Familienbesitz abgenommen. Er spielte auch nicht mit den Verzweifelten, die ihre verlorenen Vermögen zurückgewinnen wollten. Er war ein überaus moralischer, ehrenwerter Betrüger. Und was am wichtigsten war, dass er betrog, war ihm nie nachzuweisen.
    Collis hätte nie gegen ihn gespielt.
    Aber aus dem flotten, gut aussehenden Burschen, den Collis gekannt hatte, war ein abgestumpfter, der Welt überdrüssiger Mann geworden, auch wenn er nicht älter war als Collis. Ethans Augen waren leer und die Handgriffe, mit denen er mit den Karten spielte, mechanisch.
    »Wie geht es dir dieser Tage, Damont?«, fragte Collis nach vorne gebeugt. »Wirklich, meine ich.«
    Ethan sah ihn nicht einmal an. »Besser als dir.«
    Collis lehnte sich schnaubend und vor den Kopf gestoßen wieder zurück. »Stimmt. Du hast wenigstens noch beide Flügel.«
    »Genau so ist es. Voll befiedert, aber nichts, wo ich hinfliegen könnte.«
    Die Worte waren leise, fast unhörbar, aber sie dröhnten in Collis’ Kopf wie ein Glockenschlag. Ein intelligenter, gerissener, abenteuerlustiger Bursche wie Ethan sollte keinen Platz haben, wo er hinkonnte? Collis packte die Aufregung. Oh, sein Freund war im richtigen Club gelandet!
    Doch ohne die Angelegenheit zuerst mit Dalton zu klären, konnte Collis nichts tun, also hatte er sich von seinem Freund dessen derzeitige Adresse geben lassen und hatte ihn fröhlich verabschiedet. Die Rekrutierung war zwar nicht Sache der Schüler, aber die Gelegenheit war einfach zu brillant, um sie ungenutzt zu lassen.
    Zugegebenermaßen hatte Collis sich gestern Abend mit Ethan nicht besonders wohl gefühlt. Die Anwesenheit des alten Freundes brachte zu viele Erinnerungen zurück. Collis hatte an den Jungen denken müssen, der er einst gewesen war, an den Mann, zu dem er für eine Weile geworden war … bis zu jenem Tag auf dem Schlachtfeld, als ein Kanonenschuss ihn vom Pferd gerissen, ihm ein paar Rippen gebrochen und seinen linken Arm derart zertrümmert hatte, dass man die Lage für hoffnungslos erklärt hatte und amputieren wollte.
    Wäre da nicht jener aufmerksame Chirurg gewesen, der den Puls an seinem linken Handgelenk für ausreichend kräftig befunden hatte und den Arm hatte richten lassen, Collis hätte tatsächlich einen seiner Flügel verloren.
    Doch dass der Arm geheilt war, hieß nicht notwendigerweise, dass alles wieder in Ordnung war. Seine Soldatentage waren jedenfalls so schnell vorüber gewesen, wie sie begonnen hatten. Kein Krieg mehr, keine Schlachten mehr, keine Musik mehr -
    Denk nicht darüber nach. Denk an den heutigen Tag, an diese Arbeit.
    Es war eine ehrenvolle Arbeit oder würde es zumindest sein, sobald er ein echter Liar war. Er konnte es nicht erwarten.
    Auf den wenigen Missionen, an denen er teilgenommen hatte, war er noch keine richtige Einsatzkraft
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