Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
er, als ob er dessen Indiskretion auf diese Weise verringern könnte. »Mein Pate, Armand Vandoosler. Er wohnt hier.«
    »Er sagt gern zu allem seine Meinung«, murmelte Lucien.
    »Schluß jetzt, Lucien«, sagte Marc. »Du hältst die Klappe, das war vereinbart.«
    Vandoosler machte lächelnd eine beschwichtigende Handbewegung.
    »Reg dich nicht auf«, sagte er. »Lucien hat ganz recht. Ich sage gern zu allem meine Meinung. Vor allem, wenn ich recht habe. Er macht das übrigens auch gern. Selbst wenn er nicht recht hat.«
    Marc, der noch immer stand, gab seinem Onkel mit einem Blick zu verstehen, daß es besser wäre, jetzt zu gehen, und daß er in diesem Gespräch nichts verloren hätte.
    »Nein«, sagte Vandoosler und sah Marc an. »Ich habe meine Gründe, hierzubleiben.«
    Sein Blick verharrte kurz auf Lucien, dann auf Mathias und auf Sophia Simeonidis und kehrte schließlich zu Marc zurück.
    »Du solltest ihnen besser die Sache erklären, wie sie ist, Marc«, meinte er lächelnd.
    »Das ist jetzt nicht der richtige Moment. Du nervst«, sagte Marc leise.
    »Für dich wird es nie einen richtigen Moment geben«, entgegnete Vandoosler.
    »Dann red doch selbst, wenn dir soviel daran liegt. Es ist deine Scheiße, nicht meine.«
    »Jetzt reicht’s!« unterbrach ihn Lucien und fuchtelte mit seinem Holzlöffel herum. »Der Onkel von Marc ist ein ehemaliger Bulle, und das war’s auch schon! Wir werden doch nicht die ganze Nacht damit zubringen, oder?«
    »Woher weißt du das?« fragte Marc, während er sich mit einem Ruck zu Lucien umdrehte.
    »Oh... ein paar kleine Beobachtungen, während ich im Dachstuhl gearbeitet habe.«
    »Offenbar schnüffeln hier alle«, sagte Vandoosler.
    »Man ist doch kein Historiker, wenn man nicht schnüffeln kann«, antwortete Lucien achselzuckend.
    Marc war außer sich. Wieder so ein verdammter Ärger. Sophia saß aufmerksam und ruhig da, genau wie Mathias. Sie warteten.
    »Zeitgeschichte scheint ja wirklich ein hübsches Fach zu sein«, sagt Marc langsam. »Und was hast du noch so herausgefunden?«
    »Kleinkram. Daß dein Patenonkel bei der Drogenfahndung war und beim illegalen Glücksspiel...«
    »... und siebzehn Jahre lang Kommissar bei der Kripo«, fuhr Vandoosler ruhig fort. »Daß man mich rausgeworfen und degradiert hat. Degradiert, ohne einen Orden – nach achtundzwanzig Dienstjahren. Kurz: Rüge, Schimpf und Schande und öffentliche Mißbilligung.«
    Lucien nickte langsam mit dem Kopf.
    »Das ist eine gute Zusammenfassung«, sagte er.
    »Phantastisch«, knurrte Marc mit zusammengebissenen Zähnen und starrte Lucien an. »Und warum hast du nichts davon gesagt?«
    »Weil’s mir scheißegal ist«, erwiderte Lucien.
    »Na, Klasse. Dich, Onkel, hat niemand darum gebeten, herunterzukommen oder zu lauschen, und dich, Lucien, hat niemand gebeten zu schnüffeln und erst recht nicht, dich hier darüber zu verbreiten. Das hätte warten können, oder?«
    »Eben nicht«, erwiderte Vandoosler. »Madame Simeonidis braucht euch in einer heiklen Angelegenheit, da ist es besser, wenn sie weiß, daß ein ehemaliger Bulle im Dachstuhl haust. Jetzt kann sie ihr Angebot zurückziehen oder fortfahren. Das ist fairer.«
    Marc sah Mathias und Lucien herausfordernd an.
    »Na, Klasse«, wiederholte er noch lauter. »Armand Vandoosler ist ein verkommener Ex-Bulle. Aber immer noch Bulle und immer noch verkommen, da könnt ihr Gift drauf nehmen. Und er arrangiert sich immer mit der Justiz und dem Leben. Bloß schlägt das manchmal auch zurück.«
    »Meistens schlägt es zurück«, stellte Vandoosler klar.
    »Und damit habe ich noch nicht alles gesagt«, fuhr Marc fort. »Macht jetzt daraus, was ihr wollt. Aber ich warne euch, er ist mein Pate, und er ist mein Onkel. Der Bruder meiner Mutter, also da gibt’s nichts zu diskutieren. Das ist so. Und wenn ihr die Baracke nicht mehr wollt...«
    »Die Bruchbude«, sagte Sophia Simeonidis. »So wird sie hier im Viertel genannt.«
    »O. k.... Wenn ihr die Bruchbude nicht mehr wollt, weil der Pate auf seine ganz persönliche Art und Weise Bulle war, dann braucht ihr euch nur zu verziehen. Der Alte und ich werden schon allein zurechtkommen.«
    »Warum regt er sich denn so auf?« fragte Mathias mit seinen immer noch ruhigen blauen Augen.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Lucien und zuckte mit den Achseln. »Er ist so ein Nervöser, so ein Phantasievoller. So sind sie halt im Mittelalter, weißt du. Meine Großtante hat in den Schlachthöfen von Montereau gearbeitet,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher