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Die schöne Betrügerin

Die schöne Betrügerin

Titel: Die schöne Betrügerin
Autoren: Celeste Bradley
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Haus ausschließlich bestes Personal beschäftigte. »Ich -«
Zu hoch und zu mädchenhaft, verdammt noch mal!
Sie räusperte sich. »Ich komme wegen des Vorstellungsgesprächs.«
    »Hm.« Der Butler zuckte die Achseln und warf ihr einen säuerlichen Blick zu. Er trat zurück und hielt die Tür auf. »Also, treten Sie ein. Oder soll das Wetter gleich mit hereinkommen?«
    Phillipa trat hastig über die Schwelle und zuckte zusammen. Nach kaum einer Stunde als Mann wusste sie, dass das Schlimmste am Hosentragen die Reibung an… ehm… den Schenkeln war. Das Zweitschlimmste war die Tatsache, dass sie als Mann bei weitem zu überzeugend aussah.
    Früher war sie stolz auf ihre gertenschlanke Figur gewesen, doch die vergangenen Monate arger Armut hatten sie so dünn werden lassen, dass man sie nur noch als furchtbar abgemagert bezeichnen konnte. Die geborgte Hose und der Gehrock passten nicht richtig, und die Weste strotzte so von Stecknadeln, dass sie kaum die Arme bewegen konnte, ohne sich zu stechen. Sie strich mit einer Hand den Gehrock glatt und spürte Papier knistern. Ah, ja. Die Anzeige, deretwegen sie heute hergekommen war, steckte in der Tasche.
    »Hauslehrer für einen Jungen von etwa neun Jahren gesucht
«, stand da zu lesen.
»Der geduldige und liebenswürdige Gentleman möge sich bei Mr. James Cunnington bewerben, 28 Ashton Square, London

    James Cunnington.
    Ein vertrauter Name, den sie in den Unterlagen ihres Vaters gelesen hatte. »
James Cunnington genau im Auge behalten.«
Sie hatte keine Ahnung, was ihr Vater damit meinte. Deshalb hatte sie gestern Abend das Haus beobachtet. Deshalb war sie hier, in geborgten Männerkleidern, die ungefähr so gut zu ihr passten wie das fremde Geschlecht. Sie wusste, dass sie seltsam aussah, doch sie hoffte, man würde es als die Nachlässigkeit eines Gelehrten auffassen. Schließlich konnte man von einem jungen Mann, der sich um eine Stelle als Hauslehrer bewarb, nicht erwarten, dass er in Modefragen ein Trendsetter war.
    Trotzdem war es ein ziemlicher Schlag, als sie in der glänzenden Oberfläche des Foyer-Tisches einen Blick auf sich erheischte und bestürzt feststellen musste, dass sie einen recht überzeugenden Mann abgab. Ein dünner, schlecht gekleideter Bursche mit ausgehungerten, knochigen Gesichtszügen – ein absolutes Neutrum.
    Offenkundig hatte sie ihr gutes Aussehen eingebüßt.
    Gestern war ihr die Idee noch viel besser erschienen. Als sie das Stellenangebot in ihrer Hand angestarrt hatte, hatte eine Art Wahn sie befallen.
    Sie war auf der Suche nach einer Stelle als Gouvernante und war gerade wieder abgelehnt worden. Für eine junge Frau ohne vorweisbare Referenzen und Berufserfahrung war es schwer, eine Stelle zu finden, die Verantwortung für junge Ladys mit sich brachte. Die Dienstboten-Agenturen Londons hatten aus diesem Grund die Finger von ihr gelassen.
    Es war die letzte Stellenanzeige für einen Gouvernantenposten gewesen, die letzte Chance, einer noch minderen Stelle aus dem Wege zu gehen. Nicht, dass sie zu stolz dazu gewesen wäre, nicht bei diesem Maß an Verzweiflung. Sie hätte alles getan, um zu überleben und herauszufinden, ob Papa noch am Leben war.
    Es gab keine andere Wahl mehr. Also hatte Phillipa die drei Tage alten Zeitungen unter der Matratze herausgeholt und alle Seiten durchsucht. Sie hatte ihre frühere Lieblingsbeilage, die »Voice of Society«, ohne sonderliches Interesse überflogen. Seit die »Voice of Society« nicht mehr über Griffin schrieb, Englands Gentleman-Spion, hatte Phillipa das Vergnügen an Klatschgeschichten verloren.
    Hätte sie sich nur an jemanden wie diesen Griffin wenden können… doch sie hatte nur sich selbst. Sie musste jetzt ihre eigenen Wege gehen. Gab es für eine junge Frau mit den verschiedensten, wenn auch schlecht zu vereinbarenden Fähigkeiten da draußen irgendeine Arbeit?
    Dann hatte sie den Namen gesehen.
James Cunnington.
Ihr Blick war über die Zeile gewandert, hatte sich an einem Erinnerungsfetzen verfangen und war zurückgekehrt. Sie hatte den Finger leicht über die Worte auf dem Zeitungspapier gleiten lassen. Wo hatte sie diesen Namen schon einmal gelesen?
    Nach kurzer Überlegung war sie aus dem Bett gestolpert, in das sie sich vor der Kälte und der Feuchtigkeit geflüchtet hatte. Mit einem Ächzen und einem Ruck hatte sie das Bettgestell ein Stück nach links gezogen – gerade genug, um dahinter in die Knie gehen zu können. Dann hatte sie den fadenscheinigen Teppich
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