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Die schöne Betrügerin

Die schöne Betrügerin

Titel: Die schöne Betrügerin
Autoren: Celeste Bradley
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»Danke, Denny« – deutete Cunnington auf den dick gepolsterten Sessel gegenüber von seinem Fauteuil. »Ich fürchte, die Anzeige war nicht gerade informativ.« Er wirkte fast kleinlaut. »Ich habe so etwas noch nie gemacht.«
    Phillipa folgte der Handbewegung, mit der er sie aufforderte, Platz zu nehmen, und war hingerissen. Er zeigte nicht nur keine Anzeichen, dass er sie mit gestern Abend in Verbindung brachte, sondern schien zudem ein Mann zu sein, der offenbar keine Ahnung hatte, wie man einen potenziellen Hauslehrer befragte. Welch ein Glück.
    »Wir hatten einige Bewerber, die einfach wieder gegangen sind, als sie erfahren haben, dass ich ein allein stehender Gentleman ohne ersichtlichen Rückhalt bin und jemanden anstellen will, der einen mit mir im Haus lebenden unwissenden Gassenjungen unterrichtet.«
    Er nahm hinter seinem massiven Schreibtisch Platz und wartete augenscheinlich auf eine Reaktion.
    Sie nickte und räusperte sich.
Sprich tief.
»Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, Mr. Cunnington. Im Gegenzug sollte ich Sie vielleicht darüber informieren, dass ich bei den letzten vier Vorstellungsgesprächen auf Grund meiner Jugend, meiner Unerfahrenheit und des völligen Mangels an Referenzen abgelehnt wurde.«
    Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und ahmte ihn nach, indem sie die Beine übereinander schlug, obwohl sich der Hosenstoff an ihren Oberschenkeln rieb und sie sich zusammennehmen musste, um sich nicht zu winden. Sie musste sich ein paar Unterhosen besorgen – und zwar bald.
    Cunnington neigte den Kopf zur Seite. »Mögen Sie Kinder?«
    Sie zögerte. Ehrlich gesagt, kannte sie keine. »Das kommt auf das Kind an. Nicht alle, sicherlich.«
    »Und wie halten Sie es mit der Disziplin?«
    »Generell bin ich dafür. Andererseits hängt die Bestrafung vom Vergehen ab.«
    »Aha. Interessant, aber ausweichend. Was würden Sie tun, wenn Ihr Schützling, sagen wir… einen Apfel vom Baum des Nachbarn stiehlt? Würden Sie ihm die Rute geben?«
    Phillipa versuchte sich auszumalen, wie sie als Kind darauf reagiert hätte. »Nein, das würde vermutlich keinen Erfolg zeigen. Er würde nur losmarschieren und sich noch einen holen. Einfach nur, um zu beweisen, dass er sich nicht vor mir fürchtet. Vielleicht wäre es angemessener, wenn er einen Tag lang in der Küche des Nachbarn beim Apfelschälen hilft?«
    Cunnington grinste. »Das wäre vielleicht ein Anblick! Falls es in London eine Küche gibt, in der er es aushalten könnte.« Er sah sie eine Zeit lang an. Sie weigerte sich, trotz aller Nervosität, zu zappeln und herumzurutschen.
    »Hm. Was haben Sie anstelle von Erfahrung und Referenzen vorzuweisen?«
    Zumindest diese Antwort hatte sie gut eingeübt. »Latein, Botanik, Geografie, Tanz, Manieren und Sitte, et cetera. Mit anderen Worten: alles, was… ein junger Gentleman wissen sollte.«
    Sein Mund zuckte. »Latein und Botanik, aha.«
    Er glaubte ihr nicht. Sie würde diese Stelle, die ihre letzte Chance war, nicht bekommen. Ihr Magen protestierte, und ihr Verstand war wirr.
    »Ich spreche sieben Sprachen«, platzte sie verzweifelt heraus. Es war fast wahr. Sie fluchte fließend in sieben Sprachen. In all den Ländern, die sie mit ihrer Familie während der letzten zehn Jahre bereist hatte, hatte sie den streitsüchtigen Pförtnern immer genau zugehört. Mr. Cunnington stand auf. »Ich denke, Sie sollten mein Mündel kennen lernen, bevor Sie mir noch weitere Wunder versprechen, Mr. Walters.«
    Er durchquerte den Raum, ging an ein Fenster, das auf den rückwärtigen Garten hinausging, und riss es weit auf. »Robbie«, schrie er. »Komm her und schau dir deinen neuen Hauslehrer an!«
    Phillipas Knie drohten nachzugeben. Sie war engagiert?
    Es war ihr egal, ob ihr Schüler ein Kletteraffe war, sie würde ihm alles beibringen, was er wissen musste, wenn es ihr nur half, ihr früheres Leben wiederzuerlangen. Sie stand auf, wandte sich zur Tür und wartete darauf, dass der Junge eintrat. Sie durfte ihn nicht auf dem falschen Fuß erwischen. Wenn der Junge sehr verwöhnt war, würde Mr. Cunnington sie möglicherweise ihre Sachen zusammenpacken lassen, falls das Kind es verlangte.
    Das Rascheln von Zweigen und ein Getrappel am Fenstersims veranlassten sie, sich wieder umzudrehen. Ihre Augen weiteten sich, als eine kleine verdreckte Gestalt von draußen durch das Fenster geklettert kam. Nachdem er sich ein wenig abgeklopft hatte, was, soweit Phillipa sehen konnte, kaum etwas bewirkte, schaute der Junge sie
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