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Die schöne Ballerina (German Edition)

Die schöne Ballerina (German Edition)

Titel: Die schöne Ballerina (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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auf.
    In möglichst neutralem Ton sagte sie: »Dann kann vielleicht dein Onkel mit dir kommen. Wenn es ihm morgen nicht passt, soll er mich bitte anrufen. Meine Telefonnummer findet er im Telefonbuch. Aber es ist wichtig, dass ich ihn spreche, bevor ich einen Übungsplan für dich aufstelle.«
    Ein plötzliches Lächeln erhellte Ruths Gesicht. »Danke, Miss Dunne, ich freue mich schon.«
    Lindsay hörte es gerade noch, während sie schnell auf zwei Kinder zuging, die in ihrer Aufregung etwas zu laut miteinander sprachen.
    »Pst! Seid leise, ihr beiden! Man kann euch ja bis in den Zuschauerraum hören!«
    Als sie mit einem der beiden Störenfriede auf dem Arm zu ihrem Platz am Eingang der Bühne zurückkehrte, war Ruth verschwunden.
    Ein seltsames Mädchen, dachte Lindsay und schmiegte den Kopf an den Nacken des Kindes auf ihrem Arm. Sie muss sehr einsam sein nach dem Tod ihrer Eltern. Wie gut, dass ich meine Mutter noch habe und meinen Beruf.
    Während die Schülerinnen der Mittelstufe eine kurze Szene aus dem Ballett Dornröschen vorführten, überlegte Lindsay, wie wohl das Verhältnis des Onkels zu seiner Nichte sein mochte. Hatte er Verständnis für sie? War er nett zu ihr?
    Morgen, dachte Lindsay, werde ich mir zuerst einmal ansehen, ob Ruth überhaupt tanzen kann und für welche meiner Gruppen sie geeignet ist.
    Es hatte immer noch nicht aufgehört zu regnen. Schon seit Stunden lag Lindsay im Bett und war immer noch hellwach.
    Seltsam, dachte sie, sonst schlafe ich immer besonders gut ein, wenn es draußen ungemütlich ist und ich mich in meinem Zimmer geborgen fühle. Liegt es an den Nachwirkungen des ereignisreichen Tages, dass ich nicht zur Ruhe komme?
    Der Abend war genauso erfolgreich verlaufen, wie Lindsay es gehofft hatte. Die Zuschauer hatten die zum Teil ganz beachtlichen Leistungen der größeren Mädchen mit viel Applaus belohnt und waren von den Kleinen hellauf begeistert gewesen. Immer wieder mussten sich die Tänzerinnen nach der Vorstellung vor dem Publikum verneigen.
    Es wäre schön, wenn ich bis zur nächsten Aufführung auch ein paar Jungen in der Schule hätte. Wir könnten dann noch viel mehr Abwechslung ins Programm bringen.
    Sie nahm sich vor, einige Eltern speziell daraufhin anzusprechen.
    Im Augenblick war Lindsay dankbar dafür, dass der Abend ohne Pannen abgelaufen war. Im Geiste sah sie wieder die glückstrahlenden Gesichter ihrer Schülerinnen vor sich, und sie wusste, dass die Kinder in den nächsten Wochen ganz besonders eifrig beim Training sein würden.
    Einige Mädchen haben wirklich Talent, dachte Lindsay, und damit kehrten ihre Gedanken wieder zu Ruth zurück.
    Ob ihre neue Schülerin zu den Begabten gehörte, würde sich erst noch zeigen. Aber die Liebe zum Tanz leuchtete ihr förmlich aus den Augen. Lindsay hatte die Verletzlichkeit der jungen Tänzerin erkannt und hoffte sehr, ihr morgen nicht wehtun zu müssen.
    Sie will die Dulcinea tanzen, erinnerte sich Lindsay und lächelte schmerzlich, denn sie wusste aus eigener Erfahrung, wie schnell große Hoffnungen von heute auf morgen zerstört werden konnten. Ruth hatte in ihrem jungen Leben schon genug Schweres erlebt, hoffentlich blieben ihr große Enttäuschungen erspart.
    Das Schicksal dieses Mädchens, das sie gestern noch nicht kannte, lag Lindsay sehr am Herzen, vielleicht, weil sie sich noch so lebhaft an die Zeit erinnerte, als auch sie keinen größeren Wunsch gehabt hatte, als in der Rolle der Dulcinea auf der Bühne zu stehen. Es war, als hätte sich ein Kreis geschlossen.
    Lindsay schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Aber ihre Gedanken hielten sie wach.
    Sie dachte kurz daran, in die Küche hinunterzugehen, um sich eine Tasse Tee oder Schokolade zu machen, schob den Gedanken aber gleich wieder von sich, weil sie befürchtete, ihre Mutter aufzuwecken.
    Mary hatte einen leichten Schlaf, besonders bei Regenwetter, und da ihr Gesundheitszustand immer noch zu wünschen übrig ließ, brauchte sie dringend ihre nächtliche Ruhe.
    Mary hatte sich notgedrungen mit ihrer Hüftverletzung abgefunden. Den Tod ihres Mannes konnte sie nicht verwinden. Nach dem tragischen Autounfall hatte sie tagelang in tiefem Koma gelegen. Die Ärzte hatten keine Hoffnung mehr. Es war wie ein Wunder, als sie aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Vom Tod ihres Mannes wagte man sie erst zu unterrichten, nachdem zwei weitere Wochen vergangen waren.
    Zuerst schien Mary nicht zu begreifen, dass ihr Mann sie für immer verlassen hatte, dass sie
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