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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome
Autoren: Eric Walz
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sorgfältig zusammengelegten Schriftrollen in einer schweren Truhe aufbewahrte.
    »Ich werde nicht für Großvater beten«, entgegnete Salome und fragte seufzend beim nächsten Atemzug: »Was wohl aus den drei Männern wird, die den Adler abgeschlagen haben?«
    »Sie werden aufgehängt«, erwiderte Berenike. »Das ist die Strafe für Hochverrat, sagt mein Vetter Kephallion.«
    Salome sah Berenike ebenso verwundert wie verärgert an. »Wieso weiß Kephallion so viele Dinge und ich nicht?«
    »Er bekommt Unterricht.«
    »Den will ich auch.«
    Berenike kicherte amüsiert. »Du bist doch kein Junge, Salome. Nur Jungen bekommen Unterricht von den Rabbinern . Das ist« – Berenike überlegte scharf – »Tradi … Tradition.«
    Salome kniff die Lippen zusammen, bis sie bleich wurden.
    »Das werden wir ja sehen«, rief sie und rannte davon.
     
    Zur gleichen Stunde lag Herodias auf der römischen Marmorbank und nippte bei jedem Atemzug an dem Wein, auf dessen Oberfläche weiße Rosenblüten schwammen. Sie stützte ihren Kopf in die rechte Hand und betrachtete abwechselnd die Spiegelungen im Wein, die verschönernde Arbeit der Sklavin an ihren Füßen und den polierten Glanz des Marmorbodens. Sie hatte schon vor geraumer Zeit alle Webteppiche aus dem Gemach entfernen lassen, obwohl Theudion, ihr Gemahl, diese als jüdische Handwerksarbeit sehr schätzte. Doch ihr waren sie zu rustikal, zu gemein. Sie war doch keine Beduinenfrau oder Krämersgattin, sie war eine Prinzessin von Judäa!
    Ihr Blick fiel auf eine Stelle an der Wand, und sie fragte sich, ob sich nicht genau dort ein großer, silberner Wandteller gut machen würde, vielleicht mit einem Spiegel darin. Doch selbst wenn, dachte sie und seufzte leise, die Summe, die Theudion für ihren Unterhalt von seinem Vater bekam, reichte hinten und vorne nicht.
    Sie leerte den noch halbvollen Kelch in einem Zug und schluckte auch die drei Rosenblütenblätter hinunter. Hieß es in Ägypten nicht, Rosen könnten Schönheit verleihen? Sie versuchte, den Kelch auf dem kleinen Tisch neben der Bank abzustellen, doch ihr Arm war zu kurz, und so ließ sie den Kelch einfach fallen. Die Sklavin hob ihn auf, ohne dass Herodias ein Wort hätte sagen müssen. Herodias drehte sich auf der Bank herum und stützte den Kopf nun in die Linke.
    »Ich war mit dem einen Fuß noch nicht ganz fertig, Herrin«, sagte die Sklavin.
    In einem Tonfall, als sei sie kurz vor dem Einschlafen, antwortete Herodias: »Wen kümmern schon meine Füße? Es sieht sie ja doch keiner.«
    »Sagtest du mir vor einigen Tagen nicht, Herrin, dass eine deiner Schwägerinnen dich heute besuchen wird?«
    Herodias merkte auf. Tatsächlich, die Sklavin sprach die Wahrheit. Die junge Frau des Antipas würde heute ihren Anstandsbesuch bei ihr absolvieren. Sie stammte aus dem benachbarten Wüstenland Nabatäa, eine arabische Heidin also, sehr schön, doch ein wenig zu dürr, fand Herodias. Außerdem ließ ihr Geschmack, was Kleidung betraf, sehr zu wünschen übrig. Herodias erhob sich. »Lass das mit den Fußnägeln«, befahl sie der Sklavin. »Lege mir die blassgelbe Tunika und das mit Perlen besetzte Tuch heraus. Während ich mich anziehe, steckst du mir die Haare auf. Aber höher als sonst, hörst du?«
    Beim Namen des Unaussprechlichen Gottes, sie würde ihrer Schwägerin zeigen, wer die schönste Frau des Palastes war. Es reichte schon, dass diese neue Wichtigtuerin größere Gemächer als sie bewohnte. Neun Räume, unglaublich! Dazu kam, dass die Beamten sie besonders untertänig behandelten und jeden ihrer Wünsche binnen Stunden erfüllten, während Herodias manchmal zwei Tage darauf warten musste. Dabei war dieses Weib eine Fremde und nur durch Heirat mit dem drittältesten Sohn des Herodes eine Prinzessin geworden, während sie schon von Geburt an zur herodianischen Familie gehörte und außerdem die Frau des zweitältesten Sohnes war. Die neun Räume hätten eigentlich ihr zugestanden, stattdessen musste sie sich mit sieben zufrieden geben.
    Im Schlafgemach stellte Herodias sich vor das Spiegelglas und hielt sich das Kleid vor. Zarte Töne standen ihr besonders gut, denn ihre rosige Haut, ihr leicht rundlicher Körper und die seidig rotblonden Haare würden von kräftigen Farben nur unvorteilhaft erdrückt. Sie wusste, dass ein Kleid immer nur ein Diener sein sollte, dazu erschaffen, die Schönheiten, Verlockungen und Rundungen ihres Körpers zu betonen. In dieser zartgelben, anschmiegenden Seide war sie für jeden
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