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Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin

Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin

Titel: Jägermond Bd. 1 - Im Reich der Katzenkönigin
Autoren: Andrea Schacht
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1. Das schwarze Rinnsal
    Im grauen Zwielicht gellte ein Kreischen. Wild. Wütend. Ein Fauchen antwortete.
    Durch die hohen, silbrigen Stämme der Bäume hetzte eine Gestalt. Eine zweite folgte.
    Es raschelte das trockene Laub unter ihren Tatzen.
    »Sie sind aggressiv geworden, Majestät«, flüsterte Mafed.
    »Es ist noch nahe am Schwarzmond.«
    »Ja, vielleicht.«
    Wieder ertönte das Kreischen, verdoppelte sich, klang nach erbarmungslosem Kampf.
    Majestät hob die Nase.
    »Blut.«
    Der Schrei erstarb. Röchelnd.
    »Heiliger Sphinx, sie bringen sich gegenseitig um.«
    Sie liefen weiter, Seite an Seite. Auf den Blutgeruch zu.
    Ein dunkler Fleck lag im silbergrauen Laub. Grau, schwarz getigert das Fell. Aus der aufgerissenen Kehle quoll das Blut. Die grünen Augen starrten blicklos ins Zwielicht.
    »Ein Namenloser.«
    »Kennst du ihn, Majestät?«
    »Ja. Ich hätte ihn bald begnadigt.«
    Sie trat näher an den Toten, beugte sich über ihn und blies ihm ihren Atem in die Nase. Trauer wehte sie an. Sie war die oberste Richterin ihres Landes, und die Verbannung in die Grauen Wälder war eine Strafe für Verbrecher. Doch sie war zeitlich begrenzt. Den Tod bedeutete sie nicht.
    »Es liegt nicht nur am Neumond«, murmelte sie. »Es gibt Gerüchte, Mafed.«
    Ihr Begleiter schwieg, sah sich wachsam um.
    Es war ihr ganz recht, dass er nicht antwortete. Sie wollte nicht über das sprechen, was sie gehört hatte. Und erst recht wollte sie die Quelle nicht preisgeben, der sie ihr Wissen verdankte.
    Die Grauen Wälder waren eine Region voller Geheimnisse, die noch bei Weitem nicht alle erkundet worden waren. Man durchstreifte sie nicht einfach, und wenn, dann nur, wenn das Licht des Vollmonds die Wege wies. Wege, die in die Irre führten, wenn man sich nicht auskannte. Und die zum Schwarzen Sumpf führten, wenn man nicht achtgab.
    Der Schwarze Sumpf aber war nicht nur wegen seiner schlammigen Abgründe bedrohlich, er barg auch Gefahren weit unheilvollerer Art in seiner unauslotbaren Tiefe. Weshalb er streng bewacht wurde.
    Und doch, so hatte Majestät gehört, war in den vergangenen Monaten irgendwo ein kleines Rinnsal entdeckt worden, das sich unter dem alten Laub gesammelt hatte und das zu einem kleinen Tal floss und dort versickerte.
    Wenn sie ihre jetzige Mission erfüllt hatte, würde sie das auf dem Rückweg nach Trefélin überprüfen, beschloss sie. Und versuchen herauszufinden, ob die ungewöhnliche Aggressivität der Namenlosen in irgendeiner Verbindung dazu stand.
    Aber nun galt es zunächst das zu erledigen, weshalb sie von ihrem Heim aufgebrochen war, um den Menschen einen Besuch abzustatten.
    »Es ist wieder alles ruhig, Majestät.«
    »Ja, scheint so. Beeilen wir uns, wir haben noch einiges zu tun.«
    Der Weg im Zwielicht schlängelte sich zwischen den Bäumen durch, die allmählich dornigem Gesträuch wichen, und dann erhoben sich zwei graue Steine vor ihnen, die von einer schweren Platte bedeckt waren.
    »Bereit, Mafed?«
    »Ja, Majestät.«
    Sie betraten den schmalen Gang, der sich vor ihnen auftat, und als sie hinaustraten, standen sie auf einer sonnendurchfluteten Lichtung, in der die Vögel lauthals ihren Schrecken über ihre Ankunft verkündeten.
    Majestät schenkte ihnen keine Beachtung. Sie starrte auf den silbernen Anhänger, der ihr an einem langen Lederband vom Hals hing und nun zwischen ihren Füßen lag.
    »Rattenschiss! Das vergesse ich jedes Mal wieder«, fauchte sie und nahm das Ankh zwischen die Zähne. »Und du grinst nicht«, zischte sie ihren Begleiter an, einen schlanken Siamkater, der das Funkeln in seinen blauen Augen hurtig zu verstecken suchte.
    »Nein, Majestät.«
    »Gut«, nuschelte sie und trabte voraus.
    Dieser Wald war weit weniger unheimlich als der zwielichtige, den sie bisher durchquert hatten. Den Boden bedeckten weiße Buschwindröschen, in Büscheln reckten sich die gelben Sonnen des Huflattichs aus dem braunen Laub des Vorjahrs, und frühlingsgrüne Blättchen entfalteten sich an den Büschen. Hin und wieder blieben sie witternd stehen, nahmen die Fährten von allerlei Getier auf – auch einige menschliche Duftmarken fanden sich – doch Gefahren drohten ihnen nicht. Unbehelligt erreichten sie den Waldrand, schlichen an einigen geparkten Autos vorbei, fanden die Straße, die in den Ort hineinführte, und huschten durch die Gärten, unbeachtet, zwei kleine Katzen wie viele andere auch.
    Nur wer sie genau betrachtete, hätte bemerkt, dass die eine von ihnen sehr darauf
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