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Die Schlacht von Trident

Die Schlacht von Trident

Titel: Die Schlacht von Trident
Autoren: Sascha Vennemann
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Sun-Tarin an seinen Ersten Offizier. »Ich hoffe nur, das der Priester die Vorbereitungen auf die Schlacht durch seinen Eifer, irgendwelche Ketzer an Bord meines Schiffes ausfindig zu machen, nicht allzu sehr behindern wird.«
    Mit einem überprüfenden Blick auf die Statusanzeigen – sie zeigten keine besonderen Anzeichen dafür, das etwas nicht stimmen würde, die SCHNABELWEISER befand sich genau auf Kurs – erwiderte der Erste Offizier: »Er ist der Tugendwächter. Genau das ist seine Aufgabe. Und wer könnte es ihm verdenken? Als einziger Priester unter so vielen Tanjaj – da wächst das Misstrauen mit jeder Reise.«
    »Er ist ja nun nicht erst seit gestern mit uns unterwegs!«, empörte sich der Ruderoffizier von seinem Platz aus. »Langsam sollte er wissen, dass es an Bord unseres heiligen Kugelraumers keinen Platz für unheilige Gedanken gibt!«
    Sun-Tarin kniff misstrauisch die Augen zusammen. Ist das so? , dachte er. Oder sind nicht die Tanjaj viel eher anfällig dafür, sich über Sinn und Unsinn eines heiligen Krieges im Namen des einzig wahren Gottes den Kopf zu zerbrechen? Wer in der kridanischen Gesellschaft riskiert mehr und sieht mehr Grausamkeit als die Krieger? Wohl niemand. Die Priester sitzen in Matlanor und steuern das religiöse Leben – eine ehrenhafte Aufgabe, ohne Zweifel. Aber der Motor des zweiten von Gott erwählten Volkes, das sind wir, die Tanjaj. Ohne uns könnte die Gemeinschaft ihre heilige Aufgabe, die Verbreitung der Göttlichen Ordnung, nicht wahrnehmen.
    Sun-Tarin lachte in sich hinein. Das sind Gedanken, die ich dem Tugendwächter wohl besser nicht mitteile. Allein schon die Vorstellung, die Kriegerkaste höher als die Priester anzusiedeln, ist eine Ketzerei sondergleichen.
    Das Gleichgewicht beider Parteien war die politische Grundfeste der kridanischen Gesellschaft. Natürlich verschoben sich die Verhältnisse immer wieder, insbesondere dann, wenn es zwischen dem Ableben eines alten Raisa und der Geburt eines neuen Führers die Aufgabe der Priester war, eben jenes Gelege zu finden, das den neuen Herrscher über ein ganzes Volk beherbergte. In Zeiten des Krieges aber – und Sun-Tarin kannte nur Zeiten des Krieges – hatten die Tanjaj die Oberhand und bestimmten das alltägliche Geschehen im kridanischen Reich. Kein Wunder, dass die Priesterschaft mit Tugendwächtern und Sittengerichten versuchte, doch noch ein wenig ihren eigentlich gleichwertigen Herrschaftsanspruch durchzusetzen.
    Aber das letzte Wort hat immer noch der Raisa , entschied Kommandant Sun-Tarin für sich.
    So wie auch beim Befehl für die finale Schlacht gegen die Menschen, zu der wir auf dem Weg sind.
    »Du hast das Kommando«, entschied Sun-Tarin jetzt und wandte sich dabei an den Ersten Offizier. »Ich werde mich in mein Quartier zurückziehen und etwas meditieren. Große Aufgaben und Taten stehen uns bevor und ich will wachen Verstandes und Geistes sein, wenn es soweit ist.«
    Der Erste Offizier nahm Haltung an. »Jawohl, Kommandant!«
     
     
    Als Sun-Tarin in seinem Quartier die Beleuchtung dimmte und sich auf die speziell den Bedürfnissen eines Kridan angepasste, schräg senkrecht stehende Bett-Pritsche legte, gingen seine Gedanken zurück zu jenem Moment vor etwa drei Kridan-Tagen, als der Mar-Tanjaj auf sämtlichen Bildschirmen im kridanischen Reich erschienen war.
    Er hatte jenen schicksalhaften Befehl verlesen, der dazu geführt hatte, dass sich ein großer Teil der Flotte nun auf dem Weg in das Reich der Solaren Welten befand.
    Das Zentralgestirn des Systems war soeben über dem Horizont und der Skyline von Matlanor erschienen. Die Kälte der Nacht, die sich zwischen den unzähligen Gebäuden, den Wohnhäusern und den Tempeln der Hauptstadt festgesetzt hatte, verschwand langsam und das Leben in den Gassen und Straßen erwachte. Die Priester hatten gerade das Morgengebet verlesen und jeder Kridan, der bereits auf den Beinen war, hatte kurz vor einem der unzähligen Monitore innegehalten, die überall in der Stadt verteilt zu finden waren – vornehmlich auf großen Plätzen und in öffentlichen Verkehrsmitteln –, um die Tagesweisheit aus den Schriften des Ersten Raisa zu hören. Diese kurzen Textstücke begleiteten jeden Kridan den ganzen Tag über und wurden immer wieder zwischen den aktuellen Kriegsmeldungen eingespielt. Egal, welcher Aufgabe ein jeder auch nachging, ein kurzes theologisches Gespräch mit den Kollegen, Kameraden und Mit-Kridan über die Tageslosung gehörte zum guten
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