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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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den Kopf des Pferdes, das leise schnaubte, als er an das Tier herantrat. Vermutlich witterte es den Trollgeruch an ihm. »Ruhig«, flüsterte der Wlachake. »Komm, bring mich zurück zur Burg. Heute Nacht wird dich kein Troll mehr erschrecken.«
     
    Der Morgen graute schon, als Sten Désa erreichte. Auf den Wachtürmen brannten noch die Feuer der Nacht, und ihr Rauch stieg kerzengerade in den klaren, sich langsam erhellenden Himmel. Niemand hielt den Wlachaken auf, als er durch die mächtigen Tore ritt und Dansa in den Stall brachte. Gewissenhaft rieb er das Pferd ab, bevor er es an den Stallburschen übergab.
    Die frische Luft des neuen Tages drang kalt in seine Lungen, und er genoss das Gefühl heimzukehren.
    In der dunklen Festung brannten noch eine Handvoll Feuerschalen. Die wenigen Fenster waren hoch und schmal und ließen nur wenig Licht in das Gemäuer. Wir werden den Kleinen mit nach Teremi nehmen, damit er nicht in dem ständigen Zwielicht dieser Festungsstadt aufwachsen muss, dachte Sten. Wir werden Radus Herrschaftssitz wieder mit Leben erfüllen. Wenn das Land erst einmal zur Ruhe gekommen ist, soll Teremi eine Hauptstadt sein, in der jeder ohne Furcht leben kann.
    Vorsichtig öffnete Sten die Tür und spähte in sein Schlafgemach. Ein Lichtstrahl fiel auf das breite Bett und ließ Viçinias Gesicht aufleuchten. Die Schönheit seiner Frau fuhr Sten bis ins Herz und ließ es ihm bis zum Hals schlagen. Obwohl er behutsam in den Raum schlich, öffnete sie die Augen und sah ihn lächelnd an.
    »Du bist zurück«, stellte sie schläfrig fest.
    »Ja«, flüsterte Sten, darauf bedacht, die ruhigen Atemzüge seines Sohnes nicht zu stören, der neben ihrem Bett in einer Wiege schlief.
    »War er dort?«
    »Wie verabredet. Es geht ihnen gut. Kerr hat eine Weisheit erlangt, die seinem Volk von großem Nutzen sein wird. Und Turk ist ein mächtiger Krieger. Sie sehen der Zukunft hoffnungsvoll entgegen«, berichtete Sten von seinem Treffen mit dem Troll.
    »Das ist schön. Ich wünsche ihnen, dass sie ein gutes Leben führen können. So, wie sie es sich vorstellen.«
    »Und bei dir? Geht es euch gut?«
    Viçinia verdrehte die Augen und warf spielerisch eines der Kissen nach Sten. »Hör auf, uns wie Schwerverletzte zu behandeln, Sten! Dein Sohn ist klein, nicht krank. Und ich habe guten Grund zu der Annahme, dass er mit der Zeit von selbst wächst.«
    Ihre Stimme verriet, dass sie ihre Worte nicht ernst meinte, und er grinste breit. Ohne zu antworten, trat Sten an die Wiege, in der Natiole unter einer weichen Felldecke lag. Die Augen des Kleinen waren fest geschlossen, seine winzigen Hände zu Fäusten geballt. Eine wilde, dunkle Locke stand von seinem Köpfchen ab. So hilflos, so zerbrechlich, dachte Sten einen Augenblick bestürzt. Aber wir werden dich beschützen. Kerr hat recht: Kinder sind der Reichtum eines jeden Stammes. Und wenn du alt genug bist, werde ich dir alles von dem Mann erzählen, dessen Namen du trägst. Von Natioles Mut, von seinen Taten, von seiner Hoffnung und seiner Liebe; von den Opfern, die er gebracht hat, damit du sie nicht bringen musst. Ich möchte, dass du eines Tages stolz auf deinen Namen bist.
    »Komm ins Bett«, bat Viçinia. »Es ist kalt ohne dich.«
    »Der Schnee schmilzt. Im Sadat werden wohl schon die ersten Frühlingsblumen blühen. Wir müssen binnen kurzem aufbrechen.«
    »Ich weiß«, entgegnete Viçinia. »Wir sollten bald nach Teremi reisen. Unser Land hat reichlich Schwierigkeiten, die unsere Aufmerksamkeit benötigen.«
    »Ich habe nachgedacht«, verkündete Sten mit einem zustimmenden Nicken. »Kerr hat mir erzählt, dass Turk der Anführer des Stammes ist, aber auf Kerrs Wort hört. Er sagte, ein guter Anführer weiß, wessen Meinung er vertrauen kann.«
    »Das ist sehr schlau von Turk.«
    »Ja. Und deshalb denke ich, dass wir etwas von den Trollen lernen können. Ich würde gern den Rat wieder einsetzen. Es gibt so viel, was getan werden muss, und wir können nicht alles allein tun. Wir wissen nicht einmal, wie man viele der Probleme lösen könnte. Ich will mehr Stimmen im Rat haben; Ratgeber, die sich auskennen. Schreiner, Bauern, Steinmetze, Händler. Wir haben lange genug nur auf die Krieger gehört. Es ist an der Zeit, an den Frieden zu denken.«
    »Es wird viele Adlige nicht erfreuen, wenn du Bauern und Handwerker zu Beratern machst und ihnen eine Stimme im Rat gibst«, gab Viçinia zu bedenken.
    »Das ist mir egal. Ich glaube, dass eine neue Zeit vor uns liegt.
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