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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe
Autoren: Barbara Wood
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Umhang. Der Medikamententruhe ihrer Mutter entnahm sie kleine Gefäße mit Arzneien, mit Kräutern gefüllte Beutelchen, Brotschimmel, Bandagen, ein Skalpell und Faden zum Vernähen von Wunden.
    Ohne sich zu verabschieden, verließ sie die Villa und machte sich auf den Weg zum Forum, wo sie auf dem Markt Proviant sowie einen ledernen Wasserschlauch erstand. Dann folgte sie eiligen Schritts der Hauptstraße, die durch die Stadtmauer hinaus nach Norden, auf freies Gelände führte, nicht ohne den Schutz der Göttin anzuflehen und die Große Mutter zu bitten, ihr die Kraft zu schenken, der einzigen Familie, der einzigen Welt, die sie je gekannt hatte, den Rücken zu kehren – und sich mutig und beherzt einem unbekannten Schicksal zu stellen.

7
    Ungeduldig auf und ab gehend, wartete Sebastianus Gallus darauf, was ihm sein persönlicher Sterndeuter zu vermelden hatte. Sie mussten unbedingt heute von Rom aus aufbrechen.
    Der Anführer der wohlausgestatteten Karawane, ein junger Mann mit breiten Schultern, bronzefarbenem Haar und gestutztem Bart, hielt vor seinem Zelt inne und musterte seinen alten Freund.
    Der beleibte Grieche hockte in der Morgensonne an einem niedrigen Tisch. Die Gerätschaften für seine astrologischen Deutungen in den Händen, beugte er sich über Aufzeichnungen und Sternenkarten. Solange Sebastianus denken konnte, diente Timonides der Gallus-Familie; der erfolgreiche Händler unternahm nichts, ohne vorher den Astrologen zu befragen. An diesem Morgen stimmte jedoch irgendetwas nicht mit ihm. Deshalb machte sich Sebastianus Sorgen.
    Timonides genoss für sein Leben gern gutes Essen und war noch keinen Tag lang krank gewesen war. Neuerdings litt er jedoch an einem Übel, das leider auch seine Fähigkeit beeinträchtigte, genaue Horoskope zu erstellen. Sebastianus hatte den alten Timonides zu den besten Ärzten Roms geschleppt, aber alle hatten den Kopf geschüttelt und gesagt, sie könnten nicht helfen, Timonides müsse sich für den Rest seines Lebens mit seinen Schmerzen abfinden.
    Während er weiterhin darauf wartete, dass sich der bedauernswerte Timonides mit qualvoll verzerrtem Gesicht zum täglichen Horoskop aufraffte, spielte Sebastianus mit dem breiten goldenen Reif um seinen rechten Arm und spähte durch die Schwaden der unzähligen morgendlichen Lagerfeuer auf der Via Flaminia, dem außerhalb der Stadt gelegenen Sammelpunkt der Handelszüge.
    An diesem Treffpunkt im Norden Roms, an dem Sebastianus Gallus inmitten einer Ansammlung von Zelten, Arbeitern und Bergen von Ware gegenwärtig lagerte, herrschte emsiges Treiben. Händler aus allen Ecken der Welt fanden sich hier ein, ob mit Waren aus fernen Ländern oder im Begriff, Vorbereitungen für den Aufbruch dorthin zu treffen. Die Karawane des jungen Gallus, die aus Kutschen, Fuhrwerken, Pferden, Maultieren und Sklaven bestand, sollte eigentlich längst nach Germania Inferior unterwegs sein, zu den nördlichen Ausläufern des Rheins, wo man auf Nachschub von Wein aus Spanien wartete, auf Getreide aus Ägypten, Stoffe aus Italien und ausgesuchte Luxusartikel, die Sebastianus von Kaufleuten aus Ägypten, Afrika und Indien übernommen hatte.
    Der Aufbruch hätte bereits vor zwei Tagen erfolgen sollen. Sebastianus jedoch scheute sich, das Lager zu verlassen, ehe Timonides nicht die Zustimmung der Sterne signalisierte. Der junge Mann war felsenfest davon überzeugt, dass die Götter ihre Botschaften durch die Gestirne vermittelten und dass man nur die Sterne, die Planeten, den Mond und die Kometen zu beobachten brauche, um aus ihnen den ihm vorbestimmten Weg abzulesen. Weil er aber nicht mit der mysteriösen Krankheit gerechnet hatte, die seinen Sternkundigen niederwarf, blieb Gallus nichts anderes übrig, als tatenlos zuzusehen, wie andere Kaufleute und Händler ihre Männern anwiesen, die Zelte ab- und nach Norden, Osten oder Westen aufzubrechen.
    »Hierher, junge Frau! Der Mann da wird dich übers Ohr hauen! Ich dagegen bin eine ehrliche Haut. Ich bringe dich zu deinem Ziel, wo immer du hinwillst!«
    Sebastianus wandte sich in Richtung der prahlerisch vorgebrachten Worte und machte Hashim al Adnan aus, einen dunkelhäutigen Araber, der ein kleines Vermögen mit ägyptischem Papyrus verdiente, den er an Schreiber und Schriftrollenhersteller im Norden lieferte. Er hielt sich unter dem gestreiften Vordach seines eigenen Zelts auf und schien zu versuchen, einem anderen Karawanenführer, einem dickwanstigen Syrer namens Kaptah der Neunte (gemäß
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