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Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle
Autoren: Berndt Guben
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beiden muß bei Tscham bleiben«, sagte Michel. »Wir können ihn nicht völlig
den Fremden überlassen. Das mußt du einsehen. Es ist ein selbstverständlicher
Freundschaftsdienst, den wir dem Jungen erweisen.«
Da gab sich Ojo zufrieden.
    Der Pfeifer und Hassan, letzterer stolzen Auges, sattelten ihre Pferde und ritten davon.

    73

    Der Sklavenjägerhaufe war in schnellen, ziemlich anstrengenden Märschen bis zum Fluß der Krokodile vorgedrungen.
    Es wäre ein leichtes für Ugawambi gewesen, diesen beschwerlichen Weg zu vermeiden. Der schwarze Führer mit der ewig zerzausten Perücke kannte den ungefährlicheren Weg sehr gut; denn es war der Weg, den Michel, Ojo und Tscham auf ihrem Rückweg vom Dschaggaland nach Sansibar genommen hatten. Dieser Weg führte durch Gegenden, in denen keine Krokodile und keine krokodilbelebten Flüsse die Reise hemmten.
    Aber Ugawambis Gewissen hatte geschlagen. War er durch eine Anhäufung von dummen Zufällen schon dazu bewogen worden, sein Wort zu brechen, so wollte er jetzt doch gutmachen, was noch gutzumachen war.
    Imi Bej befahl das Lager aufzuschlagen. Dann rief er Ugawambi.
    »Willst du mir erklären, du schwarze Ratte, wie ihr bei eurer ersten Reise über diesen Fluß
gekommen seid?«
Ugawambi grinste.
»Mein Massa hat die Krokodile totgeschossen.«
Imi Bej verzog das Gesicht zu einer wütenden Grimasse.
    »Ich habe dich nicht rufen lassen, um mir Märchen anzuhören.«
    »Es ist kein Märchen. Mein Massa hat sie wirklich erschossen !«
    »Beim Schejtan, er kann doch nicht sämtliche Krokodile erschießen, die beim Überschreiten des
Flusses von allen Seiten herankommen!«
»Mein Massa hatte ein Zaubergewehr. Er konnte es.«
»Ein Zaubergewehr? Erklär mir das näher!«
    »Das ist schwierig zu erklären. Es war ein Gewehr wie jedes andere. Nur, wenn man es an die Backe hielt, so konnte man immerfort abdrücken, ohne zu laden. Das müssen die Krokodile gemerkt haben. Und da war es ihnen zu gefährlich. Die Lebenden fraßen die Toten auf.Und als sie sich gesättigt hatten, waren sie nicht mehr so wütend.«
    Man sah es dem Gesicht Imi Bejs an, daß er der Erzählung des Schwarzen keinen Glauben schenkte. Plötzlich brüllte er ihn an:
    »Wenn du mir Geschichten aus »Tausend und einer Nacht« auftischen willst, so lasse ich dich peitschen!«
    Wenn er dachte, den Neger mit dieser Drohung einschüchtern zu können, so hatte er sich geirrt. Ugawambi verfügte über persönlichen Mut. Wütend stemmte er die Hände in die Seiten und schrie den Würdenträger des Imam von Maskat an:
    »Drohen willst du mir, du Hund? Wie kannst du es wagen, mir Schläge anzubieten ! Bin ich vielleicht dein Bediensteter?«
    Es war wohl das erstemal im Leben des Bej, daß ihn ein einfacher Mensch, noch dazu ein Schwarzer, derartig herausfordernd anschrie. Normalerweise hätte er einem solchen
    Gesprächspartner seine Nilpferdpeitsche zwei-oder dreimal mitten über das Gesicht gezogen. Aber diesmal war seine Verblüffung größer als seine Wut. So schüttelte er nur den Kopf. »Du redest irre«, sagte er zu Ugawambi.
    Der Schwarze riß sich mit zornfunkelnden Augen seine Perücke vom Kopf, schwenkte sie drohend gegen Imi Bej und schrie so laut, daß es alle anderen hören konnten:
    »Ich — irre? Wenn hier einer irre ist, dann bist du es! Glaubst du, ich habe ein Interesse daran, dich einen falschen Weg zu führen, wo mir doch ein Viertel des Gewinnes dieser Reise gehört?« Abu Sef, der etwas abseits saß, stützte sein Gesicht in die offenen Hände, um sein Lachen zu verbergen. Für ihn war das Streitgespräch ein Hauptspaß. So hatte noch keiner mit Imi Bej gesprochen.
    Jetzt begann der Zorn bei Imi Bej langsam die Oberhand zu gewinnen. Er erhob sich und trat dicht zu dem Schwarzen heran. Seine verschlagenen Augen funkelten tückisch. Aber Ugawambi dachte nicht daran, auch nur einen Schritt zurückzuweichen.
    »Ich werde dir die Bastonnade geben lassen, du verdammtes schwarzes Tier!«
    »Waaaaas? Kommst du mir so, du wortbrüchiger Dummkopf? Dir tun wohl die fünfundzwanzig Prozent leid, die du mir geben mußt, wie?«
    Imi Bej erbleichte bis in die Haarwurzeln. Besinnungslos vor Wut griff er zur Nilpferdpeitsche. Aber er kam nicht dazu, Ugawambi damit zu schlagen; denn dieser stülpte ihm jetzt die Perücke, die er noch in der Hand hielt, mitten über das Gesicht.
    Imi Bej taumelte zurück, fiel hin und richtete sich mühsam wieder auf. Langsam zog er sich die Perücke vom Gesicht. Ihm war speiübel.
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