Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatzhöhle

Die Schatzhöhle

Titel: Die Schatzhöhle
Autoren: Berndt Guben
Vom Netzwerk:
wie vor; aber in seiner Haltung, seiner seelischen Haltung, hatte er versagt. Er durfte sich nicht dazu hinreißen lassen, seinem Unmut auf eine Weise Luft zu machen, die seine Freunde kränken mußte.
    »Nichts für ungut, Diaz«, sagte er rauh. »Ich weiß, daß ich mich auf dich verlassen kann. Ich weiß, daß du ein wahrer Freund bist. Verzeihe mir meinen Ausbruch. Ich bin krank. Irgend etwas ist in mir, das ich nicht mit einer Geste abtun kann. Es war nicht so gemeint.« Ojos Züge erhellten sich.
    »Ich weiß, was Euch fehlt, Señor Doktor«, sagte er ver-sdimitzt.
Michel schaute ihn verwundert an.
»Dann weißt du mehr als ich.«
    »Wahrscheinlich«, nickte Ojo. »Die Betroffenen wissen in solchen Fällen nie über sich selbst Bescheid, wenigstens nicht so gut wie Dritte, die stets bei ihnen sind.« »Wie Dritte?« fragte Michel.
    »Ja, in diesem Fall bin ich der dritte. Der zweite, oder besser gesagt die zweite, das, was Euch fehlt, heißt -Marina.«
    »Ah, bah!« Michel wandte sich ab. Er war eher verblüfft als ärgerlich.
    Wenn er recht über die Worte Ojos nachdachte, hatte er eigentlich einen Grund, um ärgerlich zu sein? Die Feststellung des langen Spaniers mochte nicht ganz unrichtig sein. Marina war im Lauf der Jahre etwas wie ein Stück von ihm geworden, der Reibungspunkt, an dem sich seine Kräfte messen konnten. Ihre Intelligenz und ihre Eigenwilligkeit waren der Ausgleich.
    Michel richtete jetzt seine Aufmerksamkeit auf Tscham, der sich auf seiner Bahre in wilden Fieberschauern wand. Heftig schlugen die Zähne des Jungen aufeinander. Die Malaria hatte ihn mit aller Gewalt in den Klauen. Michel maß den Pulsschlag. Das Fieber mußte sehr hoch sein. Tschams Augen waren glasig. Trotz der immer stärker werdenden Hitze liefen Frostschauer durch seinen Körper. Und obwohl Michel als Arzt allerhand gewohnt war, versetzte ihn der Anblick Tschams und das Wissen um die eigene Unfähigkeit, ihm zu helfen, in helle Wut. Am liebsten hätte er alles hingeworfen und den Jungen auf seinen Armen zurück nach Sansibar getragen.
    »Kann man ihm denn gar nicht helfen?« fragte Ojo mit mitleidiger Stimme. Michel schüttelte schwer den Kopf.
    »Gegen das Wechselfieber ist noch kein Kraut gewachsen«, sagte er. »Muß er sterben?« flüsterte Ojo.
    Michel gab keine Antwort. Dieselbe Frage hatte er sich wohl schon hundertmal gestellt. »Es liegt am Klima«, sagte er. »Tscham müßte so schnell wie möglich in die gemäßigten Zonen gebracht werden. Dort kommt das Fieber nicht zum Ausbruch.«
    »Das Dschaggaland«, sagte Ojo, »das Dschaggaland ist sicher fieberfrei. Die Menschen, die dort leben, sind alle gesund. Vielleicht erholt er sich dort. Aber wir müssen uns beeilen!«
    Michel nickte nur. Dem Jungen durch das feuchte Haar zu streichen, war alles, was er tun konnte.
    »Komm, Diaz, wir wollen ein wenig ruhen. Es wird uns gut tun.«
    Sie gingen an den Rand der Straße, suchten sich im Gebüsch ein schattiges Plätzchen und legten sich nieder. Tiefe Schnarchtöne zeigten bald an, daß Ojo entschlummert war.
    Michel aber hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und starrte in den blauen Himmel. Alles schien diesmal danebenzugehen. Ojo hatte recht gehabt. Das Dschaggaland hatte gesundes Klima. Aber Michel wollte ja gerade vermeiden, in dieses friedliche Land einzudringen. Die »Dreizehn Verlassenen« mitsamt ihrem Anführer brauchten keine Kunde von jenem Land zu erhalten. Wie aber verbrachte er Tscham in die Königsstadt, ohne daß seine jetzigen Verbündeten etwas davon bemerkten? Es war ein Kreislauf ohne Ende. Der Pfeifer verfiel in einen unruhigen Schlummer.
    Als die Sonne in die zweite Hälfte ihres täglichen Weges getreten war, erhob er sich und trat zu dem schlafenden Abd el Ata. Er faßte ihn an der Schulter und rüttelte ihn. Abd el Ata öffnete schlaftrunken die Augen.
    »Höre«, sagte Michel. »Hassan und ich werden weiterreiten. Da uns im Rücken keine Gefahren drohen, werden wir die Vorhut übernehmen. Wir werden unsere Feinde suchen. Ihr folgt uns, so schnell es der Zustand Tschams zuläßt. Wenn die Straße hinter uns liegt, werden wir deutliche Zeichen hinterlassen, damit ihr unserer Spur folgen könnt. Das heißt, daß wir nicht an jedem Abend zurückkehren werden, sondern so lange suchen, bis wir sie haben. Nachricht erhaltet ihr, sobald ich es für nötig befinde.« Abd el Ata war einverstanden mit dieser Regelung. Als Ojo davon hörte, war er nicht gerade sehr erbaut davon.
    »Einer von uns
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher