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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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beenden zu können.
    »Zu guter Letzt meine Verse. Ich habe den Arbeitstitel Huhnaphrodite gewählt .«
    »Auf Wiederhören«, klickte ich die Schwatzbacke weg.
    Jetzt besaß ich etliche Namen und Adressen. Auf die Serapionsbrüder hatte ich momentan aus unerfindlichen Gründen keine Lust, deswegen entschied ich mich für Cornelia Lienen. Hermanns Freundin wusste mit Sicherheit Näheres über die Tatumstände. Auch würde sie als Krankenschwester kaum so schräg durch die Gegend Schwallen wie der Dichterfürst.
    Mit legerer Garderobe verließ ich das Haus und klemmte mich hinters Steuer. Es waren zwar nur zwei Kilometer bis zum Bulderner Dom, aber mein Drahtesel hatte einen Platten , und ich konnte mir schönere Dinge vorstellen, als einen Fahrradschlauch zu flicken.
    Nach dem Genuss der neuesten Madonna-Auskopplung stellte ich den Golf auf dem Kirchplatz ab und lenkte meine Schritte in Richtung Fliederbusch. Familie Lienen wohnte in einem schmucken Fachwerkhaus, das gut in Schuss war. Das Einzige, was nicht zum historischen Gebäude passte, waren die Thermopenfensterscheiben.
    Flott den sorgfältig geharkten Kiesweg entlangspaziert und geklingelt. Nichts. Als sich bereits Hornhaut auf dem Daumen zu bilden begann, machte ich kehrt und stiefelte ums Gebäude herum.
    In einem Garten, in dem sich alle Dülmener Wildpferde — es gab ungefähr 300 — verlaufen hätten, entdeckte ich eine rund dreißigjährige Frau und einen doppelt so alten Mann. Beide stützten ihre Oberkörper auf Gartengeräten ab, die ich als erfahrener Agronom als Spaten und Schüppe identifizierte.
    »Guten Tag zusammen«, wanderte ich gemächlichen Schrittes über den lehmigen Gartenweg.
    »Guten Tag alleine«, ergriff Cornelia das Wort.
    Vor kurzem hatte ich das »Wilde Leben« gesehen, eine Hommage an das erste deutsche Groupie Uschi Obermaier. Cornelia musste ihre Tochter sein. Die Kurven an den richtigen Stellen, Wimpern, für die man einen Waffenschein benötigte, und Lippen, für die man den zweiten Waffenschein benötigte. Die braunen Locken waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, gemeinsam mit der Arbeitshose und dem grünen ärmellosen T-Shirt wohl eine Konzession ans Gärtnerdasein. Den rechten Oberarm schmückte ein Tattoo, irgend so ein Tribal-Teil. Auch wenn das nicht meine Baustelle war, machte es sich ganz gut auf der sonnengebräunten Haut. Hermanns Gedichte mussten es ganz schön in sich haben, wenn er solch eine Frau an Land ziehen konnte. Vielleicht sollte ich auch mal einige Verse zu Papier bringen. Schnüfflerpoesie, ein völlig neues Genre.
    »Dieter Nannen. Ich untersuche den Tod von Hermann Grutz und würde Ihnen gerne einige Fragen stellen. Natürlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, wandte ich mich an Madame Obermaier.
    »Was gibt’s da zu untersuchen? Sind Sie von der Versicherung oder was ?« , polterte ihr Vater los. Er kratzte seinen kurzen Schnäuzer, der an eine tragische Gestalt deutscher Geschichte erinnerte.
    »Ich bin Privatdetektiv. Mein Klient geht davon aus, dass es entgegen der offiziellen Version kein Selbstmord war .«
    »Wollen Sie meine Tochter unnötig quälen? Sie hat in den letzten Tagen genug durchgemacht«, zog der Alte ein Taschentuch aus der Gärtnerkluft und wischte sich damit über die Stirn. »Ich weiß nicht, was es da zu beschnüffeln gibt«, fuhr er fort. »Grutz hat Hand an sich gelegt, das ist doch sonnenklar .«
    »Herr Lienen. Ich möchte mich jetzt mit Ihrer Tochter unterhalten. Ihre schlauen Sprüche können Sie sich für den Stammtisch aufheben .« Eines war klar: Zwischen uns beiden lag eine Freundschaft in weiter Ferne.
    »Sie unverschämter Kerl. Verlassen Sie sofort mein Grundstück .«
    »Vadder, bleib mal geschmeidig. Der Macker hier hat höflich gefragt, ob er mich aushorchen darf. Kein Grund, ihn anzusaugen.« Salopper Umgang mit der Sprache. Respekt. Aber in Kombination mit der lispelnden Aussprache wirkten die Kraftausdrücke niedlich.
    Entrüstet drehte Lienen sich zu seiner Tochter um und riss den Mund auf. Statt eines Kommentars folgte jedoch eine entsetzliche Hustenattacke. Ich trat vor und klopfte ihm auf den Rücken.
    »Fass mich nicht an, Schnüffler .«
    »Wie sieht’s aus ?« , wandte ich mich an Cornelia. »Hätten Sie kurz Zeit für mich? Ich verspreche auch, Sie nicht lange von der Arbeit abzuhalten .«
    Cornelia bot mir einen Sitzplatz an, den ich dankend ablehnte. Anders der alte Herr, der sich unter starkem Ächzen auf einen Gartenstuhl fallen
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