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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes
Autoren: Abbie Taylor
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fragte Dawn.
    Er überlegte. »Vor siebenunddreißig Stunden.«
    Sein Pager meldete sich. »Bitte ein Chirurg in die Notaufnahme«, tönte eine hohe, blecherne Stimme aus seiner Hosentasche. »Chirurg in die Notaufnahme.«
    Dr. Coulton stand auf und zog die Handschuhe aus. »Ich muss los.« Er nickte in Mrs. Rycrofts Richtung. »Nun sollte es gut sein, aber rufen Sie mich an, falls es Probleme gibt.«
    »Das mache ich. Und noch einmal vielen Dank.«
    Er durchquerte die Station. Dawn blickte ihm nach, bis er durch die Flügeltür verschwunden war. Trudy sammelte die gebrauchten Handschuhe und Verpackungsreste zusammen.
    »Wenn du deinen Kaffee getrunken hast«, sagte Dawn, »möchte ich, dass du dich für den Rest der Nacht ausschließlich um Mrs. Rycroft kümmerst.«

    Trudy wirkte unsicher. »Aber sie gehört zu den Schwerverletzten …«
    »Sie ist deine Patientin. Du hast sie gefunden. Wenn du nicht gewesen wärst, hätte das Ganze vielleicht ein böses Ende genommen.«
    Trudy wurde rot. Sie wandte sich wieder Mrs. Rycroft zu. Dawn beobachtete, wie sie das Kissen aufschüttelte, den Blutdruck der Patientin maß, ihr die Sauerstoffmaske zurechtrückte und jeden Schritt mit einem netten Wort, einer lieben Geste begleitete. Wo war das nervöse junge Ding geblieben, das erst vor ein paar Wochen auf die Station gekommen war? Das verängstigte Kind hatte einer starken, selbstsicheren Pflegerin Platz gemacht, einer künftigen Oberschwester, in deren Obhut die Patienten sich sicher und geborgen fühlen konnten.
    »Du hast das heute Nacht sehr gut gemacht.« Dawn berührte Trudys Arm. »Das werden wir nicht vergessen. Du kannst stolz auf dich sein.«
    Trudys Gesichtsfarbe wurde noch eine Nuance dunkler. Dawn ließ sie allein und ging zurück in den Pausenraum, wo ihr Tee wartete. Als sie an Bett Nummer sechzehn vorbeikam, entdeckte sie den alten Mr. Otway, der sich gerade vergeblich nach dem Wasserglas auf seinem Nachttisch streckte. Er gehörte zu den verhältnismäßig stabilen Patienten, und Dawn hatte ihm während der Nacht kaum Beachtung geschenkt.
    Sie blieb stehen. »Durstig, Mr. Otway?«
    »O ja, Schwester. Meine Kehle ist so trocken wie die Sahara.«
    Dawn dachte an ihren Tee, der im Pausenraum langsam, aber sicher kalt wurde.
    »Kommen Sie«, sagte sie, setzte sich an sein Bett und hielt ihm das Glas an die Lippen.

    »Ahh.« Mr. Otway trank gierig. »Wunderbar. Genau das habe ich gebraucht. Aber ich halte Sie auf, Schwester. Sicher haben Sie gerade etwas Wichtiges zu tun.«
    Dawn reichte ihm erneut das Wasserglas und setzte sich bequemer hin.
    »Das hier ist wichtig«, antwortete sie.

Kapitel 22
    Um halb acht am nächsten Morgen, als sie gerade die morgendliche Runde mit Elspeth und Mandy absolviert hatte, traten zwei Männer in dunklen Jacken durch die schweren Flügeltüren und näherten sich dem Schwesterntresen.
    Ganz ruhig legte Dawn Handschuhe und Schürze ab. Sie drehte sich zu Mandy und Elspeth um. »Ich muss jetzt gehen. Ihr müsst ohne mich weitermachen.«
    Die beiden Männer wurden von Claudia Lynch begleitet. Es war untypisch für sie, die anderen nicht herumzukommandieren und im Befehlston herumzukeifen. Ganz im Gegenteil, sie wirkte verwirrt und rang die Hände. Sie wirkte viel kleiner und weniger respekteinflößend als sonst, trotz ihres königsblauen Kostüms. Als Dawn sich den Besuchern näherte, hob einer der Männer eine Dienstmarke in die Höhe.
    »Oberschwester Dawn Torridge?«
    »Ja.«
    »Ich bin Detective Sergeant James Patterson.« Er trug lange, spitz zulaufende Koteletten, die an umgedrehte Hörner erinnerten. »Und das ist mein Kollege, Detective Constable Rowland. Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«
    »Wie Sie sehen, ist hier heute ungewöhnlich viel los.« Dawn sah sich um. »Am besten, wir gehen nach draußen auf den Flur.«
    Als sie im Gänsemarsch die Station verließen, hielt Claudia Dawn am Arm fest.
    »Ich habe Ihren Brief gefunden«, zischte sie. »In meinem
Büro, vor einer Stunde. Aber ich habe die Polizei nicht gerufen, Dawn, ehrlich nicht! Ich wäre immer erst zu Ihnen gekommen, um mit Ihnen zu reden …«
    »Ich weiß, Claudia. Alles ist in Ordnung.«
    »Aber Dawn!« Claudia zog sie an sich, bis ihre Lippen fast Dawns Ohr berührten. »Dawn, wozu in aller Welt hätten Sie so etwas schreiben sollen? Eine Patientin zu töten! Und Clive! Sie können doch unmöglich … Ich weiß doch, Sie würden niemals …« Sie drehte sich zu den beiden Detectives um.
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