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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes
Autoren: Abbie Taylor
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Flur und war mit Eileen beschäftigt. Sie wandte sich wieder dem Notfallset zu. Ihre Wangen brannten. Zuerst das
Schlafmittel. Und dann, wenn er eingedöst war, die Spritze. Es würde vielleicht eine halbe Stunde dauern, so lange musste sie durchhalten. Es wäre ganz einfach. Niemand hatte sie und Will je zusammen gesehen. Und er hatte seinen Bekannten wohl kaum von ihr erzählt. Eileen würde sich nicht an ihn erinnern; zurzeit war sie sehr vergesslich und wusste am Nachmittag schon nicht mehr, was sie morgens gefrühstückt hatte.
    Und Will hatte sein Auto praktischerweise viele Kilometer von hier abgestellt.
    Es war einfach. Es war kinderleicht. Außerdem hatte sie schon zwei Menschen umgebracht.
    Sie agierte kühl und besonnen. Als die Zeit wieder Fahrt aufnahm, war der Kaffeebecher randvoll. Dawn trug ihn eilig zur Haustür. Eileen war verunsichert auf der Veranda stehen geblieben, ein paar Schritte zurückgewichen und befand sich nun außerhalb von Wills Reichweite. Sie hatte sehr wohl gemerkt, dass etwas nicht stimmte.
    Dawn hielt Will den Becher hin. »Bitte sehr.«
    Er war überrumpelt und griff zu.
    »Bitte«, sagte Dawn und stemmte die Hände in die Hüften, »probier ihn, und sag mir deine Meinung.«
    Nun hatte Will beide Hände voll. In der einen hielt er die Brille, in der anderen das heiße Getränk. Um Eileen packen zu können, würde er den Kaffee fallen lassen müssen, und das würde eine schöne Sauerei geben. Widerwillig hob er den Becher an die Lippen und trank einen Schluck.
    »Ganz gut, oder?«, fragte Dawn.
    Will verzog das Gesicht. »Seltsamer Geschmack. Ziemlich bitter.«
    »Das liegt an der Sorte.« Dawn klopfte das Herz bis zum Hals. »Es dauert eine Weile, aber man gewöhnt sich dran.«
    Er zuckte die Achseln. »Wenn man durstig genug ist, trinkt
man wahrscheinlich alles.« Er nahm noch einen Schluck. Und dann noch einen, einen großen diesmal. »Ehrlich gesagt«, meinte er zu Eileen, »schmeckt er ganz gut. Sicher, dass Sie keinen möchten?«
    Auf der Straße waren Schritte zu hören.
    Dawn lief auf die Veranda und rief: »Eileen, kommen Sie, ich begleite Sie nach Hause.«
    »Wie bitte?«
    »Kommen Sie.« Dawns Stimme klang schrill. Die Leute auf der Straße drehten sich um. Tim und Sue Rutledge aus der Nummer 46. Dawn scheuchte Eileen von der Veranda. Sie sah Wills überraschtes Gesicht. Er konnte nichts tun.
    »Guten Abend, Dawn«, sagte Sue Rutledge, als Dawn und Eileen vorbeieilten.
    Dawn drehte sich nicht um, hastete weiter und schob Eileen vor sich her, bis sie auf der anderen Straßenseite und in Eileens Haus waren.
    Sie knallte die Tür hinter sich zu.
    »Dawn?« Eileens Stimme zitterte. »Dawn, was geht hier vor sich?«
    Dawn legte ein Ohr an die Tür. Sie zitterte. Will. Milly. Der Igel auf dem Spielplatz. Wieder und wieder und wieder.
    »Dawn?« Eileen drehte nervös an den Knöpfen ihrer Strickjacke. »Dawn? Ist alles in Ordnung?«
    Dawn lauschte immer noch. Sie presste das Ohr an die Tür, rang nach Atem.
    »Ja«, sagte sie. »Ich glaube, jetzt ist wieder alles in Ordnung.«
     
    Sie wartete noch eine halbe Stunde, nur um sicherzugehen, und kochte Tee für sich und Eileen. »Ist schon gut«, beruhigte sie die alte Dame. »Will ist ein entfernter Cousin. Wir haben uns nie gut verstanden. Er wird bestimmt nicht wiederkommen.
« Nächste Woche würde Eileen sich kaum noch an ihn erinnern, davon war Dawn überzeugt. »Wie wär’s«, schlug sie vor, »wenn wir mal nachsehen, ob das Fernsehen schon über das Zugunglück berichtet?«
    Sie schaltete das kleine Schwarz-Weiß-Gerät auf Eileens Küchentresen ein. Auf dem Bildschirm erschien der vertraute Krankenhauskomplex oben auf dem Hügel. Im Vordergrund stand eine Frau in einer roten Windjacke und brüllte in ihr Mikrofon. Der Wind blies ihr das Haar ins Gesicht.
    »… neuesten Angaben zufolge … Zug entgleist … Hunderte von Verletzten. Das Krankenhaus St. Iberius ist mit dem Ansturm überfordert …«
    Schweigend verfolgten Dawn und Eileen das Geschehen. Hinter der Frau stiegen Rauch und Flammen auf, verdrehte Waggons waren zu sehen und die teilweise eingestürzte Brücke. Die Straße war von Schutt bedeckt. Die Kamera bewegte sich rückwärts und zeigte eine Panoramaansicht mit herumirrenden Helfern, Polizisten mit Funkgeräten, Männern mit fluoreszierender Warnkleidung und Helmen, die schweres Gerät schleppten.
    Als die Nachrichten vorbei waren, ging Dawn nach Hause. Die Straße lag menschenleer da. Vorsichtig
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