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Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm

Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm

Titel: Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm
Autoren: Margin Sandemo
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gegenüber Menschen mit ernstlichen nervösen Vorstellungen fühlen und spürte, wenn er mit Verbrechern zusammenkam, ihre Gewissensbisse oder die Angst, die sie ausstrahlten, bevor sie geschnappt wurden. Ab und zu fand er auch Menschen, die ihre Gedanken offen vor sich hertrugen, die konnte er Wort für Wort verstehen. Bei anderen war es schwieriger, da waren es nur Gedankenfetzen, meistens bei Menschen in großer Not oder tiefster Trauer. Er hatte mit seinen Gaben schon manchen helfen können, er konnte in ihre Gedanken eindringen und diese beeinflussen, ohne dass es seine Patienten merkten, und er wurde dadurch auch nicht erkannt. Arme kleine Villemo, sie war noch in Sorge, dass er sie durchschaut hatte.
    Dominic wollte ihr helfen, er fühlte die sündigen Gedanken, aber das war so ungeheuerlich und umständlich bei einem Mädchen, das zur Frau heranwuchs. Sie hat noch Zeit, dachte er. Für ihn war es jedoch an der Zeit, nach Hause zu fahren. Das einzige, was er beim Abschied tat, war ein kleines Liebeszeichen, er strich ihr mit seinem Finger über die Wange und griff ihr ans Ohr. Das wirkte auf sie, als hätte er einen Preis festgesetzt, so wenn Vater ein Schwein verkauft, da wurde auch mit den Händen das Schwein taxiert. Oder war es eine Geste der Freundschaft?
    Tristan war immer noch in Christiana, sein Schiff fuhr erst gegen Abend ab. Er war ein seltsamer, rastloser und zerstreuter Junge geblieben, sinnierte Villemo. Seine Augen waren voll von einer unbekannten Angst, in diesem Zustand kratzte er sich immer zwischen den Fingern. Die meiste Zeit hatte er auf seinem Zimmer verbracht, Villemo hatte den Kontakt zu ihm verloren.
    Eine Woche später kam Villemo aufgeräumt ins Speisezimmer. »Ich möchte heute auf Lindenallee einen Besuch machen, darf ich, Vater?«
    Kaleb sah vom Frühstück auf. »Sicher, und frag doch Andreas, wie es dem Mutterschaf geht, ob es über dem Berg ist.«
    »Das mache ich, ich bleibe nur eine Stunde.«
    »Ja, mach das«, sagte der Vater, »pass auf dich auf, du siehst heute süß aus. Die Haare sind prima, auch das Kleid steht dir gut, sei vorsichtig mit ihm. Sag mal, Villemo, wie sieht es eigentlich mit deiner Arbeit im Haushalt aus? Wann bekommt Mutter dich zu sehen, sie braucht dich!«
    »Ich werde mich bessern, Vater.« Ja nicht eine Familie, im Nachbarort.
    Eldar sah Villemo direkt in die Augen. Eiskalte Augen trafen sie, ihr wurde fast schwindlig. Er sagte zornig: »Einmal habe ich den Wollersohn schon zusammengeschlagen, alle sind reif dafür und wir sind im Recht.«
    »Du hast gesagt, mein Großvater Dag Meiden hätte euch vertrieben. Das war dasselbe wie mit Woller.«
    »Du weißt, dass dein Großvater uns von dort vertrieben hat und dass es unser Hof war, auf dem jetzt der Woller sitzt.«
    »Nein, das habe ich nicht gewusst, ich lebe in meiner Welt.«
    »Ja, das ist typisch Oberklasse-Volk.«
    Sie loderte auf wie eine Flamme. »Musst du so feindlich zu mir sein? Ich bin aufrichtig und versuche, dich zu verstehen!«
    Er biss die Zähne zusammen und murmelte etwas Unverständliches in sich hinein. Sie war sicher, dass es gemein von ihm war, so über Dag Meiden herzufallen. »Ihr versucht, alle Schuld auf andere abzuwälzen. Oder hat das Wollervolk euch wirklich davongejagt?«
    Einen Augenblick lang sah er in ihre Augen, wild und zugleich anziehend. Sie standen zusammen in der dunklen Sattelkammer. »Es kann sein, dass unsere Vorfahren vor ein paar Generationen versucht haben, den Hof wieder in ihre Hände zu bekommen, das gibt den Wollers aber nicht das Recht, uns auszurotten.« Seine Stimme und Augen waren tief traurig.
    »Tun sie das wirklich?«
    »Ja, und zwar ganz systematisch.«
    »Aber das kann doch nicht der Grund sein. Was ist der wirkliche Grund?«
    »Sie wollen uns nicht in ihrer Nähe haben, für sie sind wir eine Bedrohung für ihre Sicherheit. Sie wollen unser Land haben und den Wald, in dem wir laut Vertrag jagen dürfen. Schon zwei von uns haben sie auf der Jagd abgeschossen, den letzten vor drei Jahren. Deshalb haben wir ein Recht auf Rache.«
    »Wenn ihr in dieser Art weitermacht, nimmt das kein gutes Ende«, sagte sie leise.
    »Ich lasse keinen von unseren Verwandten auslöschen, ohne einen von ihnen, ob er der Schütze war oder nicht, zu erschießen.«
    Villemo stand ein wenig unbeholfen da. »Keiner von uns hat je versucht, euch auszurotten.«
    »Nein«, sagte er erstaunt. Er sah sie lange schweigend und forschend an. »Vielleicht, weil du so gut zu uns bist
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