Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
gewesen. Eine Bitte um Vergebung und Verständnis. Ein Versprechen. Eine… Doch, er war ganz sicher: eine scheue Liebe.
    Sie blieben noch fast den ganzen Sommermonat über in Norwegen. Mikael brauchte Zeit. Seine körperlichen und seelischen Kräfte waren so am Ende, daß er praktisch wieder ganz von vorne beginnen mußte.
    Der Nebel, die Leere, der Schreck kamen aber nicht wieder.
    Für Dominic war es eine wunderbare Zeit. Er und seine fünf Vettern und Cousinen, die gleichaltrige Lene, Niklas und Irmelin, beide fünf Jahre alt, die vierjährige Villemo und Klein-Tristan, spielten auf Lindenallee oder Grästensholm oder Elistrand. Nie zuvor war der einsame, behütete Dominic so glücklich gewesen!
    Anette hatte noch eine Strafpredigt über sich ergehen lassen müssen - dieses Mal von Alexander. Es handelte sich um den Glauben der Familie an Mikaels Künste als Schriftsteller.
    Sie sah die anderen mit Entsetzen und Abscheu in den Augen an. »Ein Skalde? Ein Dichter? Mikael? Solche Leute leben doch nur vom Wohlwollen anderer, die sind doch nichts besseres als Gaukler. Nein, die Schande ertrage ich nicht.« Alexander wurde wütend.
    »Und wer sorgt für die schönen Dinge in unserem Leben? Wer hat die Dekorationen, Schnitzereien und herrlichen Dinge geschaffen, die du in deinem Heim hast? Wer beschreibt in Wort und Ton die Welt und das Leben für uns? Wer erfreut dich oder rührt dich sogar zu Tränen, wenn du dem grauen Alltag entfliehen möchtest? Ja, die Künstler oder Gaukler, wenn du so willst. Was, meinst du, macht denn den Unterschied zwischen einem Schloß und einer Scheune aus? Ausgesuchtes Handwerk, die Schönheit von Stoffen, Holz und Metall. Würde es auf dieser Welt keine schaffenden Künstler geben, gäbe es einen solchen Unterschied nicht. Es wäre alles grau und traurig. Komm mit!«
    Er griff nach ihrem Arm und zog sie mit hinaus in die Halle.
    »Sieh dir mal diese Porträts an! Mikaels Urgroßmutter hat sie gemalt. Ich habe eine ihrer gemalten Tapeten bekommen. Die ziert jetzt eine Wand in Gabrielshus und erweckt größte Anerkennung - bei Königen und Königinnen. Meine Schwiegermutter Liv ist eine sehr tüchtige Malerin, nur traut sie sich nicht mehr an Bilder heran, weil ein Mann mit der gleichen negativen Einstellung wie du ihr die Schaffensfreude genommen hat. Sogar in der von dir so hoch angesehenen Familie Oxenstierna gibt es im Verborgenen Skalden. Die wagen nur nicht, es zuzugeben. Liest du denn niemals Bücher?«
    »Doch, natürlich! Ich habe eine sehr kultivierte Erziehung genossen.«
    »So, es ist also kultiviert, Bücher zu lesen? Aber nicht, sie zu schreiben? Hier sind Mikaels Notizen, die er noch in Reinschrift übertragen hat, bevor er versuchte, sich das Leben zu nehmen, eben weil er seinen Platz hier im Leben nicht finden konnte. Lies sie - mal sehen, ob du ihn dann noch immer einen Gaukler nennst! Was übrigens auch kein zu verachtender Beruf ist!«
    Anette zitterte. Sie hatte den größten Respekt vor dem Adligen Alexander. Und dann so einen Rüffel… Mit Tränen in den Augen setzte sie sich gehorsam hin und begann zu lesen.
    Am gleichen Abend besuchte sie Alexander auf Elistrand und gab ihm die Seiten mit Mikaels Notizen.
    »Mikael hat seinen Platz im Leben gefunden«, sagte sie demütig. »Ich werde ihn in allem unterstützen.« Zärtlich zog Alexander sie an sich. »Das weiß ich, Anette. Es ist ja auch nicht gerade leicht, alles was du in deinen Kindertagen gelernt hast, zu vergessen und noch einmal von vorne anzufangen. Erlaubst du, daß ich morgen mit ihm über seine Schreiberei spreche?«
    Sie nickte heftig, den Blick fest auf sein vornehmes Jakkett gerichtet, ohne antworten zu können.
    Alexander forderte Mikael auf, auch weiterhin zu schreiben. Über das Eisvolk oder was immer ihm am Herzen lag. Mikael freute sich über das Lob, und im Laufe seiner Genesung hatten alle der Reihe nach über ihr Leben berichtet. Mikael schrieb und schrieb, feilte dran herum und schrieb es ins Reine - bis ihm abends die Arme weh taten. Als niemand mehr etwas zu erzählen hatte, begann er einen Roman, der seiner Phantasie entsprungen war. Und so las er ausgewählte Teile daraus vor, unglaublich stolz, während seine Augen leuchteten und alle ihn lobten, verblüfft darüber, wie gut er war. Mattias protestierte nicht einmal gegen Mikaels Papierverbrauch, sondern bestellte in aller Ruhe mehr von dem teuren Material.
    Der Familie in Norwegen ging es nicht länger so gut wie früher. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher