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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame
Autoren: Margit Sandemo
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da weitermachen müsse, wo dieser bei seinem Tod hatte aufgeben müssen. Aber vorläufig hatte der Sohn sich nur mit dem Religionsstudium befassen können, denn jede Universitätsausbildung basierte in erster Linie auf der Theologie. Alles andere, ob Naturwissenschaften, Philosophie oder Medizin, mußte auf einer christlichen Grundlage aufgebaut werden. Darum hatte Mikael auch das Gefühl, daß er nicht vorwärts kam.
    Er fühlte sich entwurzelt, heimatlos, ohne Identität. Anette de Saint-Colombe?
    Nein, nein, er wollte nicht heiraten, und sie konnte er sich schon gar nicht als seine Ehefrau vorstellen. Diese kleine gottesfürchtige und tugendhafte Mamsell! Auf alle Fälle war es zu früh, alles war viel zu früh.
    Doch er wußte natürlich, daß viele Ehen von Eltern und Vormündern vereinbart wurden, und oft waren die Aus erwählten noch sehr jung, manchmal sogar eben erst geboren. Auch war nicht von der Hand zu weisen, daß er sich in einer schwierigen Lage befand, und Anette de Saint-Colombe eine Partie war, von der zu träumen er nie gewagt hatte.
    Ein brennender Schmerz durchzog ihn. Hatte er denn nicht von heißer Liebe und Hingabe geträumt? »Wir sollten sie erst einmal fragen«, sagte er vorsichtig. Der Graf atmete erleichtert auf. »Du sagst jedenfalls nicht gleich nein.«
    Ein wehmütiges Lächeln glitt über Mikaels Gesicht. »Ihr wißt doch, daß ich mich Euren Anordnungen beuge. Und Ihr habt immer mein bestes gewollt. Außerdem …?« »Ja?«
    »Außerdem könnte es vielleicht ein Vergnügen sein, einem alten Lebemann den Konfekt unter der Nase wegzustehlen.«
    »Kein schlechter Gedanke, Mikael«, bemerkte der Graf und legte den Arm um dessen Schulter. »Komm, wir wollen Anette suchen.«
    Als der Hofmarschall mit seiner Ehefrau und dem Pflegesohn ihre Räume betrat, hatte die kleine Anette de Saint-Colombe sich gerade von ihrem Gebet vor dem Bilde der Heiligen Madonna erhoben und ihre Tränen sorgfältig getrocknet. Mit großer Bestürzung vernahm sie den Vorschlag der drei.
    Mikael Lind vom Eisvolk? War es denn möglich, daß er, einer der flottesten Männer am Hof, sie heiraten wollte? Sie von dem Albtraum befreien wollte? Für sie waren zwar alle, die Hosen trugen, die reinsten Ungeheuer, aber wenn sie sich schon ihren erschreckenden Gelüsten unterwerfen mußte, wäre dieses junge Ungeheuer allen anderen vorzuziehen. Sie vernahm die harten Schläge ihres Herzens und wagte kaum ihn anzusehen. Aber gegen ihren Willen jagte ihr Blick zu ihm hinüber und glitt an seiner Gestalt hinab. Sie erschauerte heftig bei dem Gedanken an das, was sich unter seinen schönen Kleidern verbarg… Schuldbewußt wandte sie ihren Blick ab und starrte Marca Christiana so fest an, daß es vor ihren Augen zu flimmern begann.
    »Hat dein Vormund eigentlich schon offiziell um deine Hand angehalten?« fragte der Graf.
    »Ja. Das heißt, angehalten … Er hat lediglich erklärt, daß er in ein paar Wochen kommt, um mich als seine Braut heimzuführen. Hier ist der Brief.«
    »Dieser Brief ist bei dir noch nicht angekommen«, bestimmte Marca Christiana resolut. »Von seinen Plänen wissen wir noch nichts. Gabriel und ich werden jetzt einen ausgeklügelten Brief verfassen und ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Innerhalb einer Woche seid ihr verheiratet und Gabriel sorgt dafür, daß Mikael unmittelbar danach ins Feld kommt. Wenn dein Vormund dann hier erscheint, kann er nichts mehr machen. Falls er überhaupt erscheint. Der Brief wird ihn sicher noch vor der Abreise erreichen.«
    »Kann er die Ehe nicht für ungültig erklären lassen? Schließlich hat er mir seinen Segen dazu nicht gegeben.« Bei dem Gedanken daran begann Anettes Kinn zu zittern.
    Gabriel Oxenstierna biß sich auf die Lippen.
    »Für das Problem gibt es eine Lösung«, sagte Marca Christiana. »Zwar ist es nicht richtig einem Toten gegenüber, aber ich weiß, daß Jacob de la Gardie, den man wohl als deinen Vormund ansehen konnte, solange du bei ihm gewohnt hast, Mikael sehr gut leiden konnte. Wir sagen einfach, er hätte sein Einverständnis schon vor langer Zeit gegeben.«
    »Hoho«, warnte Gabriel. »Du bist wohl verrückt. So etwas tut man nicht. Aber kannst du nicht seine Witwe fragen?«
    »Nein«, antwortete Marca Christiana schnell. »Die ist so mit den Heldentaten ihres Sohnes beschäftigt, daß sie gar nichts anderes mehr sieht. Außerdem hatte Anette kein gutes Verhältnis zu ihr.«
    Ebba Brahe, die Witwe Jacob de la Gardies, war die Jugendliebe
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