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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe
Autoren: Margit Sandemo
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gilt auch für dich!« fügte sie noch ätzender hinzu. »Deine Mutter muß eine Sau angestarrt haben, als sie mit dir schwanger ging, du Mißgeburt von einem Tier!«
    Du liebe Güte! dachte Tarjei, als er sich der Tür zum Treppenzimmer näherte. Wenn das ihre vornehme Tante Julia gehört hätte!
    Tarjei stürzte unüberlegt hinein, um die Jungfrau in Not zu beschützen. Aber das Glück ist mit dem Tapferen, wie es so schön heißt, obwohl es in diesem Fall wohl eher mit dem Dummen war…
    Ohne sich dessen bewußt zu sein, hatte er die schwere Hellebarde die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt, und als er in den großen Treppensaal stürmte, sah er ziemlich furchterregend aus, wie er mit der Hellebarde um sich schlug.
    Die beiden Landsknechte - die weder häßlich noch mißgestaltet waren - ergriffen die Flucht, aber das lag wohl eher daran, daß der eine zufällig einen Blick auf die Schloßbrücke geworfen hatte, und weniger an der Furcht vor Tarjei.
    Cornelia allerdings sah den Held in ihm und warf sich sofort in seine Arme. »Oh Tarjei, Ihr seid gekommen! Ich wußte, daß Ihr kommen würdet!«
    Was ist das für ein Schmierentheater? dachte er leicht irritiert und ziemlich amüsiert, nun wo die Gefahr vorüber war. Aber er brachte kein Wort heraus. Denn Cornelia so unerwartet und hingegossen in seinen Armen zu halten, hatte ihm vollkommen die Sprache verschlagen. Und sie zögerte keine Sekunde, die Situation auszunutzen. Mit angeborener weiblicher List gelang es ihr, die Dinge so zu drehen, daß Tarjei glaubte, er habe sie geküßt und nicht umgekehrt. Derartige Kniffe beherrschen die Frauen, seit es Menschen auf der Welt gibt. Und Tarjei war weit davon entfernt, sich zu sträuben. In Wirklichkeit hätte der gestrenge Herr Wissenschaftler sich nie träumen lassen, daß er jemals etwas so Seliges erleben würde! Als er einmal angefangen hatte, konnte er nicht wieder aufhören, und Cornelia war keine Frau, die einen solchen Kuß vorzeitig beendete.
    Widerwillig erwachte er bei dem Klang einer wohlbekannten Stimme.
    »Ich muß schon sagen«, sagte Oberkommandant Georg Ludwig Eberhardssohn zu Löwenstein und Scharffeneck. Tarjei rang entsetzt nach Luft und befreite sich aus Cornelias verführerischer Umklammerung.
    »Oh, Onkel!« zwitscherte sie hingerissen. »Jetzt hat Tarjei mich kompromittiert! Aber als echter Kavalier hat er natürlich ehrbare Absichten.«
    »Nein, halt, warte mal«, sagte Tarjei überrumpelt. »Du mußt natürlich um meine Hand anhalten«, soufflierte Cornelia ihm deutlich hörbar.
    »Deine Hand? Oh, nein! Ich binde mir doch keinen Klotz ans Bein!«
    »Wie bitte?« japste sie entgeistert, während der Oberkommandant die beiden mit einem belustigten Lächeln beobachtete.
    Tarjei setzte noch einen drauf. »Aus eigensinnigen kleinen Mädchen werden eigensinnige Ehefrauen«, sagte er. Ausnahmsweise sah Cornelia vollkommen hilflos aus. Ihre letzte Chance war vorüber. Wenn nicht einmal Tarjei wollte… !
    Ihr kindlich-enttäuschtes Gesicht bewirkte mehr als all ihre Willenskraft. Tarjei erbarmte sich und strich ihr über die Wange.
    »Ich habe es nicht so gemeint, Cornelia«, sagte er reuevoll und überstürzt. »Ich wollte dich nur necken.« Überzeugt, ein Nein zu hören, wandte er sich an ihren Onkel. »Herr Oberkommandant, ich bitte Euch hiermit um die Hand Eurer Nichte.«
    Aber schau einer an! Der Graf hatte auf einmal eingesehen, daß der einzige, der Cornelia einigermaßen im Zaum halten konnte, Tarjei war. Und er war ein Mann mit einer glänzenden Zukunft. Seine Name hatte einen adeligen Klang. Und er war ungewöhnlich redlich und anständig. Warum also nicht? Damit saß Tarjei in der Falle.
    Am Anfang war die Ehe sehr glücklich. Beide waren bis über die Ohren verliebt. Tarjei arbeitete abends nicht mehr so lange, wie er es früher getan hatte, er beeilte sich, nach Hause zu kommen, denn er sehnte sich unsagbar nach Cornelia. Nie hätte er sich träumen lassen, daß das Leben so herrlich sein konnte, er, der früher immer den Kopf darüber geschüttelt hatte, wie närrisch verliebte Leute sich aufführten.
    Und als Cornelia schwanger wurde, schien ihrer beider Glück kein Ende nehmen zu wollen.
    Es dauerte tatsächlich ziemlich lange, bis Tarjei die Augen aufgingen, wie dominiert, um nicht zu sagen tyrannisiert er in Wirklichkeit wurde.
    Dann erhielt er einen sehr verspäteten Brief von daheim. Er war im Spätsommer 1633 abgeschickt worden, und jetzt war es schon Herbst 1634. Er las die
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