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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd
Autoren: Margit Sandemo
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besitze ein Pulver, damit geht das schnell und schmerzlos. Das nächste Mal nützt es nichts, daß du für das Kind bittest!«
    Sie mußte zugeben, daß sie alles, was sie aß, genau betrachtete, ob er vielleicht ein Pulver darunter gemengt hatte. Aber er hatte offenbar keinen Verdacht geschöpft. Nicht einmal, als sie sich an dem Abend neulich draußen vor dem Haus liebten, hatte er verstanden, warum sie plötzlich so nachgiebig war. Er war nur etwas erstaunt über ihre Leichtsinnigkeit gewesen.
    Natürlich war sie verrückt, daß sie dieses kleine keimende Leben behalten wollte. Sie wußte, was das bedeutete. Es konnte ein echter Nachkomme des ersten Tengel sein - ein Ungeheuer wie Hanna oder Grimar, oder wie die Frau unten am See. Silje hatte sie einmal getroffen, als sie mit Eiern und Käse von Eldrid dorthin gegangen war, und als sie wieder fortging, war sie gelähmt vor Entsetzen darüber, daß etwas so Uraltes und Ungeheuerliches wirklich existierte. Bösartig war die Alte außerdem gewesen.
    Jetzt war sie tot. Aber damals hatte Silje verstanden, wieviel Glück Tengel und Sol gehabt hatten, daß sie dieses furchtbare Erbe nicht in sich trugen - obwohl die meisten Tengel abstoßend und furchteinflößend nannten. Für sie war er das nicht.
    Aber es war nicht nur dieses Risiko, das sie einging. Sie würde wahrscheinlich keine zweite Geburt überleben, und das war es, wovor sich Tengel am meisten fürchtete. Nur dank Hanna war sie bei ihrer ersten Geburt nicht gestorben. Und wenn dies nun eines der »Ungeheuer« sein sollte, das sie zur Welt brachte - mit den unnatürlich breiten und kantigen Schultern - dann hatte sie keine Chance, mit dem Leben davonzukommen. Tengels Mutter hatte sich zu Tode geblutet, als sie ihm das Leben schenkte, aber Sols Mutter nicht, denn Sol war ungewöhnlich schlank gebaut. Trotzdem trug sie das schicksalsträchtige Erbe in sich. Diese unheimliche, magische Kraft - und das Gesicht, die Katzenaugen, die sofort verrieten, welcher Sippe sie angehörte. Und Silje wollte sie mitnehmen aus dem Tal des Eisvolks, nach Trondelag, wo man Treibjagd auf das Eisvolk machte!
    Eldrid könnte davonkommen, denn sie war normal. Sie war keine der Auserwählten, obwohl sie auch zum Geschlecht des bösen Tengel gehörte. Auch Liv hatte keine besonderen Anzeichen gezeigt, daß sie anders wäre. Aber was wußte Silje über das Kind, das sie jetzt unter dem Herzen trug?
    Sie war jetzt fast im vierten Monat. Es war nicht leicht gewesen, das vor Tengel zu verbergen. Zum Glück litt sie nicht so sehr unter Übelkeit wie damals bei Liv. Diesmal ging alles leichter. Aber in allernächster Zeit würde man es sehen können.
    Zwei Tage später bekamen sie Besuch.
    Es war ein unerwarteter und erschreckender Besuch, von einem Mann, der vorher noch niemals seinen Hof verlassen hatte. Silje bekam große Angst. Was hatte das zu bedeuten?

2. KAPITEL
    Zuerst hatte Silje nicht erkannt, wer es war, der da schwerfällig den Hügel heraufkam. Aber dann sah sie das widerwärtige Gesicht, das einer Steckrübe voller Auswüchse ähnelte, die stechenden Augen und die krummgebeugte Gestalt. Grimar.
    Voller banger Ahnungen knickste sie vor dem Verwandten von Tengel und Hanna und bat den Alten herein.
    Er schüttelte den Kopf. Er sah aus wie ein Lumpenhaufen, wie er da draußen auf dem Hofplatz stand. Seine Kleider schienen aus Schimmel und spinnwebgrauer Erde zu bestehen. Mit brüchiger Stimme sagte er:
    »Hanna hat mich geschickt. Sie will mit euch reden, mit allen zusammen.«
    »Danke«, sagte Silje, während die Angst vor dieser Einladung sie erfüllte. »Wir werden selbstverständlich kommen.«
    »Aber ein Fest wird das nicht«, sagte der Greis schnell. »Nein, natürlich nicht, Mutter Hanna ist doch bettlägerig. Aber Tengel und der Junge sind draußen im Wald und holen Holz. Sie müssen jeden Moment zurück sein. Und die Mädchen und ich müssen uns bessere Kleider anziehen. Wollt Ihr nicht hereinkommen und eine Kleinigkeit essen, während Ihr wartet? Dann könnten wir gemeinsam gehen.«
    Die abstoßende Gestalt zögerte und sah Silje verwundert an. »Du bittest mich herein?« sagte der Blick. »Das hat noch niemand getan.«
    »Nun, doch, das kann ich wohl machen«, murmelte er, während er hereinstapfte und einen unbeschreiblichen Gestank mitbrachte. Silje scheuchte die beiden Mädchen in ihre Schlafkammer, damit sie die »Sonntagsschürzen« umbanden, das armselige Stück Stoff, das sie dazu verwendeten, das Alltagselend
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