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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd
Autoren: Margit Sandemo
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darunter zu verbergen. Sie beeilte sich damit, bevor die Kleinen unpassende Bemerkungen äußern konnten.
    Dann tischte sie dem Alten das Beste auf, das sie zu bieten hatte. Viel war es nicht, denn die Hungersnot hatte ihnen sehr zugesetzt. Aber sie hatte Bier, Knäckebrot aus Getreideresten, die sie auf dem Kornboden zusammengekratzt hatte, und Ziegenkäse. Und dann die kostbaren Multebeeren, die sie noch vom Herbst aufbewahrt hatte.
    Grimar griff herzhaft zu. Sein Schlingen und Kauen war weithin zu hören.
    Silje eilte zu den Mädchen hinein, die sich fertig angezogen hatten und nun die Haare kämmten. »Jetzt geht ihr schön hinaus und sprecht mit ihm, während ich mich umziehe«, sagte sie schnell. »Aber kein Wort darüber, wie er aussieht oder riecht, Liv! Und du, Sol, du weißt ja, was sich gehört, nicht wahr?« »Oh ja, den kenne ich gut«, sagte Sol naseweis. Als ob ich das nicht wüßte, dachte Silje erbost. Endlich kam Tengel, und da schien alles leichter zu werden. Sie gingen gemeinsam mit Grimar zurück, und es war ein sehr gesättigter Greis, der da stöhnend neben ihnen her wankte.
    Dag war auf den Besuch nicht vorbereitet, und das schien nicht gut zu gehen, denn Dag war ein recht ordentlicher junger Mann, der Schmutz und Dreck absolut nicht leiden konnte. Tengel hatte sich beeilen müssen, seine Hand auf Dags Mund zu legen, als er Anstalten machte, unpassende Bemerkungen von sich zu geben. Aber nun hatte Dag sich mit Grimars Aussehen abgefunden und ging würdevoll neben Silje - so weit von dem Alten entfernt wie möglich.
    Hanna empfing sie im Bett liegend, genau wie sie es erwartet hatten. Sie war sehr gealtert, wie Silje in dem schwachen Feuerschein erkennen konnte. Das Alter verschonte also offenbar selbst diese Hexe nicht. Sie war eine Generation älter als ihr Neffe Grimar, und zwei Generationen älter als Tengel. Silje war wirklich dankbar dafür, daß so wenig Licht im Raum war. Denn obwohl schon Grimar einen ekelhaften Anblick bot, war Hanna noch zehnmal schlimmer. Hier regierte wirklich das Erbe des bösen Tengel.
    »Na, da seid ihr ja endlich«, sagte die Alte barsch. »Dachte schon, ihr kommt nicht mehr.«
    »Silje hat mich zum Essen eingeladen, Hanna«, sagte Grimar aufgeregt. Ihm saß fast schon das Weinen im Hals wegen dieses unglaublichen Ereignisses. »Ja, ich weiß wohl, daß man zu essen bekommt dort auf dem Hof, zischte Hanna. »Ich habe dort öfter gegessen als du. Als ich Siljes kleinem Mädchen auf die Welt geholfen habe. Ich habe wohl gesehen, wie gut sie es dort haben, das kannst du mir glauben!«
    Nach diesem kleinen Streit über das bessere Prestige wandte sie sich an die Gäste.
    »Tengel, du blöder Dummkopf, warum seid ihr nicht mit Eldrid gegangen?« Hanna war die einzige, die den furchteinflößenden Tengel wie einen kleinen Jungen behandelte.
    »Hätten wir das denn tun sollen?« fragte er ruhig. Er schien nicht überrascht zu sein. »Das weißt du genau. Sol wußte es auch.«
    Die Kinder standen stumm und ernst an der Tür. Dag fühlte sich in dem herunterkommenen Haus nicht besonders wohl.
    »Ich war mir nicht sicher«, sagte Tengel. »Dort draußen erwartet uns so viel Böses.«
    »Du bist schon immer ein Narr gewesen«, schnaubte Hanna. »Hast immer Rücksicht genommen auf dies und auf jenes. Du weißt, daß es sich keiner von uns leisten kann, nett zu sein! Und du bist dumm und gutmütig wie ein Schaf. Du mußt für die Deinen kämpfen, Mann! Hör auf meine Worte… «
    Sie richtete sich auf. »Ich weiß, daß du es auch gefühlt hast. Denn du hast das Vieh ziehen lassen. Das war klug. Mach dich bereit zum Aufbruch, Tengel. Zögere nicht länger!«
    Er stand ganz ruhig da mit ausdruckslosem Gesicht. »Und Ihr, Mutter Hanna? Und Grimar?«
    Sie ließ sich in die Kissen zurücksinken. »Ah, wir sind alt. Aber die Kinder und deine Frau… Komm her, Silje!« Es war eine eigenartige Atmosphäre in dem kleinen, dunklen Raum. Als ob Geister in jedem Winkel säßen und sie beobachteten. Als ob irgendwo jemand säße und über ein vergeudetes Leben weinte.
    Silje kämpfte ihren Ekel nieder und näherte sich der abscheulichen Gestalt im Bett. Hanna hatte immerhin ihr Leben und das ihres kleinen Mädchens gerettet, das durfte sie nicht vergessen.
    Die Hexe ergriff ihre Hand und hielt sie zwischen ihren verschrumpelten Fingern.
    »Du und deine Kinder, Silje. Sie haben… Sie waren… Ach, vergiß es! Sorge dafür, daß der träge Kerl, den du zum Mann hast, euch aus dem Tal
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