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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd
Autoren: Margit Sandemo
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wurde, war ausnahmsweise ernst.
    »Du, warum sage ich Silje zu dir, während Dag und Liv Mutter zu dir sagen?«
    Silje nahm ihre Hand. »Das ist eine lange Geschichte. Du hast schon immer Silje zu mir gesagt.« Beide Kinder sahen abwartend zu ihr hoch.
    Sol sagte mit großen, verständnislosen Augen: »Die anderen Kinder haben heute gesagt, daß Dag ein Wechselbalg ist, und ich auch. Was haben sie damit gemeint?«
    Silje wurde innerlich kalt. »Haben sie das? Dazu hatten sie kein Recht.« Sie blieb stehen. »Ich glaube, ihr seid groß genug, um die Geschichte jetzt zu hören«, entschied sie. »Du bist ja schon sieben, Sol, und Dag ist fast fünf. Liv wird es wohl noch nicht verstehen, sie ist ja erst drei. Tengel!« rief sie.
    Er blieb stehen. Sie waren jetzt auf ihrem Grundstück, auf der Wiese unten vor dem Haus.
    »Die Kinder sind als Wechselbälger beschimpft worden.« »Was?«
    »Ja, und sie wollen ihre Lebensgeschichte hören«, sagte Silje aufgebracht und eifrig zugleich. »Kannst du dich um Liv kümmern, dann werde ich sie ihnen erzählen. Du findest doch sicher auch, daß ich das jetzt tun kann?« Tengel zögerte und betrachtete die Kinder forschend. »Es ist vielleicht am besten so«, sagte er schließlich. »Ich komme, wenn ich die Kleine ins Bett gebracht habe. Nein, keine Widerrede, Liv, du bist ja so müde, daß dir schon die Augen zufallen.«
    Sie setzten sich auf den alten Steg am Bach, wo die Milchkannen gekühlt wurden. Das Wasser gluckste und plätscherte um die Pfähle, während Silje begann, den aufmerksam lauschenden Kindern die Geschichte zu erzählen.
    »Dann will ich mal damit anfangen, daß ich nicht deine richtige Mutter bin, Sol. Deine auch nicht, Dag, aber Livs dagegen schon. Ich hoffe doch, das macht nichts?« sagte sie ängstlich. »Ich habe wirklich versucht, alles zu tun, damit ihr eure leiblichen Mütter nicht vermißt, und ich liebe euch ganz genauso, wie ich meine eigene Tochter Liv liebe. Das tut Vater auch.« Die Kinder schwiegen.
    Dann sagte Sol mit dünner Stimme: »Dann ist Tengel auch nicht unser Vater?«
    »Nein. Nur der von Liv. Und du hast ihn ja auch immer Tengel genannt, Sol.«
    »Ich nicht«, sagte Dag. »Ich sage Papa zu ihm.« »Ja, weil du noch so klein warst, als wir dich bekommen haben. Sol war schon größer.«
    Nein, so ging das nicht. Das war viel zu verwirrend. Sie versuchte, es besser zu erklären: »Wißt ihr, wir wollten so schrecklich gerne, daß gerade ihr unsere Kinder seid…« »Aber wer ist denn dann unsere richtige Mutter?« sagte Sol mit einem kleinen Zittern in der Stimme. »Habt ihr uns einfach mitgenommen, nur weil ihr uns haben wolltet?«
    Das war typisch Sol! Sie durchkreuzte Siljes tastenden Erklärungsversuch und verdrehte alles.
    »Nein, natürlich nicht. Ihr beiden habt nicht dieselbe Mutter«, sagte Silje. Das war schwierig zu erklären, aber sie wußte, daß es richtig war, ihnen jetzt die Wahrheit zu sagen. »Deine Mutter, Sol, war Tengels Schwester. Also ist er eigentlich dein Onkel. Und Liv ist deine Cousine.« Sol saß vollkommen unbeweglich da. Ihr Blick war nach innen gekehrt. »Wo ist sie denn jetzt?«
    »Deine Mutter? Im Himmel. Sie ist tot, Sol. Sie ist an der Pest gestorben, das ist eine furchtbare Krankheit, weißt du. Dein Vater ist damals auch daran gestorben, und deine kleine Schwester Leonarda. Aber das weißt du nicht mehr, du warst ja erst zwei Jahre alt, als ich dich gefunden habe. Du warst ganz alleine, verstehst du, und ich auch. Also habe ich dich genauso gebraucht wie du mich. Und der Name, den deine Mutter dir gegeben hatte, war Angelica.«
    Nun sah Sol sie aufmerksam an. Sie war immer sehr stolz auf ihren Namen gewesen, Sol Angelica, und jetzt erfuhr sie, woher sie ihren zweiten Namen hatte.
    Silje betrachtete bekümmert die allzu kurzen Ärmel, des Kinderkleids. Sol würde es nicht mehr lange tragen können. An einzelnen Stellen war der Stoff schon so dünn, daß er wie Spinnweben aussah, und sie hatte nichts, woraus sie ein neues Kleid hätte nähen können. Absolut nichts.
    Sie richtete sich auf und erzählte weiter. »Deine Mutter war wunderschön, Sol. Wunder-, wunderschön. Sie hatte schwarze, lockige Haare, genau wie du, und sehr dunkle, schöne Augen.«
    Das kleine Mädchen sagte noch immer nichts, aber ihre Augen standen voller Tränen.
    »Aber deine Augen sind heller«, sagte Silje schnell. »Grün oder gelblich, fast wie die von Tengel.«
    Ein Zeichen, daß sie eine der Auserwählten ist, eine aus dem
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