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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
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verbliebene Diakonin – wenn auch völlig geblendet.
    Außerstande zu spüren, ob Kolya lebte oder tot war oder was der Geist jetzt tat, stolperte sie rückwärts. Verwirrt suchte sie in dem, was sie während der Ausbildung und danach erlernt hatte, nach einer Lösung. Das Ergebnis war äußerst unangenehm: Ihr blieb nur eine Möglichkeit. Diakonin Sorcha Faris aktivierte Teisyat, die zehnte Rune der Herrschaft.
    Fern in der Abtei würden Menschen den Kopf von ihrer Arbeit heben und sich dem Palast zuwenden. Eine Abordnung von Diakonen würde eilends zu Sorcha geschickt werden, aber zu spät kommen.
    Teisyat hatte diese Wirkung. Teisyat erforderte anschließend eine episkopale Untersuchung, woraufhin Monate der Ermittlungen und eine »empfohlene Therapie« folgen würden. Teisyat war so gefährlich, dass nur die hochrangigsten Aktiven sie in ihre Handschuhe eingraviert bekamen, und auch das erst nach vielen Prüfungen. Obwohl Sorcha lange Jahre in der Abtei verbracht hatte, hatten nur zwei Diakone die Prüfung bestanden, seitdem diese letzte Rune in ihre Handschuhe geschnitten worden war.
    Das alles spielte für Sorcha jetzt überhaupt keine Rolle. Kolya brauchte sie.
    Ein Fenster öffnete sich zwischen der Anderwelt und der wirklichen Welt – kein winziges Etwas wie das, was Tryrei erzeugt hätte. Ihre Handschuhe brannten jetzt rot wie Lava und beschrieben die Dimensionen eines Tores, durch das Gent seine Männer Seite an Seite hätte marschieren lassen können. Der Boden unter dem Platz zitterte. All diese Dinge konnte Sorcha auch ohne ihren Mann beobachten, weil sie in ihrer Welt geschahen. Direkt vor den Kaisermauern machte sich die Anderwelt mit ihrer Gegenwart bemerkbar.
    Alle anderen Sorgen waren für Diakonin Sorcha Faris von untergeordneter Bedeutung. Sie war nach besten Kräften bemüht, diese Gegenwart zurückzuhalten. Die Abtei hatte guten Grund, die letzte Rune zu fürchten. Teisyat öffnete die Tore zur Anderwelt, und sobald sie offen standen, konnte alles hindurchgelangen.
    Diese klaffende Leere, weiß und hungrig, sog an der wirklichen Welt. Nur Sorcha verhinderte, dass das Nichts seine Albträume losließ.
    Sie stand direkt am Tor und schrie hinein. Die Anderwelt heulte zurück, laut und hungrig. Sie brannte in Sorchas Augen und zerrte an ihren Haaren. Es war, als würde sie geschunden, während der brausende Wind ihre Stimme wegriss.
    Doch sie gab nicht nach. Ihre Ausbildung und ihr Talent lenkten die Macht von der wirklichen Welt auf den Geist. Während sie als Schild fungierte, verlangte die Anderwelt etwas dafür, angerufen worden zu sein. Mit tränenden Augen sah Sorcha zu, wie die Besessenen ringsum weggerissen wurden. Beim Anblick erschlaffter Gesichter, die ins Nichts taumelten, hätte sie Reue verspüren sollen, aber sie brachte nicht mehr zuwege, als gegen den Sog der Leere anzukämpfen.
    Der körperliche Schmerz raubte ihr den Atem, doch es war der Verstand, dem die Anderwelt am schlimmsten zusetzte. Jede Angst, jeder schreckliche Augenblick ihres Lebens kam brodelnd an die Oberfläche und wurde ihr wie ein Geschoss entgegengeschleudert.
    Würde die Diakonin zusammenbrechen, dann würde die Anderwelt in die wirkliche Welt gelangen. Also schleuderte sie Sorcha alles entgegen, was sie hatte. Fehler, die zu vergessen Sorcha beinahe gelungen wäre, kamen wieder an die Oberfläche, und düstere Gedanken, die sie unterdrückt hatte, beschossen unermüdlich ihr Gehirn, bis es sie hätte zerreißen können.
Warum hast du ihn geheiratet?,
fragte eine messerscharfe Stimme und drang in die unerforschtesten Teile ihres Bewusstseins.
    Sorcha streckte ihre Handschuhe aus, auf denen Teisyat brannte wie roter Zorn. Ohne Kolya vermochte sie nicht zu erkennen, ob der Geist der Anderwelt erlegen war oder nicht. Doch sie konnte nicht viel länger gegen deren Sog ankämpfen. Sie bot ihre letzte Energie auf, schloss die Faust um die Rune und nutzte ihr gesamtes Können, um das Tor zu schließen.
    Die Anderwelt kämpfte gegen sie an und drehte und wand sich wie ein Fisch an der Angel, den die Sehnsucht nach Freiheit erfüllt. Für einen Moment hatte Sorcha das Gefühl, sie würde ihr entgleiten, sich ihrer Stärke entziehen. Dann kam der gründlichste Teil ihrer Ausbildung zum Tragen. Die Übungen zur Selbstbeherrschung, die sie als Novizin langweilig gefunden und bis zum Stumpfsinn wiederholt hatte, waren jetzt ihre letzte Rettung.
    Einzelne Ausdrücke andauernd zu wiederholen und Zahlenrätsel zu lösen –
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