Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
Vom Netzwerk:
er mehr sah als seine Kleidung. Der Prinz strich seinen kleinen Schnurrbart bedächtig zurück, bevor er auf die Bitte antwortete. »Hoch im Norden gibt es eine hübsche kleine Stadt namens Ulrich mit einer ordentlichen Fischereiflotte. Die Siedlung ist für Fremde ungastlich, aber vielleicht könnt Ihr dort Eure Reparaturen vornehmen.« Er zuckte die Achseln. »Der Ort ist außerdem so klein, dass ich dort keinen Gesandten habe, also höre ich vermutlich bis weit ins Frühjahr hinein nichts von ungewöhnlichen Besuchen … wenn überhaupt.«
    Das war nicht die Antwort, auf die Raed gehofft hatte. Er kannte Ulrich nur vom Hörensagen. Andere Handelsschiffe mieden die Stadt, da die See im Winter rau und der Hafen für Fischer nicht wichtig war. Ulrich lag zudem in der Nähe der Luftschiffstation, einem Experiment des neuen Kaisers, um die gewaltigen Distanzen des Kontinents zu überbrücken. Raed hatte auf einen Warmwasserhafen ganz im Süden von Felstaads Herrschaftsbereich gehofft; seine Mannschaft verdiente so einen Ort. Doch dem Gesichtsausdruck seines Gastgebers zufolge würde er kein weiteres Angebot erhalten.
    Raed unterdrückte alle Anzeichen seiner Enttäuschung und nickte. Bald war Spätherbst. Im Norden lag bereits Schnee. Wenn er Ulrich erreichen wollte, bevor der Winter seine strenge Seite zeigte, durfte er keine Zeit verschwenden.
    Felstaad wollte schon zu seinen Höflingen zurückkehren, hob aber einen Finger an die Lippen und fuhr wieder zu Raed herum. Sein unangenehmes Lächeln ließ nichts Gutes ahnen. »Ich hoffe doch«, flüsterte er auf leicht übertriebene Weise, »dass dieser kleine Aufenthalt an Land sich nicht als unbequem erweisen wird … angesichts Eures bedauerlichen Zustands?«
    Raed straffte sich, war aber routiniert genug, sich seinen Abscheu nicht ansehen zu lassen. Der Prinz hatte die Gerüchte gehört und wollte eine Bestätigung: Raed würde ihm keine geben. »Ich kann Euch versichern, Felstaad, dass Ihr Euch um meine Gesundheit keine Gedanken zu machen braucht. Ich werde zurechtkommen, wie immer.«
    Diese abrupte Zurückweisung ließ den Prinzen die Zähne zusammenbeißen. An so etwas war er nicht gewöhnt, aber seine Anspielung war auch weit über die Grenzen des guten Geschmacks hinausgegangen. Die Möglichkeit, dass Raed eines Tages eine Macht darstellen könnte, mit der zu rechnen war, unterband jede weitere Frage. Wie üblich bei solchen unbedeutenden Prinzen.
    Auf dem Rückweg zu seinen Höflingen fuhr Felstaad sich mit der Hand über den Mantel, als wäre etwas von Raeds Gegenwart daran hängen geblieben. »Es tut mir leid, dass ich nicht helfen kann«, sagte er um ihrer Zuhörer willen relativ laut.
    Diese schäbige Entlassung weckte im Jungen Prätendenten den Wunsch, dem schändlichen Prinzen ins Gesicht zu schlagen. In den alten Tagen, vor der Torheit seines Großvaters, hätte eine derartige Beleidigung zum Schwertkampf geführt. Aber jene Zeiten waren lange vorüber, und Raed musste im Hier und Jetzt leben.
    Er verbeugte sich nicht, als er den parfümierten Audienzsaal verließ, zwinkerte jedoch der hübschesten jungen Hofdame zu, derjenigen, die ihn »beinahe attraktiv« genannt hatte. Sollte es ihm gelingen, in Prunk und mit der richtigen Kleidung am Leib zurückzukehren, würde er vielleicht ihre Meinung in diesem speziellen Punkt ändern.
    »Darf ich Euch etwas anbieten, Diakonin Faris?« Erzabt Hastler stellte diese Frage trotz seines Rangs jedem, der das Glück hatte, eine Audienz bei ihm zu ergattern.
    Allerdings fühlte Sorcha sich im Moment nicht gerade glücklich. Sie saß in der inneren Kammer des Abts auf einem bestickten Hocker und sah mit ausdruckslosem Blick auf. »Süßen Tee, wenn Ihr welchen habt, Ehrwürdiger Vater.«
    Er nickte und bedeutete dem wartenden Novizen, etwas aus der Küche zu holen. Es dauerte nicht lange. Bald floss warmer Tee in winzige weiße Porzellantässchen – eine malerische, freundlich-häusliche Szene, die so gar nicht zu den ernsten Umständen des Augenblicks passen wollte. Dampf stieg aus der Kanne, und die lavendelfarbenen Buntglasfenster beschlugen. Der Duft von Zucker und Rosen hätte Sorcha beruhigen sollen, doch nach dem Wahnsinn des Vortags verstörte er sie eher.
    Nachdem er ihnen eingeschenkt hatte, nahm der Abt ihr gegenüber Platz, und sie tranken schweigend. Sorcha hatte das Gefühl, das feine Porzellan könnte ihr jeden Moment aus den bandagierten Händen fallen. Hastlers Amtskette, in deren siebzehn Glieder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher