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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)
Autoren: Philippa Ballantine
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»Diakon Merrick Chambers. Ein intelligenter junger Mann und ein hochrangiger Sensibler.«
    Dieser Name sagte ihr nichts, aber wenn Chambers vor Kurzem das Noviziat hinter sich gebracht hatte, war das normal. Sorcha sehnte sich nach etwas zu rauchen oder zu trinken, aber die Pflicht kam wie immer zuerst.
    Als sie ging, kam sie an drei anderen Diakonen vorbei, die im Vorzimmer saßen und auf eine Audienz beim Erzabt warteten – so viele Audienzen so früh am Tag weckten Sorchas Interesse. Sie erkannte Durnis Huntro und lächelte ihn kurz an. Der ernste Mann wirkte heute noch weniger geneigt als sonst, ihr Lächeln zu erwidern, und sie überlegte, was er mit dem Oberhaupt des Ordens zu besprechen hatte. Ihre eigenen Probleme waren jedoch drängender, und sie blieb nicht stehen, um ihn zu fragen.
    Im Flur wurde ihr klar, dass sie noch eine Audienz zu absolvieren hatte. Presbyter Rictun wartete in seinem blauen Mantel im Schatten einer Säule auf sie. Wenn Hastler das gütige Zentrum des Ordens war, dann war sein Stellvertreter das ausführende Organ. Er war es, der den diensthabenden Diakonen normalerweise ihre Aufträge erteilte, und sein Blick auf das Schriftrollenetui in ihrer Hand war so scharf, dass ihn selbst ein Aktiver interpretieren konnte. Die Sache gefiel ihm nicht – ganz und gar nicht. Er war ein junger Mann für sein Amt; im Orden gab es nur fünf Diakone im Presbyterrang, und doch war er kaum älter als Sorcha. Wie er derart schwindelerregende Höhen hatte erreichen können, war ihr ein Rätsel.
    Es mochte an seinem goldblonden Haar und seinem guten Aussehen liegen; an seinem Charme gewiss nicht. »So bald schon wieder auf Mission, Faris? Ihr versteht wirklich, Eure Partner zu verschleißen. Ich dachte, zu diesem wäret Ihr vielleicht etwas freundlicher. Immerhin habt Ihr ihn geheiratet.«
    Vier Partner waren in der Tat überdurchschnittlich, aber dass einer pensioniert, einer gestorben und einer wahnsinnig geworden war, konnte nicht allein ihr zur Last gelegt werden. Sorcha lächelte schwach; der Mangel an Schlaf und der Schock der Audienz beim Erzabt ließen sie nur sehr wenig Toleranz für die spöttische Art des Presbyters aufbringen. »Kolya wird bald wieder auf den Beinen sein.«
    Rictun zückte eine Braue. »Schrecklich, in so einen Aufstand zu geraten.«
    Er hatte nie einen Hehl aus seiner Neugier gemacht, aber diesmal ging er für Sorchas Geschmack etwas zu weit. Sie hielt ihre Anweisungen hoch und funkelte den Presbyter an. »Würdet Ihr gern einen Blick hineinwerfen, ja?«
    Er sah ihr fest in die Augen, und sie dachte daran, wie oft sie sich gestritten hatten. Rictun war ihr schon immer gegen den Strich gegangen. Vielleicht bemerkte er ihre Ungeduld, da seine grauen Augen über ihre Schulter zu Hastlers Räumlichkeiten flackerten. »Nein, Ihr solltet besser dem Erzabt gehorchen. Aber wenn Ihr zurückkommt …«
    »Werde ich sofort Bericht erstatten!«, fauchte Sorcha, machte auf dem Absatz kehrt und gönnte sich ein wenig Zähneknirschen, als sie den Flur entlangschritt.
    Wer dieser Chambers auch sein mochte – hoffentlich hatte er eine dicke Haut, denn sie brauchte jemanden als Blitzableiter.

Kapitel 3
Ein kalter Guss
    Sorcha verließ die Gemächer des Abts und durchschritt den Andachtssaal, wobei sie erheblich mehr Sicherheit zeigte, als sie tatsächlich empfand. Es war kühl in den steinernen Gängen. Die hohen, gewölbten Decken waren vielleicht nicht die beste architektonische Entscheidung für Vermillions winterliches Klima, aber das Gebäude war ihnen so zugefallen wie dem Kaiser der Palast.
    Sie ging unter den in Stein gemeißelten Figuren der Äbte hindurch, die einst hier geherrscht hatten und auf deren Brust ihr Symbol – ein Kreis aus fünf Sternen – prangte. Viele steinerne Gesichter waren abgeschlagen worden. Die Kriege auf diesem Kontinent hatten jene nicht verschont, die ihn schützen wollten.
    Im Nordflügel arbeiteten nach wie vor Laienbrüder auf Gerüsten, um ein neues Schieferdach zu errichten – das alte war bei dem Feuer zerstört worden, das vor fast siebzig Jahren die letzten einheimischen Diakone getötet hatte. Der Andachtssaal der Mutterabtei hatte in Schutt und Asche gelegen, den Launen der Natur ausgesetzt, bis Erzabt Hastler den neuen Orden auf den Kontinent gebracht hatte. Nach drei Jahren näherten sich die Reparaturen nun dem Ende. Sobald das Dach fertig war, würden nur noch die Narben zu sehen sein, nicht mehr die Zerstörung.
    Sorcha hielt kurz
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