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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees
Autoren: Evelyn Holmy
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zurückschreckt. Entsetzt gewahrt
sie, dass sie eine kaum zu übersehende Wirkung auf ihn hat. So weicht sie
unwillkürlich weiter vor ihm zurück. Da blickt er ihr wie abwesend ins Gesicht.
    „Vergesst Euch nicht“, warnt
sie ihn. Doch ihre Stimme ist nicht halb so fest, wie sie beabsichtigte. Als er
ihr gemächlich folgt, schnürt es ihr die Kehle zu. Sie stolpert schmerzhaft
über einen großen Stein am Grunde des Weihers und gerät ins Straucheln. Als sie
sich gefangen hat, steht er direkt vor ihr.
    „Wie soll ich das
bewerkstelligen“, kommt seine verspätete Antwort, wobei unversehens eine seiner
Pranken nach vorn schnellt und sich ihr in den Nacken legt. Joan reißt entsetzt
die Augen auf, doch er hat sie schon an sich gezogen und küsst sie auf die
vollen, weichen Lippen. Sie dreht den Kopf weg und will sich von ihm abdrücken,
aber er hat Bärenkräfte und presst sie fest an sich, womit sie nur allzu
deutlich spürt, wonach ihm der Sinn steht. Sie kann nicht fassen, was er vorhat
und schreit wütend auf. Doch er lacht nur rau und küsst sie wieder auf den
Mund. Nun lässt Joan ihrer Wut freien Lauf. Ohne länger zu zögern beißt sie ihm
beherzt mit aller Kraft in die Unterlippe, bis sie Blut schmeckt. Es verfehlt
die beabsichtigte Wirkung nicht. Ruckartig lässt er sie los, um stöhnend einen
Handballen gegen seine Lippe zu pressen. Joan nutzt die Gunst des Augenblicks
und stürzt sich kopfüber ins Wasser. Sie taucht ab und schlägt einen Haken in
Richtung seiner Kleidung am Ufer. Als sie wieder hochkommt, ist sie noch ein
gutes Stück vom Ufer entfernt und blickt sich suchend um. Sie kann ihn nirgends
entdecken, bemerkt jedoch plötzlich aufsteigende Luftblasen wenig vor ihr.
Geduldig wartet sie, bis er endlich neben ihr auftaucht, um ihn mit einem
entschlossenen, kraftvollen Schlag ins Gesicht zu empfangen. Er ist
überrumpelt, was durchaus in ihrer Absicht lag. So schnell sie vermag schwimmt
sie Richtung Ufer. Sie hört ihn hinter sich. Er ist ein guter Schwimmer und
kommt zusehends näher. Doch Joans diesbezügliches Geschick ist nicht minder
ausgeprägt. Von ihrer Verzweiflung beflügelt kann sie das Ufer vor ihm
erreichen. Geschwind stürzt sie an Land zu seinem Schwert und reißt es eilig
aus seiner Scheide. Noch während sie sich zu ihm herumdreht lässt sie die Waffe
spielerisch in der Hand kreisen und zielt damit geschickt blitzartig gegen seine
linke Brust.
    Er kann sich gerade noch vor
einem Sturz in sein Schwert bewahren, indem er die Füße gegen den Boden stemmt,
um seinen Schwung abzufangen, und der Waffe gekonnt seitlich ausweicht. Als ihm
Joan die Schwertspitze sogleich unbarmherzig wieder auf die linke Brust setzt,
schaut er sie mit großen Augen an. Beschwichtigend und zum Zeichen seiner
Ergebung hebt er die Hände.
    Sie ist völlig außer Atem. Und
ihre Nacktheit ist ihr nun absolut gleich. Das Schwert ist zu groß für sie,
doch es ist erstaunlich leicht, liegt gut ausbalanciert in der Hand und lässt
Joan sicherer werden. „Rühr dich nicht von der Stelle. Ich schwöre, dass ich
zustoße“, giftet sie und legt zur Untermalung die zweite Hand an den
Schwertgriff.
    Er fasst sich wieder, richtet
sich zu seiner vollen, beunruhigenden Größe auf und beobachtet sie. Seine
blutende Unterlippe nimmt er flüchtig in den Mund, um sie abzulecken. „Wie
lange wollen wir jetzt hier verharren“, fragt er ungeduldig, wobei er sich die
blutende Nase am Handrücken abwischt. Mit ungläubigem Kopfschütteln betrachtet
er seine rot gefärbte Hand, um Joan sodann fest ins Auge zu fassen. Ganz
langsam führt er die Hand nach vorn, damit Joan nicht erschrickt. „Gib mir mein
Schwert zurück, bevor ich dir wehtun muss.“
    „Das könnte dir so passen“,
zischt sie verächtlich. Als er bedächtig auf sie zukommt, drückt sie ihm
unwirsch seine Waffe gegen die Brust, so dass er zurückzuckt. Ein kleines
Blutrinnsal fließt daraufhin an ihm herab.
    Er wird wütend. „In dir steckt
wohl der Teufel, verflucht nochmal!“
    Unbeirrt drückt sie ihm
weiterhin beharrlich das Schwert gegen den Körper, der nun aus einer weiteren
Wunde blutet. „Bleib ruhig. Ich will lediglich meine Unschuld vor einem
dahergelaufenen, rolligen Hund bewahren“, erwidert sie grimmig. Es lässt ihn
offenbar zur Besinnung kommen.
    Nachdenklich gestimmt atmet er
tief durch, legt dann den Kopf für einen Moment in den sehnigen, kraftvollen
Nacken und blickt sie daraufhin wieder an. „Ich war wohl etwas neben mir. ...
Es
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