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Die rote Agenda

Die rote Agenda

Titel: Die rote Agenda
Autoren: Liaty Pisani
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eine so
sonderbare und schreckliche Methode gewählt. Eine Assoziation machte ihn
betroffen: Im Werk von Arthur Conan Doyle gab es einen, der mit der Garrotte
umzugehen wusste: Parker, ein Verbrecher im Dienste von Colonel Moran. Er
taucht kurz in Das leere Haus auf, bringt aber dort
niemanden mit der Garrotte um.
    Der Gedanke
schien ihm pietätlos. Doch Richard hätte ihn gewiss nicht als einen Mangel an
Respekt betrachtet.
    Astoni sah
auf die Uhr. In zehn Minuten hatte er eine Verabredung mit Verena Mathis am
Palavela, er musste sich beeilen. In Turin herrschte um diese Zeit immer
starker Verkehr, und er wollte nicht zu spät kommen.
    In ebendiesem Moment verließ Verena ihr Hotel und stieg in ein
Taxi, das sie zum Eispalast bringen sollte. Sie war am Abend zuvor aus Zürich
angekommen, um an einem internationalen literarischen Kongress teilzunehmen.
Vor ihrer Abreise hatte sie Paolo Astoni angerufen. Sie kannte ihn, seit sie
ein Kind war. Paolo war ein Kommilitone ihrer Mutter gewesen, und als diese
starb, hatte Verena lange Zeit bei ihm und seiner Frau in Italien gelebt. In
den Jahren, die [20]  folgten, hatte sie immer ein quasi verwandtschaftliches
Verhältnis mit dem kinderlosen Paar aufrechterhalten. Aber nicht einmal ihnen
hatte sie ihre Beziehung mit Ogden offenbart, ihrem geliebten Geheimen oder
geheimen Geliebten, wie sie ihn gern bezeichnete, wenn sie sich wieder einmal
trennen mussten.
    Paolo
Astoni hatte ihr am Telefon stolz von einem jungen Sportler, dem Sohn eines
ehemaligen Studenten, erzählt, der an der Großen Eiskunstlaufgala, die im
Palavela stattfinden sollte, teilnehmen würde. Da sie sich sowieso in Turin
aufhielt, hatte Verena versprochen, mit ihm zusammen dort hinzugehen.
    Vor zwei
Jahren, als Paolos Frau gestorben war, hatte Verena den Schmerz empfunden, den
sie beim Tod ihrer Mutter so nicht gespürt hatte, da sie damals noch ein Kind
gewesen war. Sie betrachtete Paolo als respektablen Ersatz für ihren
enttäuschenden Vater, eine Art Onkel, als dessen Lieblingsnichte sie sich
fühlte. Nun, da Paolo allein geblieben war, kam sie, wann immer sie konnte,
nach Turin, um ein wenig Zeit mit ihm zu verbringen.
    Als das
Taxi den Parco del Valentino entlangfuhr, läutete ihr Handy. Es war Ogden.
    »Wie war
die Reise?«, fragte er.
    »Sehr gut,
danke. Ich bin unterwegs zum Eispalast, um mir die Proben für eine
Eiskunstlaufgala anzusehen, an der heute Abend ein junger Mann teilnimmt, den
Paolo ins Herz geschlossen hat.«
    Ogden
wusste von der Zuneigung, die Verena für Astoni empfand, und freute sich, dass
sie ihn besuchte, denn bei ihrer Rückkehr war sie immer guter Laune.
    [21]  »Schön.
Dann musst du mir nachher erzählen, ob der Junge wirklich so gut ist.«
    Sie
wechselten noch einige zärtliche Sätze und verabredeten sich für ein Telefonat
am späten Abend.
    Verena kam
pünktlich auf die Minute am Eispalast an. Vor dem Eingang wartete Paolo schon
auf sie. Sie bemerkte sofort, dass irgendetwas nicht stimmte, auch wenn er sie
mit einem Lächeln begrüßte.

[22]  3
    Am
Tag nach dem Tod von Lowelly Grey war Peter Ward stundenlang von der Londoner
Polizei vernommen worden, und erst nachdem er nachgewiesen hatte, dass er zum
Zeitpunkt von Richards Tod in Gesellschaft einiger Freunde gewesen war, hatte
man ihn nach Hause gebracht und sich vielmals entschuldigt.
    Endlich in
seinem Apartment, stellte er das Telefon ab und ließ seinem Schmerz freien
Lauf.
    Er hatte
Richard drei Jahre lang geliebt, sie hatten eine tiefe Beziehung gehabt, die
ohne hässliche Szenen zu Ende gegangen war und sich in eine echte Freundschaft
verwandelt hatte, wie es bei ehemaligen Geliebten bisweilen geschieht. Er
verdankte es Richard, dass aus ihm, einem langweiligen und ungebildeten jungen
Typ, der sich nur für Sport und Heavy Metal interessierte, ein Mann mit vielen
Interessen geworden war. Durch ihn hatte er angefangen zu lesen, in
Kunstgalerien zu gehen, andere Musik zu hören, und schließlich jene Dinge
schätzen gelernt, die ihn, vor Richard, kaltgelassen hatten.
    Dank des
Freundes hatte er entdeckt, dass auch in ihm etwas Gutes steckte, das sich
vorher nicht gezeigt hatte, weil es niemandem gelungen war, seinen Geist und
seine Seele zu ermutigen. Stolz erinnerte er sich jenes Tages, als Richard [23]  zu
ihm sagte, er habe gleich gespürt, dass er, Peter, nicht der übliche
jugendliche Hohlkopf sei, sondern ein junger Mann, der auf seine Chance warte.
Und diese, dachte Peter mit Rührung, hatte sich auf
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