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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz
Autoren: Julie Gordon
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draußen gewesen? Hatte er … wo war er gewesen?
    Er kam ein paar Schritte näher. „Da und dort. Hauptsächlich in einer Hafenschenke, wo sie bis zum Morgen billigen Met ausschenken und Lieder grölen.“
    Er verzog das Gesicht, als quälte ihn ein Kater.
    „Warum bist du nicht heimgekommen und hast dich schlafen gelegt?“
    „Ich musste nachdenken.“ Kurz verfinsterte sich seine Miene, und Johanna wagte nicht, noch mehr Fragen zu stellen. Sie hatte das ungute Gefühl, dass etwas zwischen ihnen aus dem Gleichgewicht geraten war.
    Eiriks Stirn glättete sich. Er lächelte. „Wie wäre es mit einem Frühstück? Ich hole uns was aus der Küche?“
    „Ich muss bei Hallgrim bleiben.“ Johanna blickte zu der Kammer zurück.
    „Macht nichts. Vor ihm habe ich keine Geheimnisse, und vor dir erst recht nicht. Ich komme gleich.“
    Sie glaubte, seine Schritte wären leichtfüßiger als vorhin. Lauschend stand sie im Flur, während er in die Küche ging. Dann schlich sie zurück in Hallgrims Kammer.
    „Freya?“, murmelte er.
    „Ich bin’s. Johanna.“
    „Ah, Johanna. Abendstern meiner Nacht. Komm, setz dich zu mir.“
    Er versuchte sich aufzurichten. Johanna kam ihm zur Hilfe, stopfte Kissen in seinen Rücken und brachte ihm kalten Kräutersud vom Vorabend, der bitter roch und wohl auch so schmeckte, denn Hallgrim verzog angewidert das Gesicht. „Eirik war über Nacht weg“, sagte sie leise. „Er bringt gleich was zu essen herauf.“
    „Über Nacht, ja?“
    Sie nickte stumm und stopfte die Decke rund um Hallgrims ausgezehrten Körper fest. Früher, das ahnte sie, war dieser Mann ein muskulöser Krieger gewesen, doch die Krankheit hatte ihm alle Kraft geraubt. Jetzt blieb ihm nur seine leise Stimme, die zu erheben ihn schon zu viel Kraft kostete. Doch sein Wort hatte Gewicht, und dies blieb ihm in seinen letzten Tagen der Trost.
    „Du hast Angst, er könnte bei einer anderen gewesen sein, nicht wahr?“
    Ihre Stimme war rau. „Ich habe Augen im Kopf. Während mir die Worte fehlten, lauschte ich kaum auf das, was andere sagten, sondern auf das, was sie taten.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Nein, es wäre nicht recht, einem todkranken Mann zu sagen, dass seine Frau sich zu Eirik hingezogen fühlte.
    „Du bist eine kluge Frau, Johanna. Aber ich denke, deine Sorge ist unbegründet. Freya war die ganze Nacht in ihrer Kammer.“
    Ihr Kopf ruckte hoch.
    „Mein Schlaf ist nicht so tief wie deiner, und manche Nacht tue ich kein Auge zu, auch wenn du es glaubst.“ Sein Lachen mündete in ein Husten. „Sie ging gestern Abend in ihre Kammer und liegt wahrscheinlich noch selig schlummernd im Bett.“
    Wenn das stimmte … aber warum sollte Hallgrim sie anlügen? Ehe Johanna sich mit eigenen Augen davon überzeugen konnte, kam Eirik und brachte ein kärgliches Morgenmahl: Gerstenbrei vom Vortag, der ihm im Kessel angebrannt war, lauwarmen Met und hartes Brot.
    Froh um die Ablenkung verteilte Johanna alles, während Eirik sich zu Hallgrim ans Kopfende setzte. Er wartete, bis auch Johanna saß, ehe er sagte: „Gestern Abend war ich bei Valdimar Tindursson.“
    Johanna sagte der Name nichts.
    Hallgrim aber sagte: „Ah. Ich ahne etwas.“
    „Dein Bruder war so freundlich, mir seinen Namen zu nennen.“ An Johanna gewandt fuhr er fort: „Du kennst ihn. Er war es, der den Befehl über die Drachenboote führte, die dein Dorf überfielen.“
    Die Schale mit Gerstenbrei war felsenschwer in ihrer Hand. Sie würgte.
    „Er wird sein Wissen für sich behalten.“
    Sie glaubte, eine leise Verunsicherung bei ihm zu spüren, als wäre das, was er ihr damit versprach, nicht sicher.
    „Was macht dich so sicher?“, fragte sie daher.
    Er lächelte. „Dich kann ich nicht täuschen, nicht wahr?“ Einen Augenblick schien er nachzudenken, als durchlebte er noch einmal die Begegnung mit dem Sklavenhändler. „Mir schien es fast zu einfach. Valdimar hat sofort zugestimmt, alles zu tun, was ich von ihm verlangt habe. Das wird genügen, denke ich – zumindest bis zum Frühjahr, und danach wird es uns nicht mehr kümmern, weil wir das erste Schiff nach Norden nehmen.“
    War es wirklich so einfach?
    „Ich sorge dafür, dass er schweigt. Vielleicht sollte ich ihn das eine oder andere Mal daran erinnern, aber sei gewiss: Es ist vorbei.“
    Änderte das etwas daran, dass sie diese Dinge durchlebt hatte?
    Hallgrim aber nickte, als wäre damit ein Kapitel abgeschlossen.
    Redet mit mir! Erklärt mir eure Welt!
    War es denn besser,
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