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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien
Autoren: Iny Lorentz
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zusammen mit uns aus der Hölle zurückgekehrt.«
    »Unsinn!«, wiederholte Okin, der blass geworden war.
    »Nun, Waskonen, was gebührt so einem Mann?«
    »Die Verbannung oder der Tod!« Danel hatte sich entschieden, sich auf Maites Seite zu schlagen. Er tat es nicht nur ausAngst vor Okins Zorn, sondern auch aus einem Gefühl der Gerechtigkeit heraus. Maites Onkel hatte ihnen allen weisgemacht, seine Nichte wäre aus freiem Willen in Córdoba geblieben, um einen engen Vertrauten des Emirs zu heiraten und dort als geachtete Herrin zu leben. Nun zu erfahren, dass Okin sie an den berüchtigten Berber Fadl ausgeliefert hatte, empörte die Bewohner von Askaiz.
    Okin spürte, dass seine Anhänger von ihm abfielen, und bevor er etwas zu seiner Verteidigung sagen konnte, schleuderte Maite ihm weitere Anklagen entgegen.
    »Es war nicht das erste Mal, dass du mich loswerden wolltest! Dein Vorschlag war es, mich als Geisel den Franken auszuliefern. Du hattest wohl gehofft, sie würden mich töten oder wenigstens in ein Kloster sperren, weil ich die Braut eines ihrer Anführer gefangen gehalten hatte. Allerdings waren die Franken nicht so grausam, wie du es erhofft hast. Sie ließen mich am Leben, und ich konnte ihnen zusammen mit dem jungen Eneko und den anderen Geiseln in Iruñea entkommen.«
    Maite legte eine kurze Pause ein, damit ihre Rede ihre Wirkung entfalten konnte, und sprach dann mit bebender Stimme weiter.
    »Erinnerst du dich noch an den Tag, an dem mein Vater wie ein erlegter Bär hierhergebracht wurde, Okin? Denkst du manchmal noch daran, wie du ihn und ein Dutzend unserer tapfersten Männer an die Asturier verraten hast? Du hast mit dem Grenzgrafen Roderich ein Abkommen geschlossen, ihm unseren Stamm zu unterstellen, wenn er dich zu dessen Anführer macht. Doch auch diese Vereinbarung hast du nicht gehalten, sondern dich mit Eneko von Iruñea zusammengetan, weil der dir mehr Macht und mehr Reichtum versprochen hatte.
    Erinnerst du dich auch, wie du mich in die Arme Roderichs gestoßen und ihm unnötigerweise gesagt hast, wer ich bin?Schon da hattest du mich loswerden wollen, aber damals wie heute bin ich zurückgekehrt. Diesmal bin ich erschienen, um Gericht über dich zu halten, du Verräter! Du hast den Mann deiner Schwester, deinen Anführer, dem du die Treue geschworen hast, Feinden ausgeliefert und mich, deine Nichte, zum Tod oder einem Leben fern der Heimat verurteilen wollen. Doch all deine Lügen und Schlichen haben dir nichts genützt! Du bist am Ende!
    Ich übernehme nun die Herrschaft über den Stamm und werde sie zu gegebener Zeit an meinen Sohn weitergeben. Du aber hast den Tod verdient! Da in unseren Adern durch meine Mutter das gleiche Blut fließt, verzichte ich darauf, dich hinrichten zu lassen. Stattdessen verbanne ich dich, Okin, für immer aus den Dörfern, die zu Askaiz gehören, und dem gesamten Gebiet unseres Stammes. Nimm dein Weib und deinen Sohn mit und so viel von deinem Besitz, wie du auf ein Pferd laden kannst. Komme mir nie mehr unter die Augen!
    Euch anderen aber sage ich, dass ich den Stamm König Karl unterstellt habe und euch in seinem Namen führen werde. Wenn ihr glaubt, das sei der falsche Weg, so vernehmt, dass sich der Grenzgraf Roderich von Asturien abgewandt hat und ebenfalls König Karl als seinen Herrn anerkennt.«
    Maites Worte schlugen wie ein Blitz ein. Ihre Leute kannten Roderich, der sich stolz den letzten Visigoten nannte, und wussten, wie tief seine Abneigung gegen die Franken gewesen war. Nun wurde ihnen klar, dass König Karl nicht bereit war, sich mit seinem gescheiterten Feldzug nach Spanien abzufinden. Die Macht des Franken reichte bereits jetzt wieder über die Pyrenäen, und sein Einfluss war so stark, dass Graf Roderich auf Karls Seite umgeschwenkt war.
    Danel interessierte sich weniger für die große Politik als für Maites letzten Vorwurf gegen ihren Onkel. »Stimmt das mit Okins Verrat?«, fragte er mit bebender Stimme.
    Maite nickte. »Es stimmt! Graf Roderich hat diese Tat mit einem Eid bestätigt und mir Blutgeld für meinen Vater gezahlt und auch für alle, die mit Iker gefallen sind.« Auf die Idee, Roderichs Gold mit den anderen zu teilen, war Maite unterwegs gekommen. Sie brauchte Anhänger im Stamm, und da war es gut, sich großzügig zu zeigen.
    Danel kaute an ihren letzten Worten. Er hatte ebenfalls zu jenen gezählt, die mit Iker auf Raubzug gegangen waren, doch ihn hatten die Asturier am Leben gelassen, weil sie ihn gebraucht hatten, um
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