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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands
Autoren: Karen Ranney
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Gilmuir Castle zu betrachten, in dem sie aufgewachsen war. Gilmuir stand wie ein sie willkommen heißender Leuchtturm da, eine Wunderwelt, vielleicht nur dafür errichtet, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Und plötzlich lächelte sie, auf eine ganz andere Weise, als sie es in England tat, als streife auch sie alle Zwänge ab.
    Was würde seine Mutter heute, so viele Jahre später, denken, wenn sie entdeckte, dass das Schicksal – oder ein rachsüchtiger Gott – ihn in ihre Heimat zurückgeschickt hatte? Eine törichte Frage, denn er würde niemals eine Antwort darauf erhalten.
    Den größten Teil des Jahres lag eine unwirtliche, graue Decke über diesem Land, eine Eintönigkeit, die verkündete, dass man sich in Schottland befand. Doch jetzt blühten an den Hängen Heidekraut, Disteln und Wildblumen im Überfluss, malten Farbkleckse in Gras und Klee. Die Oberfläche des tiefblauen Loch Euliss schlug Wellen bei dem plötzlich aufgekommenen heftigen Wind.
    Ein Unwetter braute sich zusammen, als wolle es Alec begrüßen. Das Sonnenlicht, das diffus durch den Wolkenschleier drang, tauchte das Castle in ein unwirkliches Licht. Es war ein seltsamer Empfang an diesem Ort der Erinnerung.
    Die Landspitze war der ideale Platz, um Eindringlinge abzuwehren, doch die Erbauer der Trutzburg hatten weder die englischen Kanonen noch den Zorn des Empires vorhergesehen, mit denen es Vergeltung an den widersetzlichen Schotten übte. Gilmuir war in Grund und Boden bombardiert worden und nun nicht mehr als ein Behältnis ohne Deckel.
    Wird es Gilmuir immer geben, Großvater?
    So lange wie das Meer, Ian. So lange wie das Meer.
    Doch es war anders gekommen. Gilmuir Castle war gefallen, neben dem neu erbauten Fort William nicht mehr als ein Gerippe.
    Cumberland höchstselbst hatte Alec aus dem Offizierskader in Flandern dazu auserwählt, ihn nach Schottland zurückzubegleiten, um den Aufstand niederzuschlagen. Und seine Fähigkeit, auf dem Schlachtfeld am Leben zu bleiben, und seine noch wichtigere Fähigkeit, stillschweigend zu gehorchen, hatten ihm das Kommando über Fort William eingetragen.
    Er hätte gern protestiert, den Posten mit einem vernünftigen Argument abgelehnt, doch es wäre nicht klug, Cumberland sein schottisches Erbteil oder seinen Widerwillen zu offenbaren. Das Erste könnte ihn an den Galgen bringen, und das Zweite würde ihm nur die Missbilligung des Herzogs einbringen.
    Dunst verschleierte den Horizont und färbte die Berge blau. Die Westseite des Tales war dicht bewaldet, das Gras im Osten, auf der Gegenseite des Tales, so kurz, als weideten Schafe darauf. Unter ihm, in einem abgelegenen Winkel des Tales, lag das Dorf, das er beinahe ebenso gut kannte wie Gilmuir Castle. Ein
Clachan,
wie es bei den Schotten hieß – kleines Dorf. Er war in vielen der Häuser zu Besuch gewesen, im Elternhaus von Fergus, James und Leitis fast so etwas wie ein dritter Sohn.
    Die Steine der Cottages waren grün von dem Moos, das sie im Lauf der Jahre angesetzt hatten. Die Häuser sahen alle gleich aus, lange, rechteckige Gebäude mit einer Tür in der Mitte und zwei hohen Fenstern rechts und links davon. Das Stroh auf den Satteldächern war mit der Zeit zu Matten zusammengebacken, die wie knusprige, braune Krusten frisch gebackener Brotlaibe aussahen.
    Ein weiterer Ort der Erinnerung, einer, den zu meiden sich empfahl.
    Er stieg wieder auf, gab seinen Männern das Zeichen und verbannte alle Gedanken an die Vergangenheit aus seinem Kopf. Es war einfacher, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren und auf die Pflicht, die ihm übertragen worden war.
     
    Der Himmel verdunkelte sich, Blätter und Gräser wirbelten am Haus vorbei. Leitis schaute durch die offene Tür. Plötzlich brach die Sonne durch eine drohend-schwarze Wolke und ließ sie golden aufleuchten, als kündige sie die Gegenwart Gottes in dem heranrückenden Gewitter an. Traurigkeit schien in der Luft zu liegen, als bereite sich die Erde darauf vor zu weinen.
    Leitis schloss die Augen und lauschte mit ihrem sehnsuchtsvollen Herzen dem Flüstern der Fäden unter ihren Fingern, das sich wie eine scherzhafte Unterhaltung ihrer Brüder anhörte. Der Wind, der nach Regen roch, klang wie das unterdrückte Lachen zwischen ihren Eltern, und was da mit einer ihrer Locken an ihrem Ohr spielte, war nicht die Luft, sondern Marcus, der sich über sie beugte und ihr Zärtlichkeiten zuraunte.
    Und über dem Grollen des herannahenden Gewitters glaubte sie einen Dudelsack zu hören. Die Melodie
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