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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands
Autoren: Karen Ranney
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hatte.
    Ian schaute ihn fragend an.
    »Ionis? Du meinst den Heiligen?« Sein Blick wanderte wieder nach oben. Er kannte die Geschichten über Ionis von seinem Großvater, hatte sie jedoch für eine MacRae-Sage gehalten. Jetzt sah es so aus, als wären sie doch wahr.
    Langsam folgte Ian seinen Freunden zur Höhle hinaus. Vor ihm lag eine Bucht, die er noch nie gesehen hatte, das dunkelblaue Wasser auf drei Seiten von Felsen eingefasst. Wo der Loch Euliss sein sollte, ragte, fauligen Zähnen eines riesigen Ungeheuers gleich, eine Reihe schwarzer, zusammenhängender Klippen aus dem See empor.
    Ian legte den Kopf in den Nacken und erwartete, über sich das Kloster zu sehen. Stattdessen war da nur die steile Wand eines Überhangs. Den Blick auf die letzte Klippe in der Reihe geheftet, ging er am felsigen Ufer entlang, bis er die Formation aus einer besseren Perspektive erforschen konnte: In dem Felsenriff klaffte eine Lücke, groß genug für ein Schiff.
    Plötzlich begriff Ian, dass nicht die Treppe das eigentliche Geheimnis war, sondern die Felsenbucht. Sie war Gilmuirs einzige verwundbare Stelle.
    Seine Schnittwunde begann zu pochen, als wolle sie ihn ermahnen. »Lasst uns gehen.« Entschlossen drängte er sich an Fergus vorbei zurück zur Höhle. Er wollte nichts anderes mehr, als diesen Ort verlassen, den Schacht verschließen und so tun, als hätte er nie von dem Geheimnis erfahren.
    »Was hast du’s denn so eilig?«, fragte Fergus.
    Ian drehte sich zu seinem Freund um. »Wenn der Laird dahinterkommt, dass wir hier waren, wird er nicht erfreut sein – und da wird mir auch nicht helfen, dass ich sein Enkel bin.« Vielleicht fiele seine Strafe angesichts dieser Tatsache sogar härter aus.
    Er stieg die Treppe hinauf, und es kam ihm vor, als brauche er dafür nur die Hälfte der Zeit, die ihn der Abstieg gekostet hatte.
    Als er aus dem Schacht auftauchte, sah er ein Stiefelpaar am Rand stehen. Es gab eine Frau im Clan, die das Zweite Gesicht hatte und behauptete, die Unbilden zu kennen, die die Zukunft bringen würde. In diesem Moment hatte Ian MacRae, geborener Alec John Landers, das gleiche Gefühl.
    Meistens hatte der Blick seines Großvaters etwas Verschmitztes, doch jetzt erschien er ihm hart.
    »Komm mit, Ian«, sagte der Laird, und seine Stimme hallte durch das alte Kloster. »Ich bedaure, dass es so ist, aber du wirst heute ein Mann sein müssen.«
    »Ja, Sir.« Ian wappnete sich, seine Strafe mit Tapferkeit anzunehmen.
    Er hoffte, dass sein Mut ihn nicht verlassen würde, aber zu seinem Erstaunen machte der Großvater nicht in der Versammlungshalle des Clans halt und führte ihn auch nicht in sein Gemach, sondern hinaus in den Innenhof von Gilmuir.
    Seine Großmutter stand dort, hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und weinte bitterlich. »Moira, Moira«, stöhnte sie und wiegte sich dabei unaufhörlich vor und zurück.
    Angst packte Ian, so überwältigend, dass ihm fast übel wurde.
    Er sah das Pferd seiner Mutter, hinten an einen Lastkarren gebunden. Die Flanken glänzten von Schweiß, und es rollte mit den Augen, während es den Händen des Stallknechts auszuweichen versuchte, der es beruhigend streicheln wollte. Mehrere Männer waren um den Karren versammelt. Ian kannte keinen von ihnen.
    Aber es waren weder die Fremden noch seine weinende Großmutter, was ihm Angst machte. Von einem Gefühl getrieben, das er nicht bezeichnen konnte, ging er auf den Karren zu. Doch es kam ihm vor, als wäre er in Wirklichkeit gar nicht hier, sondern noch immer mit Fergus und James unten in der Höhle, als sei diese Szenerie Teil eines seltsamen Wachtraums. Und dann wusste er plötzlich, dass er nie wieder die unbekümmerte Freude empfinden würde, von der seine Sommer in Gilmuir erfüllt gewesen waren.
    Die Drummonds hatten seine Mutter getötet, seine wunderschöne Mutter, die so gern lachte.
    Er wollte sich übergeben. Oder weinen. Oder sich in die Arme seiner Großmutter werfen.
    »Die Frauen werden sie vorbereiten«, sagte jemand und legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. Als er nach oben schaute, sah er das Gesicht seines Großvaters. Eine Mischung aus tiefer Trauer und Mitgefühl lag in seinem Blick. Ian schüttelte den Kopf. Er war entschlossen, bei seiner Mutter zu bleiben.
    Sie brachten sie in ihr Gemach. Die weinenden Frauen folgten, und Ian folgte ihnen, schweigend und ohne eine Träne. Als sie ihren Leichnam wuschen, drehte er sich weg, aber er war nicht bereit, sie zu verlassen.
    »Sie haben
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