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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands
Autoren: Karen Ranney
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vertreiben.
    Die Brüder schlossen die Fensterläden auf allen drei Seiten, sodass nur noch Dämmerlicht herrschte. Dann ging Fergus in die Mitte des Raumes und blieb dort stehen. James ging ein paar Schritte weiter und ließ den Blick über den Schieferboden gleiten.
    »Was suchst du?«, fragte Ian. Als keine Antwort kam, wartete er schweigend ab.
    Gleich darauf sagte James: »Hier!«, und deutete auf eine Stelle direkt vor sich.
    »Da ist eine verborgene Treppe«, schlussfolgerte Ian.
    Fergus nickte.
    »Wohin führt sie?«
    »Weiß ich nicht«, antwortete Fergus und setzte mit im Dämmerlicht blitzenden Zähnen breit grinsend hinzu: »Aber ich habe vor, es herauszufinden.«
    »Wie habt ihr sie gefunden?«, wollte Ian wissen. Er kniete sich neben seinen Freund, als dieser die Deckplatte entfernte, unter der eine weitere, quadratische Schieferplatte zum Vorschein kam, beschlagen mit einem schweren, eisernen Ring in der Mitte.
    Fergus’ Grinsen schwand, als James in stirnrunzelnd ansah, bevor er widerstrebend nickte. Ian hatte den Eindruck, dass der Ältere im Moment viel lieber irgendwo anders gewesen wäre.
    »Los, sag’s ihm. Das kann er jetzt auch wissen.«
    »Wir sahen den Laird eines Tages hierhergehen«, gestand Fergus.
    »Und wir folgten ihm, weil wir ihm etwas vortragen wollten«, setzte James hinzu.
    »Aber als wir ankamen, war er verschwunden«, erzählte Fergus weiter. »Und dann stieg er plötzlich aus dem Fußboden.« Jetzt grinste er wieder.
    »Mir blieb fast das Herz stehen«, sagte James. »Ich glaube, er war genauso erschrocken wie wir.«
    Fergus nickte. »Er freute sich nicht, uns zu sehen, das war deutlich zu erkennen. Und dann ließ er uns Stillschweigen geloben.«
    »Wenn das so ist, sollten wir nicht hinuntersteigen«, meinte Ian, der in die Öffnung spähte. Er brannte zwar darauf, den Schacht zu erforschen, doch sein Gewissen flüsterte ihm zu, dass er dem Befehl seines Großvaters nicht zuwiderhandeln durfte.
    »Ian hat recht.« James stellte sich neben ihn.
    »Aber der Stein ist schon weg, und Ian kennt das Geheimnis jetzt.« Fergus legte die Hände zu beiden Seiten der Öffnung auf und war im nächsten Moment in der Tiefe verschwunden.
    »Was machst du da?«, fragte James, als Ian sich auf die Kante setzte und die Beine baumeln ließ.
    »Er sollte da unten nicht allein sein«, antwortete Ian, doch in Wahrheit erwies sich die Verlockung des Unbekannten als unwiderstehlich.
    Er tastete mit dem Fuß nach der ersten Stufe. Sie war rutschig. Vorsichtig machte er sich an den Abstieg, stützte sich mit den Händen an den Wänden ab. Die Treppe war schmal, die Mauern und die Luft waren feucht.
    Ian hörte Geräusche hinter sich. James hatte sich offenbar entschlossen, ihnen zu folgen. Gleich darauf schabte Stein über Stein, und es wurde stockfinster.
    »Warum habt ihr keine Laterne mitgenommen?«, fragte Ian nach unten.
    »Wie hätte ich das denn begründen sollen?«, fragte Fergus spöttisch zurück. »Meine Ma hätte mir ohne eine Begründung keine gegeben, und ich möchte mir nicht ausmalen, was der Laird gesagt hätte, wenn er uns mit einer erwischt hätte.«
    »Er hätte gewusst, dass wir vorhatten, seinen Befehl zu missachten«, sagte James hinter ihm.
    Die Finsternis raubte Ian den Orientierungssinn. Seine einzigen Anhaltspunkte waren die Stimmen seiner Freunde.
    Je weiter er hinunterstieg, umso intensiver wurde der Modergeruch. Ian hoffte inständig, dass es nur Flechten waren, was seine Hände an den Wänden berührten. Die Stufen waren mit etwas ebenso Schleimigem bedeckt, was sie gefährlich rutschig machte. Zweimal verlor er beinahe den Halt.
    Nach einer Weile drang Helligkeit von unten herauf, und gleich darauf endete die Treppe. Ian trat von der letzten Stufe in ein Gewölbe – und blieb wie angewurzelt stehen. Mit offenem Mund schaute er sich um.
    Die Morgensonne beleuchtete Gemälde an Wänden und Decke, Porträts einer Frau, die von einem zum anderen größeres künstlerisches Können bewiesen, bis Ian schließlich die Schönheit des letzten gefangen nahm. Darauf trug die Frau ein blassgelbes Kleid mit weiten, langen Ärmeln und einen Kranz aus Gänseblümchen im Haar. Ihr gewinnendes Lächeln und der sanfte Ausdruck in den grünen Augen waren so lebensecht, dass Ian fast glaubte, sie atmen zu hören.
    »Was denkst du, wer das ist?«, flüsterte Fergus neben ihm.
    Ian schüttelte schweigend den Kopf.
    »Das ist Ionis’ Lady«, sagte James, der sich zu ihnen gesellt
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