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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands
Autoren: Karen Ranney
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sie zu Tode geschändet«, flüsterte eine der Frauen voller Entsetzen, und seine Großmutter weinte unaufhörlich. Ian schloss die Augen, stand mit hängenden Schultern da, die Hände zu Fäusten geballt, um seine Wut und seinen Gram zu zügeln.
    Er saß die ganze Nacht bei seiner Mutter und wartete auf den Moment, da sie die Lider heben und ihn anlächeln, aufstehen und auf ihre fröhliche Art lachen würde.
Nur ein Scherz, mein Liebstes,
würde sie sagen, und ihre Augen würden vor Belustigung blitzen. Er starrte sie an, bis seine Augen brannten, wagte kaum zu blinzeln, aus Angst, den ersten Atemzug zu versäumen. Doch ihre Lider blieben geschlossen, und ihr Gesicht war still und bleich im Schein der dicken, weißen Kerzen an ihrem Sarg.
    Sein Großvater saß neben ihm. Ihre Stühle standen dicht nebeneinander, aber gesprochen wurde kein Wort, während der ganzen Totenwache nicht. Großvater und Enkel, Vater und Sohn konzentrierten sich ganz darauf, Körper und Seele der Verschiedenen zu bewachen.
    Bei Tagesanbruch erhob sich der Laird, als mehrere Clanmitglieder das Zimmer betraten und damit das Ende dieser Zeremonie und den Beginn der nächsten signalisierten. Seine Mutter würde in den Hügeln von Gilmuir zur letzten Ruhe gebettet werden.
    Er würde sie niemals wiedersehen.
    James und Fergus, beide in ihren Festtagskilts, nahmen ihn in die Mitte, doch Ian wünschte plötzlich, sie würden gehen. Er war gefährlich nahe an den Tränen und wollte sich in Gegenwart der Brüder nicht die Blöße geben zu weinen.
    Leitis löste sich aus der Menge, die Haare mit einem Band gezähmt, die Augen voller Tränen. Ihr Gesicht war ganz verschwollen. Während er sie anschaute, fragte er sich, warum es ihm vorkam, als ob tausend Jahre vergangen wären, seit er es gewagt hatte, sie zu küssen.
    Leitis kam zu ihm, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Noch vor ein paar Stunden hätte ihn das in einen Glückstaumel versetzt. Jetzt empfand er
nichts
dabei.
    Sie trat einen Schritt zurück und reichte ihm etwas. Er nahm es und schaute darauf hinunter. Sie hatte schwarze Wolle um eine Distel gewickelt und zu einem Reif geformt.
    »Es ist ein Andenken«, sagte sie leise. »Damit du diesen Tag nie vergisst.«
    Er schaute sie an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Wie konnte sie glauben, dass er diesen Tag jemals vergäße? Er ließ ihr Geschenk bewusst fallen und zertrat es mit seinem Stiefelabsatz.
    »Es war Gottes Wille«, sagte sein Großvater und legte den Arm um Ians Schulter. Mit trockenen, brennenden Augen schaute er zu dem Grundherrn auf. »Das lernen wir Schotten, mein Junge. Es ist nicht nötig, jemanden für das zu bestrafen, was das Schicksal gebracht hat.«
    Ian schüttelte den Arm ab, wich mehrere Schritte zurück, ging auf Abstand zu dem Clan, denn in diesem Moment erfüllte ihn ein abgrundtiefer Abscheu gegen alles Schottische. Er war Alec John Landers, nicht Ian MacRae, und an diesen Gedanken klammerte er sich verzweifelt, um nicht doch noch zu weinen.
    »Ich bin kein Schotte«, erklärte er, um eine feste Stimme bemüht. »Ich werde niemals einer sein. Ich bin Engländer, und ich hasse euch alle.«

[home]
    1
    Schottland, Juli 1746
    I ch übertrage Euch ein Kommando, Colonel, das fast ebenso wichtig ist wie Eure Mission. Schlagt diesen verdammten Aufstand nieder. Exekutiert jeden einzelnen dieser Schurken, wenn Ihr müsst, nur übergebt mir die Highlands befriedet.
    Die Worte des Duke of Cumberland hallten durch Alec Landers’ Kopf, als er sich Fort William näherte. Hinter ihm ritten fünf handverlesene Männer, die ihn seit Inverness begleiteten. Ihre Unterhaltung, das Klimpern des Zaumzeugs, das dumpfe Klop-Klop der Pferdehufe auf dem dichten Gras und das Seufzen des Windes spielten die Hintergrundmusik für seine Gedanken.
    Auf der Kuppe eines Hügels, nicht weit von seinem neuen Standort, machte er halt und hob die Hand. Seine Männer hielten ebenfalls an, blieben im Sattel. Keiner von ihnen fragte nach dem Grund der Unterbrechung oder warum er absaß und hinüber zum Straßenrand ging. Es wäre ihnen nicht im Traum eingefallen.
    Er stand regungslos da und schaute auf die Landschaft hinunter. Erinnerungsbilder tauchten in ihm auf in diesen Minuten für sich.
    Sechs Jahre lang, das erste Mal war er sechs und das letzte Mal elf gewesen, hatte zu jedem Sommeranfang ihre Kutsche genau an dieser Stelle gehalten. Seine Mutter pflegte sich neben ihm aus dem Fenster zu lehnen, um
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