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Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm
Autoren: Horst Hoffmann
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Mächte gehört – und davon, daß Hadamur sich feige dem Kampf fernhielt.
    Von dem, was Yavus zu berichten hatte, wollte Andraiuk dann seine endgültige Entscheidung abhängig machen. Zunächst aber sollte sich Prinz Iugon schon darauf vorbereiten, mit Prinzessin Soraise vermählt zu werden, einer der vielen Töchter Hadamurs, um damit den Anschluß Aylands ans Shalladad zu besiegeln.
    Shadrons Vogelreiter hatten sich derweil im Gebiet Tupans häuslich eingerichtet und führten sich bereits wie die Herren im Lande auf. Allerdings hatte Andraiuk mit Nachdruck darauf bestanden, daß die Shallad-Krieger nur in kleinen Gruppen nach Tupan hinein durften. So war zumindest die Stadt fest in seiner Hand, doch obwohl die Ays voller Hoffnung zu ihm aufblickten, hatte sich der König selbst fast damit abgefunden, daß Ayland ins Shalladad eingegliedert werden würde. Zu übermächtig war der Gegner, und Hadamur sollte es nicht schwerfallen, noch einmal die doppelte Anzahl an Kriegern zu schicken.
    »Mögen die Götter ihre schützende Hand über Yavus halten«, murmelte Andraiuk. »Und möge er uns gute Nachricht bringen.«
    Seine Stimme spiegelte seine ganze Niedergeschlagenheit wider. Dort hinten, jenseits der mächtigen Stadtmauern, konnte er die Feuer der Vogelreiter sehen. Ab und an kamen sie ganz nahe an die Mauern heran und veranstalteten wilde Kampfspiele.
    Mit einer Verwünschung drehte Andraiuk sich zu den Männern um, die ihn nicht durch unangebrachte Worte zu stören wagten.
    Dryhon war fast sechs Fuß groß, schlank und sehnig. Knochig wirkte sein Gesicht, fast wie eine Totenmaske, mit unergründlichen, dunklen Augen und blutleeren Lippen. Manchmal erschauerte Andraiuk bei seinem Anblick. Es war kein Geheimnis, daß Dryhon ehrgeizig und nicht Alamogs Freund war. Doch galt er als tüchtiger Magier, und bei aller stillen Abneigung ihm gegenüber wollte der König gerade jetzt auf seinen Rat nicht verzichten. Lange musterte er ihn in seinen purpurnen Pluderhosen, den Schnabelschuhen und dem ebenfalls purpurnen Oberhemd, über dem eine gelbe Schärpe lag. Darüber trug er einen schwarzen Umhang mit magischen Symbolen darauf, und nie sah man ihn ohne den schwarzen Spitzhut mit der breiten Krempe. In kostbaren Scheiden steckten zwei Dolche, von denen es hieß, daß nicht nur ihre Klingen töteten.
    Niemand mochte den Magier. Vielleicht war seine schrille Stimme mit ein Grund dafür. Er sprach wie ein Eunuch, und manch einer wollte wissen, daß er tatsächlich sein Geschlecht verloren hatte. Böse Zungen behaupteten gar, er hätte es dem Dreigespann vom Hungerturm als Pfand überlassen.
    Andraiuk glaubte nicht daran. Er musterte Tarakon, der das krasse Gegenteil vom überheblichen Zauberer war. Andraiuk war froh, ihn in seiner Nähe zu haben. Tarakon war einen halben Kopf kleiner als Dryhon, dafür aber um so kräftiger. Sein Gesicht war hinter einem Vollbart verborgen, wie ihn alle Männer im Ayland trugen, um das Antlitz vor den Dämonen zu verstecken. Tarakon war einfach gekleidet, trug eine leichte Rüstung aus Tokapi-Leder und ebenfalls lederne Stiefel. Seine Rechte ruhte auf dem Griff seines langen Krumm Schwerts am Waffengurt.
    »Ich werde Alamogs Rückkehr abwarten, Dryhon«, sagte der König endlich. »Ich werde mir anhören, was er auszurichten vermochte. Erst dann treffe ich meine Entscheidung über das Schicksal des Kindes.«
    »Um Vergebung, Herr«, widersprach Dryhon. »Aber du bist im Begriff, eine Torheit zu begehen.«
    Nur kurz blitzte es gefährlich in Andraiuks Augen auf. Noch vor zwei, drei Sommern hätte es niemand, auch kein Magier, wagen dürfen, so mit ihm zu reden. Tarakons Hand schloß sich drohend um den Griff des Krummschwerts.
    »Je länger du zögerst«, fuhr Dryhon unbeeindruckt fort, »desto größer wird die Gefahr für uns alle. Jeder im Reich teilt deinen Schmerz und versteht, wie schwer die Entscheidung dir fallen muß. Doch es gibt nur den einen Weg. Erwartest du wahrhaftig noch Alamogs Rückkehr? Er ist…«
    »Es paßte zu gut in deine eigenen Pläne, ließe er sein Leben in der Düsterzone!« fuhr Tarakon ihn an.
    »Ich sah das Böse Auge der Quida«, antwortete der Magier nur. »Alamog konnte sein Aufleuchten nicht verhindern.«
    »Ich will keinen Streit unter uns!« knurrte Andraiuk. »Es reicht, daß der Feind vor den Toren steht. Es bleibt dabei, Dryhon. Ich warte auf Alamog.«
    Mit einem Ruck wandte er sich um und stieg aus dem Turm. Tarakon blickte ihm unsicher nach, bevor
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